Abgefahren

Gastartikel von Jan Hoffmann Die deutschen Autobauer haben zu Beginn des Jahres auch an der Börse Gas gegeben. Welche Erkenntnisse hat die Börsenwelt auf einmal, die Autokonzerne so attraktiv zu finden? Zunächst: Wie in der letzten Ausgabe erläutert, hellt sich meiner Meinung nach das Börsenbild in seiner grundsätzlichen Ausrichtung auf. Auch die letzte Woche brachte…


Gastartikel von Jan Hoffmann

Die deutschen Autobauer haben zu Beginn des Jahres auch an der Börse Gas gegeben. Welche Erkenntnisse hat die Börsenwelt auf einmal, die Autokonzerne so attraktiv zu finden?

Zunächst: Wie in der letzten Ausgabe erläutert, hellt sich meiner Meinung nach das Börsenbild in seiner grundsätzlichen Ausrichtung auf. Auch die letzte Woche brachte eine weniger dynamische, aber dennoch belastbare Aufwärtsbewegung (siehe Rebound vom Tagestief am Freitagnachmittag). Zu beachten ist zwar die kurzfristig überkaufte Situation, vor allem in Deutschland, aber auch der Aufwärtstrend, der auch bei Kursverlusten von 200-300 Punkten weiter gilt und durch die 200-Tage-Linie unterstützt wird (derzeit leicht oberhalb von 6.300 Punkten). Der Hinweis auf die berühmten externen Faktoren (werden die verlangten Reformen in Griechenland 1.) parlamentarisch verabschiedet und 2.) auch umgesetzt?) muss an dieser Stelle natürlich gegeben werden.

Den Autobauern waren und sind die Diskussionen um Staatsschulden insofern egal, falls sie alleine überlebensfähig sind, und nicht etwa wie Saab auf staatliche oder privatwirtschaftliche Unterstützung angewiesen waren. In unsicheren Zeiten ist Cash King, und davon hat z.B. Daimler reichlich (ca. 12 Mrd. Euro). BMW und Audi haben die Produktivität bereits 2011 deutlich gesteigert und verdienen Margen von rund 8-10%, was ein ordentlicher Wert ist. Den Börsianern war das bereits 2010 bewusst, 2011 agierten sie dagegen vorsichtiger. Die Daimler-Aktie entwickelte sich im Vergleich der Premium-Hersteller schwächer, was ich auf die 2011 schwache Produktpalette und die zu geringe Profitabilität zurückführe. Konzern-Lenker Zetsche bemerkte demnach folgerichtig, dass einige Hersteller bereits dort seien, wo Daimler jetzt erst hinkäme. Er formulierte das als Aussage, nicht als Zielsetzung. Analysten waren demnach von den Daimler-Zahlen angetan, ziehen aber auch den Hut vor dem ambitionierten Ziel Daimlers, das 2011er Ergebnis wiederholen zu wollen.

Verknüpfen wir die Überlegung mit der aktuellen Bewertung der Autobauer. Dass BMW, Daimler und VW mit einstelligen KGVs bewertet werden, ist ungewöhnlich. Dass aber die Ergebnisse nicht weiter in den Himmel wachsen werden, liegt vor allem am schwierigen Europa-Geschäft. Die Auslandsexpansion kostet Geld, die Besonderheiten der Absatzmärkte will beachtet werden. Im Premiumsegment scheint der Absatz in den USA zuletzt stabiler zu laufen. Durch die verschwindend geringen Marktanteile ergibt sich entsprechendes Absatzpotential. Ertragreich kann das Geschäft nur sein, wenn die Produktion mit verlagert wird. Das gilt auch für den asiatischen Markt, dort ist der Massenmarkt aber hart umkämpft, und Hersteller wie Hyundai haben eine starke Wettbewerbsposition. Der Konzern gilt mittlerweile als Referenz bei Qualität und Innovationen in diesem Segment.

Ich denke, dass die Definition einer Zielgruppe klare Priorität haben muss. Dabei gilt: innovativ sein in Asien, ruhig aber auch großzügig bei der Ausstattung. Die reiche Asiaten bestellen nämlich nach dem Motto „wenn schon, denn schon“ direkt die Vollausstattung, entsprechende Margen sind die angenehme Folge. In Europa sind die neuen Wettbewerber ebenfalls in Asien auszumachen. Die US-Hersteller zerreiben sich in Grundsatzentscheidungen, die einander stets entgegengesetzt zu sein scheinen (siehe General Motors) und die Franzosen suchen seit Jahren nach einer Strategie. Die Wettbewerbssituation und die Aussichten sind daher gar nicht so schlecht. Die Überschüsse müssen aber in Forschung und Entwicklung investiert werden, Begehrlichkeiten bezüglich der Dividende gehören abgewehrt. Ansonsten wird die Spitzengruppe bald schon asiatisch dominiert.