Neue Accounting-Regeln stellen viel Arbeit für Banken dar. Deloitte-Studie zu IFRS 9 zeigt einige Problemfelder auf.
Etwa die Hälfte der Verantwortlichen in Banken und Finanzinstituten glaubt nicht, dass neue Modelle zur Abschätzung künftiger Kreditausfallrisiken (Expected-Loss-Modelle) ihr Kredit-Pricing beeinflussen werden. Für die Implementierung entsprechender Modelle brauchen sie konkretes Datenmaterial – über das derzeit nur ein Bruchteil verfügt. Insgesamt sind die meisten Institute noch weit entfernt von einer Anpassung an die dazugehörige IFRS-9-Regelung -deren Inkrafttreten für Jahr 2015 vorgesehen ist. Über ein Drittel rechnet daher nicht damit, IFRS-9-konforme Modelle vor diesem Datum zu implementieren. Ein Viertel glaubt zudem nicht an eine konstruktive Auswirkung der neuen Regeln auf ihre Bilanzerstellung. Vor allem wird die Einbindung zahlreicher Stakeholder erforderlich sein – wie die Befragung von 56 bedeutenden Finanzinstituten für den aktuellen "IFRS 9 Impairment Survey 2011" von Deloitte zeigt.
"IFRS 9 wird die im Zuge der Finanzkrise stark kritisierte bisherige IAS-39-Regelung ersetzen. Eine wesentliche neue Komponente ist dabei die Entwicklung und Implementierung eines Expected-Loss-Impairment-Modells zur Abbildung potenzieller Kreditrisiken", kommentiert Dr. Michael Göttgens, Partner und Leiter Financial Sevices bei Deloitte. IFRS 9 wichtigste Neuerung nach Basel III Nahezu alle befragten Bankvertreter sind sich einig, dass IFRS 9 zusammen mit Basel III diejenige Änderung ist, die sie deutlich beeinflussen wird – Basel III rangiert mit 60 Prozent an erster Stelle. Überdies zeigt sich, dass gerade das Top-Management großer global tätiger Banken das Thema im Branchenvergleich besonders ernst nimmt.
Die Entwicklung von Accounting-Standards, die künftig erwartete Verluste integriert, ist auf der Agenda von IASB und FASB, die einen Gleichklang der bislang noch unterschiedlichen Ansätze verfolgen. Insgesamt gehen die meisten europäischen Befragten davon aus, dass das gemeinsame Ergebnis von der EU anerkannt wird – ihre Hauptsorge gilt der Praxistauglichkeit des Modells. So bezweifeln bis zu 50 Prozent der Studienteilnehmer, dass die Regelungen Vorteile bei der Bilanzierung bringen werden, sehen aber deutliche Probleme bei der Vergleichbarkeit der einzelnen Unternehmen.
Stakeholder einbinden und Synergien nutzen Die Stakeholder müssen in die Prozesse eingebunden werden. Nach Meinung vieler Befragter wird die Integration von Verlustschätzungen das allgemeine Verständnis für Kreditrisiken im Geschäft erhöhen. Fraglich ist aber, wie die Daten erhoben werden sollen: nur 14 Prozent glauben, in absehbarer Zeit über die nötigen Daten zu verfügen. Auch geht die Mehrheit davon aus, das für die Implementierung nötige Know-how erst entwickeln zu müssen. Geteilt ist die Meinung hinsichtlich der Konsequenzen beim Pricing: 50 Prozent sehen keine Effekte, 41 Prozent sind gegenteiliger Ansicht. 71 Prozent bereiten bereits die Implementierung eines Loss-Impairment-Modells vor. Jedoch planen nur 30 Prozent, die Ergebnisse vor der erwarteten Deadline 2015 zu veröffentlichen. Dafür will die Mehrheit potenzielle Synergien bei der Implementierung nutzen, lediglich 28 Prozent konzipieren ihr Modell als "Stand-alone-Projekt". Nahezu einig sind sich die Befragten bei Kosten und Budgets: Eine realistische Einschätzung ist derzeit kaum möglich. Die Mehrheit erwartet Kosten pro Bank bis maximal 17,5 Millionen EURO, allerdings haben 55 Prozent bislang überhaupt kein Budget veranschlagt.
Einschätzung der Lifetime Credit Losses problematisch Eines der größten Probleme beim Wechsel zu einem neuen Standard sehen die Befragten in der Einschätzung bzw. Definition der Lifetime Credit Losses sowie der Loan Life Estimates. Ähnliches gilt für die Disclosure-Bedingungen und die konkrete Ausgestaltung des Übergangs auf die neuen Regeln. Im Hinblick auf das erforderliche Know-how für das neue Impairment-Modell sind vor allem jene Geldinstitute im Vorteil, die schon heute über ein etabliertes Kreditrisikomanagement-Framework verfügen – sie müssen ihre Prozesse lediglich an das neue Modell anpassen. "Die von uns befragten Finanzdienstleister sehen viele Unwägbarkeiten und Risiken im Zuge der Neuregelung – von der Datenerhebung über die konkreten Auswirkungen auf die Bilanzen bis hin zur Rekrutierung der nötigen Manpower. Dahinter steht vor allem eine Sorge: dass das jeweilige Expected-Loss-Modell tatsächlich funktioniert", ergänzt Dr. Michael Göttgens.
Info von Deloitte – www.deloite.com/de
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