Burnout ist das Wort der Stunde. In den Medien wird täglich über Menschen im ausgebrannten Zustand berichtet. Jeden kann es erwischen. Oder lassen sich viel drauf ein, um in Mode zu bleiben? Burnout, nur eine Modediagnose?
Er läuft und läuft, schuftet sich ab, strengt sich an, quält sich, stößt an seine Grenzen und irgendwann… bricht er zusammen. Der Mensch, ich, du, wir alle sind in einem Hamsterrad, treten auf der Stelle unter ständig erhöhtem Aufwand. Und wir kommen nicht voran. Kein Wunder, dass wir müde werden, uns ausgelaugt, gar völlig abgebrannt fühlen. Wie ein Streichholz, von dem nur noch der Stummel übrig ist. Dieser Zustand hat natürlich auch Auswirkungen auf unsere Arbeit. Die Aufgaben fallen schwerer, hinzu kommt keine Motivation auf, kein Spaß an der Arbeit. Auch das Privatleben leidet, die Gesundheit verschlechtert sich.
Aber in einer Leistungsgesellschaft muss man etwas leisten, sich anstrengen, das Beste, das man kann vorzeigen. Man soll funktionieren wie eine Maschine. Ein Mensch ist aber keine Maschine. Er ist nicht fähig, in einer endlosen Schleife unendlich zu funktionieren. Er braucht irgendwann eine Pause, ein bisschen Ruhe, oder er fällt aus. Diagnose: Burnout.
Dieses Thema beschäftigt eine wachsende Zahl von Medizinern, Psychologen und Soziologen. Sie haben bereits festgestellt, dass weite Teile der Gesellschaft überfordert sind. Sie leiden an chronischer Müdigkeit oder Schlafstörungen, Konzentrationslosigkeit und psychosomatischen Beschwerden. Der harte Druck von außen, sei es die starke Konkurrenz oder die strengen Anforderungen vom Chef, können zu Burnout führen. Ist die Gesellschaft Schuld? Ist der Mensch ein ökonomischer Störfaktor, der durch Maschinen ersetzt werden sollte, die erst überarbeitet sind, wenn es bereits eine verbesserte Version gibt?
Burnout galt lange Zeit als ein Störfaktor der Gesellschaft und ein Tabu. Doch mittlerweile gilt die Krankheit als DAS Thema, das die Welt beschäftigt. Und Burnout breitet sich aus, wie eine Epidemie.
Tatsächlich gibt es aber noch keine eindeutig definierten Faktoren, die erklären, was zum Ausbrennen führt. Nicht einmal in der Medizin ist der Begriff Burnout etabliert. Die Diagnose lautet „Zustand der totalen Erschöpfung, Anpassungsstörung oder Depression“. Der Grad zur Depression ist wahrlich schmal, doch man muss unterscheiden, ob tatsächlich eine Depression, oder „nur“ eine übertriebene Erschöpfungsphase vorliegt. Bei einer Depression hilft nur noch Therapie, ohne professioneller Hilfe kann man sich nicht selbst aus dem Zustand befreien.
Doch kann man auch eine einfache Erschöpfung nicht mehr selbst überwinden? Ist Leiden in? Wird der Begriff Burnout inflationär gebraucht? Oder ist die Leistungsgesellschaft ein Wunschbild des Kapitalismus, das ein Mensch nicht erfüllen kann? Vielleicht ist es angebracht von einer Müdigkeitsgesellschaft zu reden. Bei all den Burnout Patienten wächst die Zahl der Wellness Oasen, Entspannungskursen und Spa, als reine Form der Prophylaxe. Anzuwenden, noch bevor etwas geleistet wurde?!
Vielmehr ist doch – wieder mal – der Mensch selbst schuld an der Erschöpfung. Er hat offensichtlich die grundlegenden Regeln des Arbeitens nicht verstanden, er hat es selbst soweit kommen lassen, dass er sich überarbeitet fühlt. Er sucht die Fehler stets bei anderen, z.B. dem zu hohen Leistungsdruck, dem ungerechten Arbeitsmarkt oder den gemeinen Kollegen. Burnout dient, um es kurz zu machen, als willkommene Entschuldigung für Selbstmitleid.
Natürlich ist es eine erst zunehmende Krankheit, wenn die Betroffenen wirklich an Burnout leiden und für ihre Probleme ernsthafte Hilfe brauchen. Doch viele leiden auch an Burnout, weil es modisch ist. Wie ein schickes Etikett für diejenigen, die sich entspannen wollen.