Der konjunkturelle Zustand einer Volkswirtschaft lässt sich in der Regel auch gut daran ablesen, welche Gegenstände Einbrecher so mitgehen lassen.
Wir besprachen diese Thematik bereits vor genau einem Jahr, als Kleinkriminelle die Edelstahltür einer Rastplatztoilette oder eine Lkw-Ladung gebrauchtes(!) Frittierfett mitgehen ließen. Aus Braunschweig erreicht uns jetzt die Meldung, wonach in den sanitären Einrichtungen eines Einkaufszentrums eine Klobrille sowie eine Spülkastenabdeckung entwendet wurden. Dennoch sollten wir vorsichtig sein, hier voreilige Rückschlüsse auf die (nord)deutsche Konjunktur zu ziehen. Denn eigentlich läuft es bei uns doch noch ziemlich gut. Genaueres dazu werden wir in der kommenden Woche erfahren, wenn die europäischen Staaten ihre BIP-Berichte für das zweite Quartal vorlegen werden. Aber schon jetzt steht fest: die deutsche Volkswirtschaft ist im Frühling – im Gegensatz zu der zahlreicher Nachbarländer – gewachsen.
Heimische Klobrillen sind für gewöhnlich nicht Made in China, weshalb die Ersatzbestellung des Braunschweiger Centermanagements dem fernöstlichen Außenhandel nicht sonderlich helfen wird. Dies erscheint jedoch dringend erforderlich: Freitag früh wurden die chinesischen Handelsbilanzdaten für den Monat Juli veröffentlicht. Und was die Anleger zwischen Braunschweig und Brasilia da zu sehen bekamen, verursachte dann doch ein Stirnrunzeln: Die Exporte legten im vergangenen Monat um lediglich 1,0% zu. Erwartet worden war ein Anstieg um 8%. Und wer jemals die Veröffentlichung chinesischer Konjunkturindikatoren verfolgt hat, der wird wissen, dass die publik gemachten Daten in der Regel nur minimal von den erwarteten Werten abweichen. Um so erstaunlicher: Auch die Vergabe von Krediten blieb im Juli weit hinter den Erwartungen (und Planungen) zurück.
Diese Daten belasteten die Stimmung an den Märkten etwas. Denn nach wie vor gilt: Eine zu starke Abschwächung der chinesischen Volkswirtschaft kann sich die labile Weltkonjunktur derzeit überhaupt nicht leisten. Da hilft es dann auch nur wenig, wenn die amerikanische Volkswirtschaft dieser Tage mit positiven Überraschungen aufwarten kann. Seit die US Notenbank Mitte vergangener Woche deutlich gemacht hat, für ein weiteres konjunkturstimulierendes Quantitative Easing-Programm bereit zu sein, hat nahezu jeder Indikator besser abgeschnitten als erwartet. So sehr das den Analysten freut, so sehr ärgert es den Händler, hat dieser doch das Gefühl, seine QE3-Träume würden gerade in der Braunschweiger Kanalisation verschwinden.
Wachstum statt QE3 in den USA? Soft Landing in China? Konjunkturelle Malaise in weiten Teilen Europas? Sommerlochthemen im Vergleich zu der im Moment etwas in den Hintergrund getretenen europäischen Schuldenkrise. Diesbezüglich wird für heute erwartet, dass Griechenland für die kommende Woche die Ausgabe von 1-Monats-Anleihen im Umfang von 4 Mrd. Euro ankündigen wird. Der Staat will mit diesem Geld eine am 20. August fällige und von der EZB gehaltene Anleihe tilgen. Die lokalen Banken, welche die neuen Anleihen erwerben sollen, können diese wiederum bei der griechischen Notenbank als Liquiditätssicherheit hinterlegen. Ein äußerst pragmatisches Verfahren zur Vermeidung einer kurzfristigen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands.
Das griechische Finanzministerium geht davon aus, dass die Troika-Gespräche am 14. September erfolgreich abgeschlossen sein werden. Am 13. September entscheidet die US Notenbank über ein QE3-Programm. Und am 12. September gibt‘s das Urteil des Bundesverfassungsgerichtsurteil zum ESM, Wahlen in den Niederlanden und das neue iPhone. Tage wie diese…
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