Fiskalklippenüberwindungsoptimismus und Griechenlandfinanzierungsrealismus. Kurz vor dem amerikanischen Erntedankfest gibt es positive Signale auf den Märkten.
Eine Umfrage ergab unlängst: Jeder dritte Pilot ist schon einmal ohne Absprache mit seinem Copiloten eingeschlafen. Wurden auch schon mal Autofahrer gefragt? Wenn man früher hinter dem Steuer einschlief, fuhr man gegen den Baum. Moderner Assistenzsysteme sei Dank ist das heute anders. Wenn man heute hinter dem Steuer einschläft, fährt das Auto selbständig zum nächsten McDrive und bestellt einen doppelten Espresso. Und in anderen Berufszweigen? Zum Beispiel bei uns: Hat schon mal jemand einen Analysten oder einen Händler schnarchend mit seinem Kopf auf der Tatstatur gesehen, ohne dass er dies vorab mit seinem Kollegen abgesprochen hätte? Nein. Wir tun so etwas nicht. Wir sind 24/7 für Sie da. Und berichten von unseren Lieblingsthemen, von denen bis mindestens Weihnachten auch keines schlafen wird: Fiskalklippe und Griechenland.
Interessenten für beide Themen werden in dieser Woche reichlich neue Informationen bekommen (und ob dessen am Freitagnachmittag wahrscheinlich erschöpft einschlafen). Beginnen wir mit der bedeutendsten Baustelle der Vorweihnachtszeit: der Fiskalklippe in den USA. Nach der Wiederwahl Barack Obamas sind die Gespräche mit den Republikanern mittlerweile aufgenommen worden. Für diejenigen, die es total verschlafen haben: Ende des Jahres laufen eine Reihe von Steuergesetzen aus. Werden diese nicht verlängert, droht eine fiskalpolitische Straffung um fast vier Prozent des US-BIPs. Vermutete Folge: Eine Rezession. Erste Stellungnahmen sowohl aus dem demokratischen als auch aus dem republikanischen Lager deuten auf einen vergleichsweise hohen Einigungswillen hin. Wann immer ein Statement mit dem sinngemäßen Inhalt „Ja, wir schaffen das!“ über die Ticker läuft, erleben wir an den Märkten ein Aufflackern der Freude. So auch am Freitag Spätnachmittag, was entsprechend die US Aktienmärkte beflügelte. Der Fiskalklippenüberwindungsoptimismus hält bis heute früh an, weshalb wir uns an den hiesigen Aktienhandelsplätzen auf einen positiven Handelsbeginn freuen können. Auch der Euro profitiert, da mit positiver Aktienmarktperformance das Verlangen der Anleger nach dem US Dollar als sicherer Anlagehafen zurückgeht.
Konkreter als in Sachen Fiskalklippe wird es diese Woche in der Thematik Griechenland. Morgen treffen sich die EWU Finanzminister. Seit einer Woche ist ausgemachte Sache, dass die Griechen nicht hängen gelassen werden. Auch erscheint klar, dass es keine „Große Lösung“ in Form eines teilweisen Schuldenerlasses durch die öffentlichen Kreditgeber kommen wird. Die Erwartungen für das Ministertreffen sind unverändert: Aus verschiedenen Ecken dürften Finanzmittel zusammengekratzt werden, welche eine Finanzierung Athens bis etwa Anfang 2014 garantieren. Details der Finanzierung darüber hinaus dürften wohl vorerst offen bleiben. Aus diesem Grund sollte man auch nicht erwarten, dass die Finanzmärkte ob einer Einigung in Brüssel in kollektiven Freudentaumel verfallen werden.
Weiters haben wir am Donnerstag Erntedankfest in den USA, entsprechend am Freitag Black Friday, den inoffiziell-offiziellen Auftakt des Weihnachtskonsumrausches (für den es ziemlich optimistische Erwartungen gibt) und ein Treffen der Europäischen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag oder Freitag. Zwar sollte dort über das Budget der EU für die kommenden sieben Jahre verhandelt werden. Es erscheint jedoch mehr als wahrscheinlich, dass das Thema Griechenland den dort anwesenden Politikern und Medienvertretern – wie schon so oft erlebt – in der Nacht zum Freitag den Schlaf rauben wird…
Drazen Vukelic – www.istockphoto.de