Kommentar zum Bankenstresstest von Bernd Wittkowski von der Börsen-Zeitung.
Das ultimative Urteil über den laufenden EU-Bankenstresstest und die neue europäische Bankenaufsicht EBA ist bereits von höchst kompetenter Stelle gesprochen worden. Jochen Sanio, Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin, konstatierte einen fragwürdigen Versuch, die künftigen Eigenkapitalregeln für Banken auszuhebeln, und warf der EBA vor, "ohne jede gesetzliche Zuständigkeit, geschweige denn Legitimation" eine Eigenkapitaldefinition "gestrickt" zu haben, die geltendes Recht ebenso "beiseiteschiebt" wie die im Baseler Aufseherausschuss vereinbarten Übergangsfristen für die neuen Eigenkapitalregeln (Basel III). Dieses ganz offiziell im Jahresbericht der BaFin festgehaltene Verdikt – zugleich eine Art Vermächtnis des bald 65 Jahre alt werdenden obersten deutschen Finanzaufsehers – muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es ist indirekt auch ein Affront gegenüber Europas Regierungen und Parlamentariern, die die neue Aufsicht Anfang dieses Jahres aus der Taufe gehoben haben.
Doch leider hat Sanio recht. Und die EBA scheint in keiner Weise lernfähig zu sein. Oder sie ist von der fixen Idee besessen, beim Stresstest möglichst viele Banken durchfallen zu lassen, um Härte zu zeigen. Bizarre Folge: In Deutschland erwischt es mit der Helaba wegen der Nichtanerkennung stiller Einlagen als hartes Kernkapital ausgerechnet jenes Haus, das von allen Landesbanken unstreitig am besten durch die Krise gekommen ist und heute ungeachtet der Staatsschuldenkrise ertrags- wie kapitalmäßig vor Gesundheit strotzt wie wohl nie zuvor in seiner Geschichte.
Pro forma hat das regionale Sparkassen-Spitzeninstitut die Latte zwar nicht gerissen, sondern die EBA akzeptiert die von ihm übermittelten Daten nicht; im Ergebnis nimmt die Helaba also quasi nicht am Test teil. Auch damit stehen die Frankfurter trotz ihrer in eigener Rechnung nachgewiesenen Kapitalstärke freilich gelackmeiert da. Sie dürfen sich an der Nase herumgeführt fühlen von einer Behörde, an deren Zusagen offenbar hoher Wertberichtigungsbedarf besteht. Den Trägern der Helaba ist vorzuwerfen, dass sie es nicht allzu eilig hatten, die von ihnen im April beschlossene vorzeitige Anpassung der stillen Einlagen an die Erfordernisse von Basel III in rechtsverbindliche Form zu bringen. Doch hat die EBA die deutsche Seite einschließlich nationaler Aufsicht und Politik bis vor wenigen Tagen im guten Glauben gelassen, die damaligen Erklärungen reichten für den laufenden Stresstest aus. Eine Aufsicht, die die von ihr Beaufsichtigten derart ins Messer laufen lässt, disqualifiziert vor allem sich selbst.
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