Bis vor wenigen Jahren war der Begriff Altersarmut kaum präsent. Mit der gesetzlichen Rente kamen viele Ruheständler – in Kombination mit ihren Ersparnissen – vernünftig über die Runden. Inzwischen ist die Situation anders. Altersarmut ist nicht nur in den Köpfen vieler Menschen, sondern auch medial präsent.
Albtraum Altersarmut – für viele Deutsche Realität und Zukunft
Verbraucher haben immer stärker das Bedürfnis, sich über Altersarmut – und Wege ihr entgegenzuwirken – zu informieren. Allerdings ist der Begriff nicht selbstständig definiert, sondern leitet sich aus der Übertragung des Armutsbegriffs auf die Personengruppe der Ruheständler ab.
Hier gelten Menschen als arm, wenn sie weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens erreichen. Aktuell liegt diese Summe laut Bündnis Deutschland hilft für Singles bei unter 13.628 Euro pro Jahr als Haushaltseinkommen Wie viele Deutsche sind im Alter arm?
Es reicht aber nicht, diese Summe als Messlatte an jeden Ruheständler anzulegen. Grundsätzlich müssen an dieser Stelle verfügbare Einkommen aus:
- Gesetzliche Renten (auch Hinterbliebenenrenten)
- Betriebsrenten und private Leibrenten
- Pensionen
- Beamtenbezüge
- Renten aus Versorgungswerken
- Wohngeld
- Kapitaleinkünfte
berücksichtigt werden. Zusätzlich ist relevant, in welcher Form Abzüge entstehen. Hier geht es unter anderem um die Besteuerung der Renteneinkommen sowie Beiträge im Bereich der Sozialversicherung.
Was in Statistiken – unter anderem der Bundeszentrale für politische Bildung – außerdem auffällt: Altersarmut ist vor allem ein Problem der Alleinstehenden. In vielen Erhebungen treten Ehepaare bei Armut im Alter nicht in Erscheinung oder sind deutlich unterrepräsentiert.
Als wichtiger Gradmesser für die Entwicklungen im Bereich der Altersarmut gelten Transferleistungen. So nimmt die Anzahl jener Personen seit Einführung der Grundsicherung im Alter immer weiter zu.
Laut Medienberichten betrug deren Anteil Ende 2020 mehr als 560.000 Menschen. Damit hat sich die Zahl verdoppelt. Insofern wird deutlich, dass sich die Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zunehmend zu einem Problem entwickelt. Angesichts der vielen Minijobber und Personen, die ihr Einkommen mit Transferleistungen aufstocken müssen, hat sich die Politik in Zukunft noch sehr viel stärker mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Armut im Alter – Entstehung hat mehrere Faktoren
Sowohl auf individueller als auch sozio-politischer Ebene entwickelt sich Altersarmut als schleichender Prozess. Was sich unterscheidet, sind die Ursachen. Dennoch lassen sich hier Gemeinsamkeiten ausmachen. Besonders oft sind im direkten Vergleich Alleinstehende von Altersarmut betroffen. Ein weiterer „Risikofaktor“ ist das Geschlecht. So beträgt die durchschnittliche Rente einer Frau nur ca. 60 Prozent dessen, was ein Mann im Alter erhält. Wie entsteht diese Schere zwischen den Geschlechtern? Das sogenannte Gender Pay Gap existiert in Deutschland nach wie vor. In einer ganzen Reihe von Branchen und Unternehmen erhalten Frauen für die gleiche Arbeit niedrigere Einkommen als ihre männlichen Kollegen. In den Familien werden deshalb die Männer oft zum Hauptverdiener und Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit. Die mitunter prekären Arbeitsverhältnisse, die Deutschland durch die Krise geholfen haben, reichen oft im einzelnen zur Absicherung nicht aus. Darüber hinaus sind Bildungsangebote wie das Studium für Menschen aus ärmeren Verhältnissen mit hohen Einstiegshürden versehen. Unterm Strich führen diese Gründe dazu, dass der Aufbau von Vermögen für den Ruhestand erschwert wird.
Das Problem mit der gesetzlichen Rente
Die gesetzliche Rentenversicherung hat nicht den Anspruch, für alle Rentenbezieher absolute finanzielle Sicherheit zu bieten. Das System baut im Grundprinzip auf beitragsfinanzierten Leistungen auf, welche in der Gemeinschaft verteilt werden.
Berechnung der gesetzlichen Rente
Der gesetzlichen Rente liegt eine Finanzierung über Beiträge aus dem Arbeitseinkommen zugrunde. Jedes Mitglied zahlt aus dem Bruttolohn einen festen Beitragssatz ein. Über die Höhe der Beitragszahlung ergeben sich die Entgeltpunkte. Verrechnet mit dem:
- Rentenwert (für alte und neue Bundesländer unterschiedlich)
- Zugangsfaktor (Maßzahl für den Zeitpunkt des Renteneintritts)
- Rentenartfaktor
ergibt sich die Höhe des monatlichen Rentenbetrags. Hier wird klar, warum das Einkommen eine so große Rolle spielt.
Wie zukunftssicher ist das Rentensystem?
Im Zusammenhang mit der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es zwei grundlegende Stellschrauben, welche das System beeinflussen – und die gleichzeitig zum Problem werden: die Anzahl der Beitragszahler und die der Leistungsempfänger.
Wenn mehr Personen einer Gesellschaft im Renten- als im Erwerbsalter sind, verteilt sich die Last der Rentenfinanzierung aufzunehmend weniger Schultern. Das macht ein Nachjustierungen bei der Rentenhöhe erforderlich. Dieser Effekt war in den vergangenen Jahren bei der gesetzlichen Rente in Deutschland zu beobachten.
Vorsorge ist besser als Nachsicht: Das sind die Möglichkeiten
- Entsprechend hat der Gesetzgeber die Rolle der privaten Rentenvorsorge aufgewertet. In diesem Bereich bieten sich unterschiedliche Ansätze – die vom reinen Vermögensaufbau mit Kapitalwerten bis zu Sachwerten reichen.
Betriebliche Altersvorsorge
Hier wird über den Arbeitgeber Vermögen für den Ruhestand aufgebaut. Mittlerweile in verschiedenen Formen – entweder komplett durch den Chef oder mit einer Entgeltumwandlung finanziert – angeboten, kann sich die bAV durchaus rechnen. Zu den Vorteilen gehören unter anderem Steuervergünstigungen. Außerdem sind die Zuschüsse der Unternehmen ein finanzieller Anreiz.
Aber: Die bAV hat auch Nachteile. Diese entstehen unter anderem dann, wenn häufiger das Unternehmen gewechselt wird. Es ist nie sicher, dass der neue Chef die Altverträge übernimmt. Zu bedenken ist auch, dass in der bAV nicht frei mit den Guthaben spekuliert werden kann – sondern auch Sicherheit gefragt ist. Riesige Renditen sind hier nicht zu erwarten.
- Fonds und ETFs gehören in die Gruppe der Kapitalwerte – ähnlich wie Aktien. Im Vergleich zur Direktanlage haben sie den Vorteil, hier eine gewisse „systemische“ Risikostreuung mitzubringen. Es braucht keine extrem ausgefeilte Anlagestrategie, um mit diesen Wertpapieren einen Ertrag zu erreichen.
Klassische Investmentfonds haben allerdings gewisse Nachteile. Hierzu gehören einerseits die Kosten. Außerdem wird die Performance stark vom Fondsmanager beeinflusst. Nicht jeder Fonds liefert aus diesem Grund die gewünschte Rendite ab. Allerdings haben ETFs als Indexfonds zuletzt eine deutliche Aufwertung erfahren.
Hier werden Aktienindizes wie, DAX, Dow Jones, Nikkei oder MSCI World Index abgebildet
- Dank passiver Verwaltung sind ETFs deutlich günstiger. Außerdem gibt es hier eine breite Risikostreuung. Anleger können mit ETFs bei vielen Brokern einen Sparplan aufbauen. Auch fongebundene Versicherungen können sich lohnen – hier ist jedoch ein genauer Blick auf den jeweiligen Anbieter gefordert.
- Kapitalbildende Lebensversicherungen haben in den letzten Jahren an Bedeutung verloren – wie auch die klassische private Rentenversicherung. Beide Produkte gelten gemeinhin als teuer, was die Abschlusskosten betrifft. Parallel sind die Ertragserwartungen inzwischen stark zusammengeschmolzen, dass sich ein Neuabschluss für viele Sparer nicht mehr rechnet. Altverträge hingegen können sich noch rechnen. Daher ist hier im Einzelfall zu prüfen, ob und welche Lebensversicherung mit Kapitalaufbau sich rechnet.
- Bei Riester und Rürup Rente/Basisrente handelt es sich um zwei Formen staatliche geförderter Altersvorsorge. Beide zielen auf Sicherheit ab – was die Möglichkeiten für Kapitalentnahmen einschränkt.Speziell bei der Basisrente ist dieser Aspekt schwerwiegend. Auf der anderen Seite sticht die Förderung hervor. Bei der Basisrente kommt diese ausschließlich im Rahmen des Steuerabzugs in Betracht. Die Riester-Rente bietet alternativ eine Förderung mit Zulagen. Hier wird in Grund- und Kinderzulage unterschieden. Letztere ist für den Fall von Geburtsjahrgängen ab 2008 besonders interessant, dapro Kind und Jahr 300 Euro als Zulage gewährt werden.Zu den Nachteilen gehören die mitunter zu optimistischen Annahmen der Anbieter zur Rendite. Dabei müssen die Guthaben risikoarm angelegt werden. Außerdem werden die Abschlusskosten immer wieder kritisiert.
So sparen und investieren die Deutschen in ihre Altersvorsorge
- Zu wissen, dass private Vorsorge sein muss, ist eine Sache. Die andere Seite der Medaille ist die Umsetzung. In Deutschland ist der Griff zu den verschiedenen Vorsorgeprodukten recht unterschiedlich ausgeprägt. Was sich als gemeinsamer roter Faden herauskristallisiert: Gespart wird fürs Alter eher auf Sicherheit. Aus diesem Grund werden etwa Rentenversicherung, Sparbuch oder der Bausparvertrag von vielen Deutschen bevorzugt. Auf der anderen Seite spielen Aktienvermögen oder Fonds und vermietete Immobilien keine besonders große Rolle. Auch andere Sachwerte und die Rürup Rente stehen an dieser Stelle eher hinten an.
Die meisten Deutschen sind Vorsorgemuffel
Wer später im Ruhestand finanziell gut aufgehoben sein will, muss sparen. Und nicht erst in den letzten 10 Jahren damit anfangen. Ab 30 Jahren werden spätestens die Weichen gestellt, wie es weitergeht. Leider sind junge Erwachsene und Berufseinsteiger an dieser Stelle eher nachlässig. Einer Studie zufolge, auf welche sich das Manager Magazin schon 2013 beruft, kommt zum Ergebnis, dass nur etwas mehr als ein Drittel im Alter von 17 bis 27 Jahren bereits regelmäßig auf den Ruhestand spart.
Es wird zu wenig Geld für die Altersvorsorge in die Hand genommen. Auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge kommt zum Ergebnis, dass gerade die junge Generation mehr Potenzial ausschöpfen kann. Aber: Es ist nicht nur ein mangelndes Interesse an den Finanzen. Auch fehlende Mittel sind ein Grund.
Fazit: Viel Potenzial bleibt liegen
In den Medien und von der Politik regelmäßig thematisiert, wissen viele Deutsche um die Risiken von Altersarmut. Dennoch bleibt Potenzial bei der Altersvorsorge ungenutzt. Einem Teil der Verbraucher ist es schlicht zu kompliziert, sich mit Finanzen zu befassen. Andere haben nicht die finanziellen Möglichkeiten. Dabei bieten sich heute schon Altersvorsorgemöglichkeiten, die sich teils mit 50 Euro bis 100 Euro im Monat aufbauen lassen.