Die teilweise heftigen Schwankungen im größten Index DAX haben die Anleger in den letzten Monaten zittern lassen, wobei besonders die Bewegungen bei Einzeltiteln auffallend waren. Einerseits rutschte der DAX am 24.08 um bis zu 800 Punkte nach unten, andererseits zeigten sich auch bei großen Einzeltiteln wie K+S sowie VW erhebliche Tagesschwankungen von über 30%, die auf negative Einzelmeldungen zurückzuführen waren. Die Einzelheiten dieser Kurskapriolen wurden schon einschlägig in sämtlichen Facetten durchleuchtet und werden daher nicht weiter betrachtet. Die Art und Weise und die Heftigkeit dieser enormen Ausschläge überraschte sogar Experten, wo man so etwas bislang nur selten erlebt hatte. So lautete der allgemeine Konsens. Die Auffälligkeit und die Häufigkeit der extremen Bewegungen waren objektiv betrachtet sehr hoch. Gerade große Konzerne mit Tausenden von Mitarbeitern vernichten innerhalb von Stunden etliche Milliarden, gemessen an der Marktkapitalisierung. Seither gab es aber schon wieder eine fulminante Rallye in die andere Richtung, nämlich nach oben.
Ist dieses Jahr 2015 damit ein außergewöhnliches Jahr hinsichtlich der Volatilität?
Oder haben wir wie immer ein verzerrtes Bild durch die mediale Darstellung der Sachverhalte bekommen? Dieses Phänomen bzw. den Unterschied zwischen gefühlter und tatsächlicher Volatilität möchte ich näher durchleuchten. Im Folgenden wird die tatsächliche Schwankungsbreite anhand einer retrospektiven Betrachtungsweise am Beispiel des DAX in der Grafik näher erläutert.
Die durchschnittliche Schwankungsbreite der letzten 55 Jahre im DAX beträgt rund 39% und ist hier in der horizontalen orangenen Achse markiert. Gemessen wird die unterjährige Schwankungsbreite zwischen dem Tiefststand und dem Höchststand des DAX. Das Jahr 2013 und 2014 waren, gemessen an dem langfristigen Durchschnitt, sehr wenig volatil. Deutlich zu erkennen ist der Ausreißer im Jahr 2001 mit über 100% an Schwankung, in Zahlen waren es knapp 4000 Punkte. Der DAX hatte im Tief knapp 4000 Punkte und im Hoch über 8000 Punkte. Durch die letzten zwei sehr schwankungsarmen Jahre 2013 und 2014 stellte sich bei den Privatanlegern ein Gewöhnungseffekt ein. Dieser führt kontinuierlich dazu, dass an und für sich „normale Schwankungen“ als Turbulenzen empfunden werden, obwohl die „tatsächliche“ Volatilität im Jahr 2015 beim DAX noch unter dem langjährigen Mittel liegt. Man orientiert sich an vergangenen Werten und sucht sich einen Anker. Dies ist ein rein menschlicher und psychologischer Effekt, der sich im Laufe der Zeit in vielen Bereichen einstellt. Die „gefühlte“ Volatilität wird heutzutage durch die Sensationsgier der Medien immer mehr angeheizt. Sie führt zu immer mehr Verdrehung und Verdrängung der Tatsachen sowie der Entkopplung der Wahrheit von der Realität. Rein statistisch betrachtet ist dieses Jahr kein außergewöhnliches Jahr, sondern im Verhältnis zum langfristigen Chart des DAX ein „ruhiges“ Anlegerjahr gewesen. Auch wenn das Jahr 2015 noch nicht gelaufen ist, hatte der DAX bislang eine Schwankungsbreite zwischen dem Höchstkurs von 12380 Punkten und dem Tiefstkurs von 9420 Punkten von rund 3000 Punkten. Augenscheinlich ein hohe Schwankungsbreite, aber prozentual gemessen doch nur rund 30%, also deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 39% in einem „normalen“ DAX Jahr.
Die Quintessenz
Hysterie wird erzeugt, um Panik zu verursachen. Ein weiterer Brandstifter und Auslöser, der das Feuer weiter entfacht, sind die elektronischen Handelslogarithmen und Akteure, deren automatisierte Orders bei Unterschreiten einer Grenze zusätzlich diesen Schneeball größer werden lassen. So entstehen solche Tagesschwankungen wie am 24.8.2015, dem SELL-OFF Tag des Jahres 2015. Vermutlich war dies der beste Tag des Jahres zum Einstieg. Der DAX hat sich seit diesem Tag um gut 15% nach oben bewegt. Die 11.000 Punkte-Marke haben wir schon wieder durchbrochen. Diese positive Schwankung nach oben wird vom Publikum jedoch nicht so registriert wie Ausschläge nach unten. Außerdem nehmen Privatanleger dieselbe prozentuale Veränderung nach unten doppelt so negativ wahr wie die nach oben. Dies ist mit der Ratio nicht vereinbar.
Fazit
Externe Schocks und Unruheherden gab es in den letzten Jahren immer wieder. Diese sind ständige Begleiter an der Börse. Jedoch gilt hier auch das Sprichwort „politische Börsen“ haben kurze Beine. Oder haben Sie in letzter Zeit mal wieder was von der Ukraine-Russland-Krise, der Griechenland-Tragödie oder dem Fracking gehört?
So schnell die schlechten Nachrichten kommen, über die bis ins Detail berichtet werden, so schnell sind sie auch wieder weg. Ständig wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Bleiben Sie stoisch und besonnen. Lassen Sie sich nicht von medialer Seite in Ihrer Entscheidung beeinflussen. Dies ist der denkbar schlechteste Ratgeber, da er größtenteils auf Emotionen basiert. Langfristig betrachtet sind die fundamentalen Daten eines Unternehmens wichtiger für die Bewertung einer Aktie. Qualitativ hochwertige Unternehmen lassen sich nicht vom politischen Gezeter beeinflussen, da ihre Produkte oder Dienstleistungen gefragt sind. Oftmals haben diese Firmen mit ihrer Marktmacht und entsprechender Preispolitik einen Unique Selling Point, den sie am Markt auch durchsetzen können und somit Ihre erwünschten Margen erreichen.
Lassen Sie sich nicht blenden von der allgemeinen Hysterie und Hetze gegen gesunde und gut verdienende Unternehmen. Nüchtern betrachtet, sind Schwankungen der Kurse eine große Chance, sie werden von vielen Anlegern aber lediglich immer als Risiko angesehen und definiert. Leider!