Siege!

Guten Morgen, heute ist Montag, der 19. Juli 2010 ! Makro siegt über Mikro: Abstürzende US Verbraucherstimmung lässt Aktienmärkte einbrechen IWF siegt über Ungarn: Kreditgespräche sind unterbrochen, Forint verliert 2½ Prozent Spekulation siegt über Fakten: Ergebnisse des Banken-Stresstests gibt es wohl erst Freitag nach Börsenschluss   Er heißt "Eiserne Lady", "Groschengrab" oder "Euro-Fresser" – der…


Guten Morgen, heute ist Montag, der 19. Juli 2010 !

  • Makro siegt über Mikro: Abstürzende US Verbraucherstimmung lässt Aktienmärkte einbrechen
  • IWF siegt über Ungarn: Kreditgespräche sind unterbrochen, Forint verliert 2½ Prozent
  • Spekulation siegt über Fakten: Ergebnisse des Banken-Stresstests gibt es wohl erst Freitag nach Börsenschluss
 
Er heißt "Eiserne Lady", "Groschengrab" oder "Euro-Fresser" – der gute alte Parkograph feiert 75. Geburtstag. 1935 wurde das "Messgerät zur wirtschaftlichen Parkraumüberwachung" in den USA eingeführt, knapp zwanzig Jahre später fand es über Duisburg seinen Weg nach Deutschland. Anfangs warf man Kleingeld in den Kopf der rempelfesten Säule, wodurch eine Art Eieruhrmechanismus ausgelöst wurde. Mittlerweile schiebt man Chipkarten oder – wie am Münchner Hauptbahnhof – gleich seine Kreditkarte in einen Schlitz. Letzteres spiegelt in etwa die Verteuerung des Parkens citynahen Lagen wider. Die nächste Parkuhrgeneration trägt bestimmt ein Apfel-Logo auf der Rückseite. Bezahlt wird über ein App auf dem Smartphone (sofern dieses trotz Antennagate funktioniert). Im Austausch erhält man unerwünschte Werbebotschaften: "Sie parken vor der Maximilianstraße 5? Schauen Sie mal gegenüber in unsere Auslage und erfreuen Sie sich an 70% Rabatt auf alles – außer Tiernahrung!"

Nicht gleich 70%, aber immerhin 20% Rabatt gab es bis vor Kurzem im außereuropäischen Ausland auf europäische Produkte. Der Euro galt als zukunftsunfähige Währung und drohte, in den Mühlen der Staatsdefizite zerbröselt zu werden. Diese Gefahr ist noch nicht vollends gebannt, wird von den Marktteilnehmern mittlerweile jedoch realistischer eingeschätzt. Gleichzeitig wird der Schwarze Peter in die USA geschoben. Dort droht zwar nicht die Atomisierung des Dollars, aber Double Dip-Sorgen und Deflations-Ängste haben dem Greenback in den vergangenen Wochen deutlich zugesetzt. Mit halbwegs robusten Inflationszahlen konnten die Deflationsängste für den Moment zerstreut werden, die Double-Dipper müssen ihre Parkuhr jedoch neu befüttern, denn sie dürfen noch länger bleiben: Die Konsumentenstimmung, ermittelt von Reuters und der Uni Michigan, brach um 10 Punkte ein.

An den Finanzmärkten löste diese Veröffentlichung Schockwellen aus. In den Tagen zuvor war es zwischen Anleihen- und Aktienmärkten zu einem regelrechten Wettkampf gekommen: Auf der einen Seite gab es gute Mikro-Daten, welche die Aktienmärkte stützten. Auf der anderen Seite mehrten sich die Double Dip & Deflations-Stimmen, woraus eine positive Kursentwicklung an den Rentenmärkten resultierte. Nach derzeitigem Stand hat die Makro-Truppe gewonnen. Renten-Rallye, Aktienmarkt-Einbruch – und Dollar-Erholung kennzeichneten die Börsen am Freitag Nachmittag. Der Dollar profitiert nun davon, dass die zunehmende generelle Risikoabneigung an den Märkten die DD&D-Sorgen überkompensiert.

Und EUR-USD dürfte heute noch stärker unter Druck kommen, da Ungarn als ein dem Euro nahe stehendes Land zum zweiten Mal innerhalb von acht Wochen in den Fokus der internationalen Anleger gerückt ist: Der IWF und die EU Kommission unterbrachen am Wochenende ihre Gespräche. Verschiedene Agenturen melden, die geplanten Schritte Ungarns zur Defizitreduktion stünden nicht im Einklang mit den Forderungen von IWF und EU. Diese Institutionen gewährten Ungarn im Herbst 2008 einen in Tranchen ausgereichten 20-Mrd.-Euro-Kredit. Im frühen Handel verliert der Forint rund 2,5%. Der Euro tendiert gegenüber dem Dollar etwas schwächer. Der Disput in Ungarn zeigt, dass die Bereitstellung einer Kreditfazilität nicht automatisch das Ende aller finanziellen Probleme bedeutet. Das gestützte Land muss sich auch an die Kreditbedingungen halten, sonst kracht’s.

Diese Überlegung ist auch im Hinblick auf mögliche Entwicklungen in Griechenland zu berücksichtigen. Fairerweise sollte man jedoch einräumen, dass Griechenland dieser Tage für seine Sparanstrengungen statt Tadel eher Lob (IWF) und gar Liebesbezeugungen (EU) erntet. Die Platzierung von 1,5 Mrd. EUR 3-Monats T-Bills morgen dürfte damit reibungslos über die Bühne gehen. Mehr Aufregung versprechen andere Themen diese Woche: Fed-Präsident Bernanke spricht am Mittwoch über Konjunktur und Geldpolitik. Freitag Vormittag gibt’s den Ifo, am Nachmittag (voraussichtlich um 18 Uhr) die Ergebnisse des Banken-Stresstests. Die Euribor-Fixings nähern sich der Marke von 0,90%. Und 130 Unternehmen aus dem S&P500 sowie fünf aus dem EuroStoxx legen ihre Quartalszahlen vor. Sommerpause hin oder her – das verspricht eine aufregende Woche zu werden. Wenn Sie dabei sein wollen – Herzlichen Willkommen, aber denken Sie an ausreichend Parkguthaben!

 

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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Kornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

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Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

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