Kommentar zur Unicredit von Bernd Neubacher von der Börsen-Zeitung.
Da könnte mancher der zahlreichen Konsorten, welche die Kapitalerhöhung von Unicredit garantieren, erst einmal geschluckt haben. Die Konditionen der italienischen Bank für ihre neueste Kapitalerhöhung zeugen nicht eben von übermäßigem Vertrauen in die Marktgängigkeit ihrer Dividendentitel. Gemessen an dem um das Bezugsrecht bereinigten Schlusskurs vom Dienstag nimmt das Institut einen Abschlag von 43% in Kauf, um die Stücke zu platzieren. Die Commerzbank war im vergangenen Jahr noch mit einem Discount von 30% davongekommen. Dabei wuppte die gelbe Bank im Zuge einer zweigeteilten Kapitalerhöhung allerdings ein Emissionsvolumen vom 1,4-Fachen der Marktkapitalisierung. Unicredit muss ihre Titel schon für eine Aufstockung um 60% ihres Börsenwerts zum Tiefpreis feilbieten. Hatte sie mehr zu erwarten nach Eskalation der Staatsschuldenkrise und einem Kursverfall von 65% binnen Jahresfrist?
Die Verwässerung wird die Aktionäre schmerzen, Chief Executive Officer Federico Ghizzoni darf sie egal sein und den Konsorten, die sich ihren Mut zum Risiko schön vergüten lassen, kommt ein hoher Abschlag letztlich zupass: Je tiefer der Ausgabekurs, umso geringer das Risiko, dass sie auf den Aktien sitzen bleiben.
Es mag bessere Zeitpunkte geben, um das dritte Mal in drei Jahren das Kapital zu erhöhen, als diesen Jahresbeginn, da Europas Banken bei der Notenbank so viel Geld horten wie nie zuvor. Das Timing aber ist Ghizzoni am wenigsten von allen Problemen der von ihm geführten Bank anzulasten: Europas Bankenaufsicht EBA hat den Banken eine Frist per Ende Juni gesetzt, um eine harte Kernkapitalquote von 9% zu erreichen, wollen sie staatliche Rekapitalisierungen verhindern. Und das Marktumfeld, so schlecht es schon sein mag, wird kaum besser werden, je näher der Stichtag rückt.
Die Konditionen der Unicredit werfen damit nicht nur ein Schlaglicht auf die Lage von Italiens größter Bank. Sie geben einen Vorgeschmack auf Emissionen im Bankensektor, die im ersten Halbjahr noch anstehen könnten, und der ist bitter. Immerhin fehlen laut EBA insgesamt 115 Mrd. Euro Kapital. Europas klamme Großinstitute beteuern, sie könnten ihre Lücken durch einen Abbau von Risikoaktiva und die Hortung von Gewinnen schließen. Dies ist eine Wette auf die Konjunktur und das Branchenumfeld, die eine Bank, der laut Aufsicht knapp 8 Mrd. Euro fehlen, kaum eingehen kann. Den Beweis, dass man auf diese Weise 5,3 Mrd. Euro aufbringen kann, muss die Commerzbank noch erbringen.
Info von Börsen-Zeitung – www.boersen-zeitung.de
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