Ein Kommentar von Georg Blaha von der Börsen-Zeitung zu den geldpolitischen Maßnahmen der Schweizerischen Nationalbank.
Tatenlos zusehen war einfach keine Option mehr. In dieser und in der vergangenen Woche verging kaum ein Tag, an dem der Schweizer Franken nicht ein neues Rekordhoch gegenüber Euro oder Dollar erklomm. In den zurückliegenden sechs Monaten hat die Gemeinschaftswährung 14% und der Greenback 18% zum Franken verloren. Für die Schweizer Wirtschaft, deren Erfolg nicht zuletzt auf dem Exportsektor fußt, ist die teure Währung eine zunehmende Belastung.
Dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) gestern ankündigte, per geldpolitische Lockerung den Franken schwächen zu wollen, ist daher kaum überraschend – auch wenn die Notenbank dem Markt zuvor keine entsprechende Warnung gab. Die Maßnahme hatte zumindest kurzfristig Erfolg: Der Euro stieg um 2% auf über 1,10 sfr und entfernte sich von seinem Allzeittief von 1,0790 sfr. Auch für den Dollar ging es aufwärts. Am Abend waren dessen Kursgewinne aber zum Teil wieder verloren. Zu groß ist angesichts der enormen Nervosität an den Märkten die Nachfrage der Anleger nach sicheren Häfen.
Das spricht dafür, dass die SNB schwereres Geschütz auffahren muss, wenn sie den Franken zumindest stabilisieren möchte. Über Liquiditätssteuerung will die Notenbank den Dreimonatszins "so nahe wie möglich" an die Null drücken. Allerdings war die Zinsdifferenz, in normalen Zeiten der klassische Treiber von Wechselkursen, nie der ausschlaggebende Grund für die Franken-Stärke – der Leitzins in der Schweiz liegt bei nur 0,25%. Auch bringt eine noch weitere geldpolitische Lockerung zahlreiche praktische und ordnungspolitische Probleme mit sich. Unter anderem gibt es bereits jetzt Anzeichen einer Überhitzung am Schweizer Immobilienmarkt.
Für die SNB sind dies aber offenbar die geringeren Übel. Die Notenbank beeilte sich zu sagen, sie erwäge weitere Maßnahmen. Am Markt herumgereicht werden Optionen wie eine direkte Devisenmarktintervention, "Quantitative Easing" für den Franken oder sogar Kapitalverkehrskontrollen. Für ihre verlustreichen Interventionen 2009 und 2010 war die SNB politisch in die Kritik geraten. Berichten aus der Schweiz zufolge begrüßen Bundesrat und Wirtschaftsverbände nun die Initiative der Notenbank. Das spricht dafür, dass die SNB diesmal freie Hand hat – der Leidensdruck ist gestiegen. An den zugrunde liegenden Trends von Schuldenkrisen in Euroland und in den USA wird aber auch eine vorübergehend erfolgreiche Schwächung des Franken nichts ändern.
Info von Börsen-Zeitung – www.boersen-zeitung.de
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