Gastartikel von Jan Hoffmann – Asset Manager
Der G-20 Gipfel vermittelte den Eindruck eines weiteren Euro-Finanzminister Treffens, bei dem die sonst so gewichtigen Mitglieder zu Zaungästen degradiert wurden. Dabei war die Zusammenkunft diesmal nicht mehr als ein Pflichttermin.
Auch wenn es der wichtigen Runde nicht gerecht wird – ich denke, derzeit gibt es wichtigeres zu tun! Sarkozy, dem zu allem Überfluss die Präsidentschaft des Gipfels aufgetragen war, muss sein Bankensystem retten. Die französischen Banken werden nicht müde, ihre Solidität und exzellente Liquiditätsausstattung zu betonen. Dabei gelten in Frankreich gleich vier Banken als systemrelevant.
Nebenbei: Obacht bei der Verwendung der Begriffe. Teilweise ist von einer notwendigen Restrukturierung der Banken die Rede. Die Restrukturierung von Bankverbindlichkeiten löst bei einigen der Kreditausfallversicherungen (CDS) ein sogenanntes Kreditereignis aus. Dies soll ja gerade vermieden werden und ist ausdrücklich nicht gemeint.
Die Euro-Gruppe hat beschlossen, dass die Kernkapitalausstattung der Banken bis Juni 2012 auf 9 % der risikogewichteten Aktiva steigen muss. Das soll Verluste verkraftbar machen. Für die Banken der Eurozone haben die Experten einen Kapitalbedarf von 106 Mrd. Euro ermittelt, geben allerdings zu, nicht die aktuellsten Bilanzdaten verwendet zu haben. Und prompt folgt der Auftritt der mediengewandten Banken-Chefs: Gut sei die Entscheidung, das Vertrauen in die Banken werde gestärkt, aber nebenbei: man selbst benötige kein externes Kapital, hier und da Risikopositionen reduziert, Gewinne einbehalten und die neue, strenge Anforderung sei leicht erfüllbar, so tönt es aus den Vorstandsetagen. Der zusätzliche Kapitalpuffer für die „Sifis“, die systemrelevanten Banken, stellt auf einmal auch kein Problem mehr dar. Immerhin müssen bis 2018 noch einmal 3,5% zusätzliches Eigenkapital her, dies hat der G-20 Gipfel am 04.11. beschlossen.
Zurück zum obersten französischen Krisenmanager: Die Gesetzmäßigkeiten von (Kredit-) Angebot und Nachfrage gilt natürlich auch in Frankreich. Mehr Eigenkapital verteuert die Kredite, vor allem das risikoreiche Geschäft. Notwendige Investitionen könnten nicht getätigt werden, einen Wachstumsimpuls kann aber gerade Frankreich mehr als gut gebrauchen – zumal die EZB zwar nach der letzten Notenbanksitzung wohl nur noch einmal (im Dezember) die Zinsen senken kann, mehr lässt die durchschnittliche Inflationsrate der Eurozone nicht zu. Was bleibt daher, als mit breiter Brust zu erklären, den großen Wurf gelandet zu haben?
Die vergangenen Tage haben gezeigt: Die G-20 Beschlüsse sind nicht in die mediale Schusslinie geraten – von der üblichen oppositionellen Schelte einmal abgesehen. Den großen Wurf hatte sowieso niemand erwartet. Genießen wir also die Ruhe um Frankreich, so lange sie noch anhält. Neue Sorgen kommen bestimmt – ein Blick auf die wirtschaftlichen Frühindikatoren der Eurozone genügt.
Eventuell war das S&P Downgrade kein Versehen, sondern nur schlichtweg zu früh veröffentlicht.
Quellen: Financial Times Deutschland, 07.11.2011