Sparmaßnahmen sind der erste Schritt in die richtige Richtung. Dafür muss man über den eigenen Schatten springen.
Alle Staaten in der Eurozone sollen sparen. Mit ihren Sparmaßnahmen sollen sie „über ihren eigenen Schatten springen“. Tun sie das, dann spricht die EU Kommission von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Von einigen Ländern wird noch mehr erwartet. Diese sollen nicht nur über ihren eigenen Schatten springen, sondern diesen am besten noch überholen. Wie das gehen könnte, will morgen früh ein Vertreter Österreichs demonstrieren: Ein Sprung aus 36.576 Metern Höhe. Felix Baumgartner wird dabei die Lichtgeschwindigkeit wohl knapp verpassen, aber schneller als der Schall will er schon sein. Wenn er oben aus seinem Heliumballon abspringt, ruft er laut „Sparen!“, dann springt er los, überholt nach rund einer halben Minute seinen eigenen Ausruf und landet hoffentlich einige Minuten später gesund und wohlbehalten auf der Erde.
Aber wo wird Felix landen? Natürlich bietet sich Athen als prominentes Landeziel an. Am Dienstag landete in der griechischen Hauptstadt – welch Zufall – auch Angela Merkel. Nach allem, was wir wissen, wird die Bundeskanzlerin jedoch nicht aus einer Heliumblase hüpfen, sondern den traditionellen Anreiseweg mit ihrer Dienstmaschine wählen. Es wird Merkels erster Besuch in Athen seit Ausbruch der Schuldenkrise vor ziemlich genau drei Jahren sein. Mit dem Besuch will Merkel ihre Solidarität mit dem griechischen Volk demonstrieren und den Sparanstrengungen Respekt zollen. Allerdings dürfte es keine Versprechungen über irgendeine Form von Hilfszahlungen geben. Diesbezüglich gilt weiterhin: Zunächst muss die Troika ihren Prüfbericht vorgelegt haben. Und es ist doch eher unwahrscheinlich, dass Felix Baumgartner ausgerechnet diesen Bericht in seinem Rucksack mit sich führen wird.
Immerhin dürfte es am Montag jedoch eine Zwischenbericht der Troika geben. Heute treffen sich die Finanzminister der Eurozone in Brüssel. Viele Themen stehen auf der Agenda, aber es wird wohl keine Entscheidungen geben. Nicht über weitere Hilfen für Griechenland. Nicht über ein mögliches Stützungspaket für Spanien. Und auch nicht über ein Paket für Zypern. Das heutige Treffen soll die Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche vorbereiten.
Damit gilt das Augenmerk in dieser Woche mal wieder Europa. Nun, während hierzulande die Extremsportler springen und die Finanzminister arbeiten, ist es woanders ja auch ziemlich pausig: USA? Feiertag. Kanada? Feiertag. Japan? Feiertag. Mit der Feiertagsruhe ist es dann aber morgen vorbei. Kaum, dass Felix gelandet sein wird, veröffentlicht der Internationale Währungsfonds seinen World Economic Outlook – wenig überraschend mit reduzierten Wachstumsprognosen wohin man auch schaut. Heute früh ließ bereits die Weltbank verlauten, dass Asien und auch China im laufenden Jahr um rund ein halbes Prozent weniger wachsen werden als noch im Mai angenommen. Im Zuge der Herbsttagung von IWF und Weltbank in dieser Woche dürfte man hundertfach vernehmen, dass sich die Wachstumsaussichten eingetrübt hätten und die Regierungen sparen müssen – ähnliche Themen werden ja auch in 37 Kilometer Höhe diskutiert.
Weiteres gilt es für die Anleger, den US Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag und in den kommenden Tagen die Daten zur Industrieproduktion in Europa im Monat August zu verarbeiten.
Jene Anleger, welche nicht wegen irgendwelcher Feiertage oder Weltraumsprünge abwesend sind, starten äußerst verhalten in diese Woche. Wo auch immer Aktien gehandelt werden, stehen die entsprechenden Indizes im Minus. Für positivere Kurstendenzen sollte es aber ausreichen, wenn jeder versucht, über seinen eigenen Schatten zu springen – Weltrekordsprünge sind wohl nicht erforderlich…
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