Die Krise in der Bankbranche hält an. Geschäfte laufen schleppend, Kunden haben kein Vertrauen und Mitarbeiter leben in ständiger Angst. Sie fürchten, eiskalt vor die Tür gesetzt zu werden. Stellenabbau liegt gerade im Trend.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen wie gewohnt am Montagmorgen zur Arbeit, kommen aber nicht ins Büro, weil der Sicherheitschip nicht funktioniert. Ratlos bleiben Sie vor der Tür stehen und warten auf Antworten. Vielleicht ist der Chip kaputt und muss ausgewechselt werden? Stattdessen werden Sie von der Security in Empfang genommen. Um Ihre persönlichen Sachen vom Arbeitsplatz zu holen. Der Zugang ist von nun an gesperrt. Hiermit sind Sie gekündigt. Gefeuert im wahrsten Sinne des Wortes. Klingt unmöglich, unmenschlich, unsagbar böse! Doch genau so erging es rund 100 Mitarbeitern des Schweizer Finanzinstituts UBS in London. „Ich bin um 7.20 Uhr ins Büro gekommen“, erzählt ein Händler. „Aber mein Sicherheitschip funktionierte nicht. Ein bulliger Türsteher brachte mich zum Aufzug – wo schon ein anderer bulliger Türsteher auf mich wartete. Den Rest des Tages verbrachte er im Pub mit den Leidensgenossen.
Ende Oktober verkündete die UBS, dass sie Stellen streichen müsste. Bis 2015 sollen rund 10.000 Jobs gestrichen werden, berichtete der Spiegel. Dass sie dabei so rasch und unbarmherzig vorangehen würde, hat sich niemand gedacht. Damit stieß die Bank auf Kritik. Sogar in London, wo der Umgang mit den Mitarbeitern nicht zimperlich ist. Doch diese Methode ging zu weit. Sie ist allerdings kein Einzelfall. Auch in Deutschland wurden Mitarbeiter auf extremen Wegen gegangen, wie Coaching-Praxen, die sich mit genau diesen Mitarbeitern beschäftigen, berichten. Es sind Geschichten, die man in dem 80er Jahre Film „Wall Street“ vermuten würde, der von „moralischer Verkommenheit skrupelloser Spekulanten“ erzählt. Aber doch nicht in der Realität. In den Geschichten kehren Mitarbeiter aus dem Urlaub an den Arbeitsplatz zurück und finden einen ausgeräumten Schreibtisch vor und stellen fest, dass das Namensschild an der Tür ausgewechselt wurde. Oder der Mitarbeiter läuft durch das Foyer der Firma, wo er auf Kollegen trifft, die zu ihm sagen: „Wir wussten ja gar nicht, dass letzte Woche dein letzter Tag war.“
Eine Kündigung ist per Gesetz in Deutschland erst wirksam, wenn sie dem Mitarbeiter schriftlich zugegangen ist, mit Original-Unterschrift des Arbeitgebers. Doch wer kann noch ruhig in der Firma weiterarbeiten, nachdem er solche Geschichten erlebt hat? Wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern auf diese Weise mitteilt, dass sie nicht weiter erwünscht sind, zeigt es gleichzeitig seine Unternehmenskultur. Und diese liegt offensichtlich am Tiefpunkt.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Bank für Aufsehen sorgt, wenn es um die Mitarbeiter geht. Vor einem Jahr hatte der Vorstand der Hypo-Vereinsbank beschlossen, das Investmentbanking am Standort in München aufzulösen. Damals mussten die 30 Mitarbeiter unter den Augen des Sicherheitspersonals sofort ihre Schreibtische räumen.
Jetzt schwappt wieder eine große Entlassungswelle über die Banken. Die Deutsche Bank hat seit Juli 2011 nur 500 Stellen abgebaut. Wie der Focus Ende Oktober berichtete, sollen nun 2.000 weitere Stellen gestrichen werden. Die Deutsche Bank verpackt diese Maßnahme als Sparprogramm. Auch die Belegschaft der zweitgrößten deutschen Bank steht unter Schock. Die Commerzbank plant bis zu 6.000 Jobs zu streichen. Damit wäre jeder zehnte der 56.000 Arbeitsplätze betroffen. In der DZ Bank sollen im Kapitalmarktgeschäft rund 100 Stellen gestrichen werden, das wäre jeder zehnte der etwa 1.000 Jobs in dem Bereich.
Man kann nur hoffen, dass die Banken ihre Sparmaßnahmen auf anderem Weg realisieren können. Banken brauchen kompetente Beschäftigte und ein gut ausgebautes Netz von Filialen. Stellenabbau ist da kontraproduktiv. Und wenn es sein muss, dann lieber auf eine moralisch und gesetzlich vertretbare Methode.
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