Für Piefkes verboten

Guten Morgen, heute ist Donnerstag, der 15. Juli 2010 ! Zunehmendes Minus: In den FOMC Minutes steht der Begriff "Deflation" – Treasury-Renditen fallen Abnehmendes Plus: Wachstumsabschwächung in China bremst die Quartalszahlen-Euphorie Plusminus: Märkte im Spannungsfeld positiver Mikro- und negativer Makrodaten   Heute wenden wir uns mal wieder unseren lieben Nachbarn aus der Alpenrepublik Österreich zu.…


Guten Morgen, heute ist Donnerstag, der 15. Juli 2010 !

  • Zunehmendes Minus: In den FOMC Minutes steht der Begriff "Deflation" – Treasury-Renditen fallen
  • Abnehmendes Plus: Wachstumsabschwächung in China bremst die Quartalszahlen-Euphorie
  • Plusminus: Märkte im Spannungsfeld positiver Mikro- und negativer Makrodaten
 
Heute wenden wir uns mal wieder unseren lieben Nachbarn aus der Alpenrepublik Österreich zu. Zunächst gilt es natürlich, die obligatorische Feststellung wiederzugeben, wonach den österreichischen Banken aus dem Stresstest keine Gefahr droht. Aber das ist ja nichts Besonderes. Selbst die Kreissparkasse auf der Raumstation ISS würde die Prüfung wohl bestehen. Es geht um einen anderen Stresstest: Die "Piefkeschwemme" stellt die österreichischen Universitäten vor große organisatorische Herausforderungen. Mit allerlei Sondervorschriften sollen ausländische Studenten nun abgeschreckt werden: So ist in den Badebetrieben Wiens das Schlucken von Chlorwasser untersagt. Auch die bei den Knaben so beliebten Bermuda-Badeshorts sollen aus den Schwimmbecken verbannt werden – der Wasserverlust sei einfach zu hoch. Wer statt zu baden lieber Erdbeeren pflücken möchte, darf dies weiterhin in Bermudas tun. Frauen hingegen wird der Zutritt auf die Erdbeerfelder bisweilen verweigert, wenn sie einen Rock tragen. Wer will unter diesen Voraussetzungen noch in Österreich studieren?

Über ein Rockverbot bei den Sitzungen der US Notenbank ist uns nichts bekannt. Aber während die Wiener Freibadbetriebe über ungewollten Liquiditätsabgang klagen, sehen sich die amerikanischen Währungshüter nach wie vor einem nicht unerheblichen Überschuss an Liquidität gegenüber. Eigentlich, so haben wir und viele andere Marktbeobachter erwartet, hätte das zweite Halbjahr 2010 ganz im Zeichen des Abzugs überschüssiger Dollar-Liquidität aus dem Bankensektor stehen sollen. Davon ist jedoch weit und breit nichts zu sehen. Und seit gestern müssen wir uns ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob nicht sogar eine gegenteilige Entwicklung einsetzen könnte. In dem am Abend veröffentlichten Protokoll der FOMC-Sitzung vom 23. Juni hieß es, "zusätzlicher Stimulus könnte erforderlich werden, sollte sich der Wachstumsausblick erheblich eintrüben". Jeglichen Maßnahmen zum Abzug der Dollar-Liquidität wurde mehr oder weniger direkt eine Absage erteilt. Die FOMC-Mitglieder notierten einen sich leicht eintrübenden Wachstumsausblick. Inflation ist weiterhin ein Fremdwort. Im Gegenteil, einige Mitglieder erwähnten sogar das leichte Risiko einer Deflation.

Das "D-Wort" in einer offiziellen Fed-Publikation – das ist bemerkenswert. Freilich sollten wir jetzt nicht in Panik verfallen wie berockte Erdbeerpflücker bei einem plötzlichen Gewittereinbruch. Aber wir registrieren, dass die Entscheidungsträger der US Notenbank sowohl hinsichtlich des Wachstums- als auch des Inflationsausblicks eine eher vorsichtige Position eingenommen hat. An den Märkten sorgte dies für eine bullische Reaktion in US Staatsanleihen: Die Renten bauten nach Veröffentlichung der FOMC Minutes ihre im Zuge schwacher Einzelhandelsumsatzzahlen aufgebauten Gewinne aus. Am Ende des Tages stand ein Renditerückgang von fast zehn Basispunkten an der Tafel.

In den frühen Morgenstunden erhielten die Bond-Bullen weitere Nahrung, dieses Mal aus China: Das BIP-Wachstum verlangsamte sich im zweiten Quartal auf "nur" noch 10,3%. Im ersten Quartal waren es noch 11,9% gewesen. Eine einflussreiche Tageszeitung titelte, die Wachstumsabschwächung würde im zweiten Halbjahr stärker ausfallen als erwartet. Abnehmende Wachstumsraten in den USA und in China – da laden die Double-Dip-Propheten doch glatt zur Party mit Marshmallows und Erdbeersekt.

An den Finanzmärkten dürfte es nun zu einer Art Wettkampf zwischen den Mikro- und den Makroimpulsen kommen: Die Quartalsberichtssaison lief bisher super und stützt die Stimmung an den Aktienmärkten. Die Makroindikatoren hingegen deuten, wie gesagt, auf eine sich abschwächende Wachstumsdynamik hin. Mikro-Fans warten heute auf die Zahlen von JP Morgan (13:00h) sowie von Google und AMD (nach Börsenschluss), Makro-Fans auf die Daten zur US Industrieproduktion im Juni (14:30h). Studenten, denen das alles egal ist, warten auf die Reaktion des Bademeisters – nachdem sie sich mit Rock und Erdbeerkörbchen ins Babybecken gesetzt haben…

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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Kornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

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Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

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