Das Problem mit den schwankungsanfälligen Konjunkturzahlen isT, dass jeder einzelne Datenpunkt daraufhin abgeklopft wird, ob er gewisse Maßnahmen der Notenbank begünstigt oder bremst.
Gerade hatte man sich mit diesem Weltbild abgefunden: Die japanische Wirtschaft rennt dank immenser fiskalischer und geldpolitischer Stimuli vorneweg. China präsentiert weitgehend konstante BIP-Wachstumsraten um 7½%-8%. In den USA steht das Konjunkturbarometer auf zirka 2% Wachstum – und die Eurozone trippelt mit „negativen Zuwachsraten“, wie es so schön heißt, hinterher. Deutschland bewegt sich leicht oberhalb der Nulllinie, Frankreich genau drauf und Spanien sowie Italien darunter.
Im Tagesgeschäft an den Finanzmärkten zählt jedoch bisweilen nicht das große Bild, sondern wie sich dieses Bild im Kleinen verändert. Und hier zeigt sich derzeit nahezu genau das Gegenteil dessen, was das große Bild beschreibt: In Japan stehen die Aktienmärkte unter Druck und die Schwächetendenz des Yen scheint für den Moment unterbrochen zu sein. In China beunruhigen Einkaufsmanagerindizes mit Werten teils lediglich um die Expansionsschwelle von 50 Punkten die Anleger. In den USA unterstreicht der schwächste ISM Index seit fast vier Jahren den Soft Patch im zweiten Quartal. Aus Europa hingegen häufen sich die positiven Konjunktursignale: Die Einkaufsmanagerumfragen hellen sich auf, vor allem in Spanien und Italien, aber auch in Frankreich und in Deutschland.
Aus diesen Beobachtungen könnte man jetzt natürlich wunderbar irgendwelche Theorien ableiten: Die Schwachen werden stärker und die Starken werden schwächer, zum Beispiel. Oder aber man argumentiert über die Zeitschiene: Während in Europa noch gefeiert wird, wird im Rest der Welt schon wieder „geschrubbt“. Derlei Mutmaßungen sollte man jedoch nicht voreilig treffen. Den Blick zurück auf das große Bild gerichtet, befinden wir uns in einer Welt mit flachen Konjunkturausschlägen bei gleichzeitig häufigen Richtungswechseln. Im Tagesgeschäft spiegelt sich das in einer erhöhten Volatilität der Daten wider, welche das große Bild jedoch nicht grundsätzlich in Zweifel ziehen.
Das Problem mit den schwankungsanfälligen Konjunkturzahlen ist jedoch, dass jeder einzelne Datenpunkt daraufhin abgeklopft wird, ob er gewisse Maßnahmen der Notenbank begünstigt oder bremst. Gute Daten in den USA werden als Vorzeichen eines baldigen Taperings der Fed interpretiert. Schlechte Daten hingegen verursachen eine Verschiebung des Taperings auf der Zeitschiene nach hinten. Und wir setzen noch einen drauf: Gute Daten, welche ein baldiges Tapering signalisieren, sind für viele Anleger eigentlich schlechte Daten, eben weil durch sie die „Gefahr“ abnehmender geldpolitischer Impulse steigt. Schlechte Daten seien im Umkehrschluss eigentlich gute Daten, weil sie ein längeres Festhalten der Fed an der expansiven geldpolitischen Ausrichtung wahrscheinlicher machen.
In der Folge sehen wir das, was wir seit etwa zwei Wochen beobachten: Aktien, Wechselkurse und Peripherie-Spreads schwanken in fast täglichem Wechsel auf und nieder. Dagegen steht jedoch ein ziemlicher eindeutiger Trend im Markt für Staatsanleihen der Kernländer: Hier steigen die Renditen fast täglich an. Vermutete Hauptursachen: Die Tapering-Diskussion in den USA und das Auspreisen weiterer Leitzinssenkungen durch die EZB (ablesbar an fallenden Euribor Future Kursen). Damit haben sich die Rentenmärkte von den anderen Marktsegmenten zu einem gewissen Grad emanzipiert. Die Renditeanstiege könnten noch um 10-20 Basispunkte weiter gehen, bis die Erwartungen an die Zentralbankentscheidungen der Fed und der EZB eine Art neutrales Niveau erreicht haben. Oder aber eben so lange, bis wir uns mit diesem „Weltbild“ in den Rentenmärkten abgefunden haben…
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