BANKINGNEWS im Interview mit Bernd Zimmermann, Coach und Mediator über ein heikles Thema der Unternehmensführung.
Herr Zimmermann, warum sollten Unternehmen besser mit Emotionen im Unternehmen umgehen?
Sie sollten nicht, aber jedes Unternehmen kann für sich entscheiden, ob es da genauer hinschauen will. Spannend ist daher die Reflexion eines Unternehmens darüber, wer das „Wie“ mal festgelegt hat, auf genau diese Art mit Emotionen im Unternehmen umzugehen. Dabei stellt man bei vielen Unternehmen fest, dass eine echte Auseinandersetzung hiermit nie erfolgt ist.
Man hat vielmehr das übernommen, was aus der Vergangenheit kommend „halt so üblich ist“. Aber ob der Spruch „Emotionen haben im Job nichts zu suchen“ einfach nur eine unreflektierte Übernahme einer Prägung z.B. der Nachkriegsgeneration ist, wurde in den meisten Fällen nicht beleuchtet. Hierzu kann ich spannende Bücher u.a. von Sabine Bode empfehlen. Dort sind sehr nachdrücklich Spuren zu lesen, wie wir beeinflusst von Krieg und Nachkriegsgeschehen gelernt haben und vorgelebt bekommen haben, wie wir mit Emotionen umzugehen haben.
Naja, und die Frage daran anschließend ist dann – wollen wir das noch so bzw. was hat sich seit dem eigentlich alles verändert?
Verändert hat sich ja so einiges, insbesondere dass in der Werbung nicht mehr nur informiert wird, sondern im Gegenteil versucht wird den Kunden emotional anzusprechen. Wie sehen sie das?
Ich bin zwar kein Marketing-Experte, aber ich denke, dass der Versuch der emotionalen Ansprache und Bindung der Kunden Fakt ist. Diese Ansprachen werden auch immer subtiler und arbeiten mit allen Schattierungen der Gefühle. Neulich habe ich eine englische Werbung für Haarfärbemittel für Männer gesehen. In dem Spot schlug die Tochter dem leicht ergrauten Vater vor, sich die Haare vor einem Bewerbungsgespräch zu färben, weil man ihn ansonsten für zu alt halten könnte und er somit arbeitslos bleibt. Also, auch vor dem Spielen mit Ängsten wird in der Werbung nicht mehr Halt gemacht.
Aber ist das denn ethisch und moralisch noch zu vertreten?
Die Moraldiskussion würde ich gerne an anderer Stelle führen, auch wenn die Entscheidung welche Unternehmenskultur langfristig effizienter und nachhaltiger ist, sicherlich auch aus dem ganz privaten Wertegerüst der Geschäftsführung oder der Führungskräfte gespeist wird. Hier interessiert mich zunächst viel mehr u.a. die Frage nach der Kohärenz. Sprich, wie geht ein Unternehmen das so nach außen wirbt, intern z.B. mit Mitarbeiter um?
Steuert man über Angst und Druck und verstärkt diese subtil über z.B. Bonus/Malussysteme um den Mitarbeiter immer mehr zu Höchstleistungen anzuspornen, oder schaut man hinter die Dinge und erfährt welche emotionale Gründe es für Probleme, Konflikte oder schlechter Performance am Arbeitsplatz gibt. Dieser emotionale Stress kann dann gesenkt werden mit der Folge, dass die Mitarbeiter u.U. viel effektiver und innovativer arbeiten werden – ganz ohne Zuckerbrot und Peitsche.
Was sind denn aus Ihrer Sicht die negativen Folgen, die ein unbewusster Umgang mit diesem Thema für ein Unternehmen haben kann?
Nun, man kann da sicherlich schwer in die Zukunft projizieren und dabei noch den individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens gerecht werden. Aber aus älteren Studien und Umfragen kann man erkenne, dass 10-15% der Arbeitszeit für die Bewältigung von Konflikten draufgeht. Bei einem Unternehmen mit 50 Mitarbeitern sind das dann mal schnell einige Hunderttausend Euro an Gehältern, die da „verpulvern“. Und hierbei erkennen wir noch einen zunehmenden Trend. Nach einer eigenen Studie die Anfang 2010 abgeschlossen wurde liegt der Wert sogar bei 38%. Da kann sich jeder Unternehmer selber ausrechnen, wie viel Geld er bei einer Halbierung dieser Zeit durch effektivere Mechanismen produktiver einsetzen könnte.
Desweiteren gibt es Untersuchungen nach denen ca. 11% aller Beschäftigten – das heißt jeder 9 Mitarbeiter einmal im Laufe des Erwerbslebens gemobbt wurden.
Mobbing wird dabei als gezielte und systematische Intrigen, Schikanen oder Beleidigungen verstanden, oder kurz gesagt „Fehlverhalten“ von Kollegen oder Führungskräften durch destruktive emotionale Anteile. Dabei entstanden alleine 2003 Mobbingschäden von 15-25 Mrd. Euro p.a. in Europa.
Und dann gibt es noch die arbeitsbedingten psychischen Belastungen, wie z.B. Burnout. Die volkswirtschaftlichen Kosten alleine in Deutschland beliefen sich nach einer 2009er Studie auf 6,3 Mrd. Euro, dabei entfallen etwa 3 Mrd. Euro auf die Krankheitsbehandlung und 3,3 Mrd. Euro auf den Produktionsausfall. Und – wen wundert es bei diesen psychischen Belastungen spielt ein destruktiver Umgang mit arbeitsbedingten Emotionen oftmals eine große Rolle.
Aber auch hier möchte ich noch einmal betonen, viele Unternehmen auf die ich getroffen bin kennen Ihre eigene Kostenbilanz aufgrund destruktiver Emotionen gar nicht. Und dabei liegen doch hier echte Hebel zur Steigerung auch des betriebswirtschaftlichen Gewinns.
Nun, das sind ja beeindruckende Zahlen. Was ist denn zum Abschluss noch Ihr persönliches Motto zum Umgang mit Emotionen?
Ich finde das Zitat von Ch. H. Spurgeon sehr passend: „Die Fähigkeiten, die in uns stecken, sind größer, als wir denken“. Das bedeutet für mich, wir können über neue Dinge nachdenken, wir können versuchsweise mal die Perspektiven wechseln und wir können Unternehmungen verändern.
Alle Fähigkeiten die wir hierzu benötigen haben wir bereits bzw. sind bereits im Unternehmen vorhanden.
Vielen Dank für das Interview!
© Foto by Bernd Zimmermann