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Das Ampelmännchen

Fast schon philosophische Betrachtungen einer Geldwäschebeauftragten: Dorothee Wirsching spricht über eine rote Ampel in der Nacht und warum es manchmal kein Pardon für „Falschfahrer“ in einer Bank gibt.


Bildnachweis: iStock.com/A-Digit

BANKINGNEWS: Frau Wirsching, wie sinnvoll sind Geldwäschebeauftragte für Banken?

Dorothee Wirsching: Meine Sparkasse und ich wohnen im nördlichen Münsterland, also sehr ländlich. Mein Mann und ich fahren von Zeit zur Zeit ungefähr 35 Kilometer durch unser Geschäftsgebiet, um manchmal Freunde zu besuchen. Wenn wir dann spät abends (oder nachts) zurückfahren, müssen wir unterwegs über eine kleine Brücke fahren. Es ist eine sehr kleine Brücke, einspurig, die über einen etwas größeren Abzugsgraben führt. Man kann sie schon von weitem sehen. Vor dieser Brücke steht – eine Ampel. Wenn ich nachts die Brücke näher kommen sehe und ich der einzige Verkehrsteilnehmer weit und breit bin und die Ampel ist rot, ja dann können Sie sich wohl denken, was passiert. Mein gesetzestreuer Mann seufzt dann immer unüberhörbar und sagt: „Dorothee, wenn sie dich erwischen, gehst Du eine Weile zu Fuß.“

Womit er ja recht hat.

Das stimmt. Es gibt aber noch eine zweite wichtige Ampel in meinem Leben und die steht direkt vor meiner Sparkasse. Die Kreuzung dort hat eine idiotische Verkehrsführung. Wenn Rushhour ist (ja, die gibt es auch im nördlichen Münsterland), dann habe ich trotz grüner Ampel schon manches Mal auf mein Recht als Fußgängerin oder Radfahrerin verzichtet und meinem Schöpfer gedankt, dass ich die andere Straßenseite heil erreicht habe.

Was hat das mit Ihrem Beruf zu tun?

Nun, Geldwäschebeauftragte gehören in ihren Unternehmen zu den Ampelmännchen. Wir sind zuständig für die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften und dazu bauen wir überall virtuelle Ampeln für die Kollegen und Kunden auf. Sie zeigen an, wo die Gefahrenstellen sind und sorgen dafür, dass sich alle regelgerecht verhalten. Aber manchmal zwingt mich das Gesetz dazu, eine Ampel mitten ins Nichts zu stellen. Und die Kollegen, die an diese Ampel kommen, rufen mich an. Sie jammern, klagen und schimpfen, aber die Ampel ist nun mal da und man muss an ihr anhalten. Da kann ein Kollege vielleicht auf die Idee kommen, über die rote Ampel zu fahren, wenn niemand es sieht. Wenn ich es merke, dann schimpfe ich ein bisschen, und in meinem Inneren grinse ich manchmal.

Aber sicherlich stehen doch nicht alle Ihre Ampeln im Nirgendwo?

Es gibt auch die wichtigen Ampeln – und da gibt es kein Pardon. Sie müssen beachtet werden, um Schaden von meiner Sparkasse und unseren Kunden abzuwehren. Wenn ich da jemanden erwische, der die Regeln verletzt, bin ich streng und konsequent. Die Kollegen werden auf den Pfad der Tugend zurückgeführt, Und auch so mancher Kunde hat sich schon ein „Fahrverbot“ eingefangen. Zu meinen Sternstunden gehört der Tag, an dem meine Stellvertreterin und ich in einer Verhandlung im Landgericht Münster dabei zusehen konnten, wie die beiden Köpfe einer Autoschieberbande zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Diese Kunden haben jetzt bei uns ein lebenslanges Fahrverbot.

Dann sind Sie so etwas die Verkehrspolizei der Sparkasse?

Aus der englischen Literatur kenne ich den Ausspruch: Wenn jeder nur die Gesetze einhält, die ihm gefallen, dann würde es zugehen wie auf dem Jahrmarkt von Donnybrook. Die Donnybrook Fair war wie viele irische Jahrmärkte laut, zügellos, chaotisch und nach dem sechsten Pint Bier war so ziemlich alles egal. Privat wäre ich gerne einmal dabei gewesen, ich hätte mich wahrscheinlich königlich amüsiert. Aber dienstlich bleibe ich, was ich bin: Ein wertvolles, nützliches Ampelmännchen, ohne dass meine Sparkasse arm dran wäre. Und damit wäre die Frage, ob mein berufliches Leben (und das aller Geldwäschebeauftragten) einen Sinn hat, wohl hinreichend geklärt.

Interview: Daniel Fernandez

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