Irgendwie logisch

Subprime-Logik: Wie vergebe ich einen 100-Mrd.-Kredit ohne Auflagen? EWU-Logik: Das Stützungspaket für Irland muss die Anleger dauerhaft beruhigen Markt-Logik: Rettung naht – Freude groß – Stimmung gut   Als Edmund Stoiber vor drei Jahren sein legendäres 10-Minuten-Transrapid-Plädoyer abgab, schloss er mit der Überlegung, dass mit diesem Projekt der Hauptbahnhof „näher an Bayern, an die bayerischen…



  • Subprime-Logik: Wie vergebe ich einen 100-Mrd.-Kredit ohne Auflagen?
  • EWU-Logik: Das Stützungspaket für Irland muss die Anleger dauerhaft beruhigen
  • Markt-Logik: Rettung naht – Freude groß – Stimmung gut
 
Als Edmund Stoiber vor drei Jahren sein legendäres 10-Minuten-Transrapid-Plädoyer abgab, schloss er mit der Überlegung, dass mit diesem Projekt der Hauptbahnhof „näher an Bayern, an die bayerischen Städte heranwächst“. Der Zusatz „weil das ja klar ist“ verlieh seinem Argument etwas Logisches. Dieser wie ein Baby auf dem freistaatlichen Kalkboden herumrobbende Kopfbahnhof sei eine unvermeidliche, quasi-automatische Folge der Anti-Anti-Transrapid-Bewegung – ein Meilenstein in der Lehre des vernünftigen Schlussfolgerns. Diese Kunst beherrscht nicht jeder: Gestern hatte ich vor einer Veranstaltung eine Tonprobe mit mehreren Referenten. „Kannst Du mich verstehen?“ – „Nein, mein Mikrophon ist noch nicht an!“ Weil das ja klar ist. Einige Stunden zuvor traf ich auf dem Rollfeld des Münchner Flughafens im Zubringerbus zum Flieger eine Arbeitskollegin. Fragt sie: „Ah, hallo Kornelius! Und wohin fliegst du?“

Ähnlich ist das ja mit den Schuldenproblemen in der Europäischen Währungsunion: Wir wollen Irland stützen, damit das Land näher an Brüssel, an die flämischen Städte heranwächst. Wenn wir die irischen Banken nicht fallen lassen, ist Irland gerettet, weil das ja klar ist. Wenn das alles also so einfach und logisch ist, wieso zieht sich der Prozess dann so lange hin? Passiert da mal was? Wir sind gewarnt: Der Transrapid wurde bis heute nicht gebaut…

Problem ist: Irland akzeptiert Hilfe zur Finanzierung seiner Banken. Diese Hilfe soll aber nicht an Auflagen zur allgemeinen Wirtschaftspolitik des Landes geknüpft sein. Kann ich jemandem einen 100-Milliarden-Kredit ohne Bedingungen geben? Das geht. Denn genau das haben die irischen Banken ja gemacht. Und genau deswegen stehen die jetzt da, wo sie stehen. Die Lösung wird wohl so aussehen, dass die Iren einen zweckgebunden Kredit ausschließlich zur Sanierung ihrer Banken bekommen, mit der Auflage, dass sie genau dieses damit tun, nämlich ihre Banken sanieren.

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Doch es gibt noch ein Problem: Die EWU hat genau drei Versuche, einen erfolgreichen Staatenbailout zu unternehmen. Erfolgreich ist ein solches Unterfangen dann, wenn als Folge einer dauerhafte Beruhigung an den Märkten, unter den Anlegern eintritt. Der erste Versuch wurde mit Griechenland unternommen. Die Märkte waren seinerzeit zwar beruhigt, aber nur für 10 Minuten. Heute handeln griechische Anleihen auf etwa dem gleichen Niveau wie unmittelbar vor dem Rettungseinsatz, und mit Irland steht die zweite Notoperation unmittelbar bevor. Wenn sich die Märkte nach der Irland-Rettung nicht dauerhaft beruhigen, steht mit Portugal aller Vorraussicht nach der nächste Kandidat bereit. Nicht, weil das ja klar ist, sondern weil die portugiesischen Anleiherenditen sich bereits jetzt in Sphären bewegen, die eine nachhaltige Konsolidierung des Haushalts quasi-unmöglich erscheinen lassen. Eine mögliche Stützung Portugals wäre dann der dritte Versuch der EWU, die Anlegerschaft dauerhaft zu beruhigen. Jeder halbwegs zum logischen Denken veranlagte Marktteilnehmer kann sich ausmalen, was passiert, sollte dieses Unterfangen misslingen.

„Dauerhafte Beruhigung“ meint „dauerhafte Beruhigung“. Wir sollten uns also nicht blenden lassen, wenn dieser Tage an den Märkten laut „Hurra“ gerufen wird, „Irland ist save!“. Portugals Renditen bewegen sich noch immer zwischen 5% und 7% – definitiv zu hoch. Aber Schluss jetzt damit, ich will ja nicht jedem die Freitagsstimmung und damit womöglich das ganze Wochenende vermiesen. Denn das Schöne an Finanzmarktkrisen sind ja die zwischenzeitlichen Erholungsphasen. Und in so einer befinden wir uns gerade. Diejenigen Assetklassen, die year-to-date noch nicht im Plus sind, dürfen das jetzt nachholen. Damit wir am Ende des Jahres sagen können: „2010 war ein einfaches Jahr: Alles im Plus – da konnte man im Prinzip nichts falsch machen.“ 2011 wird schwieriger. Weil das ja klar ist…

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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Kornelius PurpsKornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

kornelius.purps@unicreditgroup.de

Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

www.unicreditgroup.eu

 

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