Gastartikel von Jan Hoffmann.
Herbe Rückschäge gegen den Euro. Die Eurozone ist geschwächt, bleibt aber ein wichtiges Währungsgebiet.
An die hohe Volatilität an den Finanzmärkten haben wir uns ja mittlerweile gewöhnt. An den Aktienmärkten konnten 2012 bisher viele falsche Entscheidungen getroffen werden, wer aber seit Jahresbeginn dabei war, kann zufrieden sein. Zumindest gilt das für den DAX. Auch in den letzten Wochen haben die sprichwörtlich kurzen Beine die politischen Börsen immerhin aufrecht stehen lassen.
Herbere Rückschläge gibt es auf der Währungsseite. Der Euro kämpft mit der Marke von 1,22 zum US-Dollar, charttechnisch sind auch Kurse unter 1,20 vorstellbar. Das Pfund ist ebenfalls stark zum Euro. Kein Wunder, denkt man sich, bei den massiven Problemen kann schwindendes Vertrauen von Investoren aus dem Nicht-Euro-Land auch niemanden verwundern.
Nun geben Volkswirte ungeniert zu, dass die Prognose von Devisenkursen zwar regelmäßig betrieben und auch fundamental begründet ist, die Trefferquote aber mehr als dürftig ist. Zu komplex sind die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die ja bei Devisenpaaren unschönerweise gleich für zwei Volkswirtschaften interpretiert werden müssen.
Hilfreich ist die Kaufkraftparität. Die OECD rechnet vor, dass diese gegenüber Dollar und Pfund auf aktuellen Niveaus erreicht sei, der Euro ist somit fair bewertet. Dazu kommt: Die Devisenmärkte gelten als die Märkte, die am ehesten nach der reinen Lehre funktionieren, also annähernd effizient sind. Aber auch hier wird ein Stück weit die Zukunft gehandelt. Und das Szenario sieht derzeit so aus: Die Eurozone ist geschwächt, bleibt aber ein wichtiges Währungsgebiet, nicht zuletzt beteuern die Chinesen, auch weiter in Euro investieren zu wollen.
Investoren aus der Eurozone werden die Probleme des Währungsraums wahrlich groß genug sein, aber rein ökonomisch sind die in Großbritannien und den USA nicht minder groß. Ausufernde Haushaltsdefizite, die mit einer ausgeprägten Wachstumsschwäche einhergehen, dazu kommt in Großbritannien ein latentes Inflationsproblem. Die Notenbanken haben ihr Pulver verschossen, mehr noch als die EZB. Die Rhetorik von Bank of England und FED kennt aber kein „mehr geht nicht“. Mehr geht immer. Und das schwächt die Währung.
Und überhaupt: in der Phase des schwachen Wirtschaftswachstums kann eine Abwertung der heimischen Währung doch nur Recht sein, zumal sie gerade mit sinkenden Rohstoffpreisen einhergeht. Ein besserer Wirtschaftsstimulus ist nicht zu bekommen. Und die Klagen über einen zu starken Euro und die Furcht vor Wechselkursen von 1,60 oder 1,70 Dollar je Euro sind noch gut im Gedächtnis.
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