Peer Steinbrück (SPD) sieht den Euro noch nicht in Gefahr, fordert aber rasche Maßnahmen für dessen Stabilisierung. "Wenn wir weiter so durchwursteln wie bisher, ist er gefährdet", sagte der ehemalige Bundesfinanzminister. Bislang sei es eine Refinanzierungskrise einzelner europäischer Länder. "Aber wenn wir nicht bald sehr kraftvolle, mutige Entscheidungen treffen, dann habe ich wirklich die Befürchtung, dass darüber eine Infektion für die Eurozone insgesamt stattfinden könnte", so Steinbrück.
Ein verschärfter Stabilitäts- und Wachstumsmechanismus müsse verabschiedet werden, ebenso eine bessere und größere makroökonomische Überwachung, forderte Steinbrück im Hinblick auf das Vertrauen gegenüber den Märkten. Darüber hinaus sei zumindest für Griechenland eine Entlastung vonnöten, komplettiert mit einem Aufbauprogramm und einer verbesserten administrativen und politischen Struktur. Europäische Mittel müssten in die Zukunftsfelder gelegt werden, von denen die Wettbewerbsfähigkeit abhänge. Außerdem müsse auch das Vertrauen der Menschen in Europa wieder gestärkt werden. Man müsse eine "neue Erzählung über Europa" entwickeln und diese nicht auf eine Währungsunion reduzieren. "Der visionäre Teil ist verloren gegangen", beklagte er.
Entscheidend im Hinblick auf den von ihm geforderten "Marshall-Plan für periphere Mitgliedsstaaten" sei der Begriff der Perspektive für die Bevölkerung, so Steinbrück. "Die politischen Kräfte, die ich vertrete, sind dafür, dass eine Art Umsatzsteuer auf Bankgeschäfte erhoben wird", sagte Steinbrück zu den Finanzierungsmöglichkeiten. "Man könnte die europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds umschichten zugunsten dieser Länder", betonte er zudem.
Unterdessen forderte der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog, "die Koordinations- und Kontrollkompetenzen müssen in Brüssel stärker entwickelt werden, und sei es um den Preis von weiteren Vertragsänderungen". Zudem müsse ein Minimum an "jetzt nicht außenpolitischer, sondern eigentlich weltpolitischer Kompetenz", nach Brüssel verlagert werden, so Herzog. Doch er spüre in Brüssel immer nur die "Absicht, noch ein bisschen einen größeren Staat herkömmlicher Art zu spielen", beklagte der ehemalige Bundespräsident. Darüber hinaus betonte Herzog, dass es aus seiner Sicht zunächst nicht auf die Institutionen, sondern auf die Öffentlichkeit ankomme. "Das Entscheidende ist zunächst, dass Öffentlichkeit hergestellt wird." Es werde zu wenig gesprochen, fügte Herzog hinzu.
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