BANKINGNEWS: Welche Kosten entstehen bei der Geldwäsche für die breite Gesellschaft und warum haftet gerade Deutschland der Ruf als Geldwäsche-Paradies an?
Tobias Schweiger: Weltweit werden schätzungsweise 800 Milliarden bis zwei Billionen US-Dollar pro Jahr gewaschen und nur ein Bruchteil davon wird auch tatsächlich von den Behörden gesichert. Dabei handelt es sich bei Geldwäsche um weit mehr als einen strafrechtlichen Tatbestand. Geldwäsche stellt ein großes Problem für die globale und nationale Sicherheit dar und wirkt sich zudem auf das Marktgeschehen und den fairen Wettbewerb aus. Dass gerade Deutschland vielerorts als Hotspot für Geldwäscher gilt, hängt mit den vielen Schwachstellen zusammen, die das System bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität aufweist. Neben der fehlenden Bargeldobergrenze, die es erlaubt, auch große Beträge in cash zu zahlen, sind auch die Zuständigkeiten, die auf Bundesregierung und Bundesländer verteilt sind, in vielen Fällen unklar.
„Eine enge Zusammenarbeit und umfangreiche Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind essenziell“
Wie kann die Geldwäschebekämpfung effizienter gestaltet werden? Und wer ist hauptsächlich in der Verantwortung, etwas zu ändern: die Politik, die Banken oder die Strafverfolgung?
Die Prävention von Geldwäsche ist ein zentraler Bestandteil der Kriminalitätsbekämpfung und damit zunächst einmal Aufgabe des Staates, der dafür zuständig ist, die richtigen Weichen zu stellen. Eine dieser Weichen ist das Geldwäschegesetz (GWG), das unter anderem eine Meldepflicht für Banken vorsieht. Diese Meldungen bilden wiederum die Basis für die Strafverfolgungsbehörden, die schließlich Ermittlungen anstoßen. Eine enge Zusammenarbeit und eine umfangreiche Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind also essenziell. In der Realität ist Geldwäscheprävention jedoch gerade für Finanzinstitute häufig ein schmerzliches Thema, da im Vergleich zur Erfolgsquote unverhältnismäßig viel Arbeitskraft und finanzielle Mittel in diese Compliance-Aufgabe fließen. Gründe dafür liegen in den starren Strukturen vorherrschender Systeme und einem Mangel an Austausch über die Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg.
„Die softwaregestützte Erkennung von Finanzkriminalität braucht einen Neustart“
Besonders im Finanzsektor häufen sich die Geldwäschemeldungen, die zudem einen beachtlichen Anteil an sogenannten „False Positives“ beinhalten. Wie sollten Banken auf dieses wachsende Problem reagieren?
Die zielgenaue Erkennung von verdächtigen Vorgängen ist eine der größten Herausforderungen in der Geldwäscheprävention. Der Anteil an falsch-positiven Verdachtsmeldungen durch die Software von Banken und Zahlungsdienstleistern liegt bei etwa 95 Prozent. Das ist eine Schwäche der herkömmlichen IT-Systeme in diesem Bereich. Sie arbeiten rein regelbasiert und sind dadurch unflexibel. Die meisten Banken gehen dieses Problem mit mehr Personal an. Das wird den Anforderungen der Regulierungsbehörden und der Strafverfolgung an die Vorarbeit der Finanzinstitute aber längst nicht mehr gerecht. Von den hohen Kosten ganz zu schweigen. Deshalb sagen wir: Die softwaregestützte Erkennung von Finanzkriminalität braucht einen Neustart mit den Mitteln der Digitalisierung. Mit Cloudtechnologien und Künstlicher Intelligenz ist Geldwäscheprävention wesentlich effizienter und effektiver möglich.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) in dem ganzen Prozess und wie kommt diese zum Einsatz?
Künstliche Intelligenz hilft Banken und Kreditinstituten dabei, die Transaktionsüberwachung effizienter zu gestalten und regulatorische Anti-Geldwäsche-Compliance sicherzustellen. Die Software von Hawk AI beispielsweise nutzt eine Kombination aus bewährten regelbasierten Prüfprozessen und KI, um verdächtige Zahlungsvorgänge zu erkennen. Die KI funktioniert dabei wie ein Filter: Sie lernt aus dem Verhalten der Analysten und selektiert Regeltreffer, die wiederholt als Fehlalarm deklariert worden sind, aus. Damit wird die Fehlalarmquote im Vergleich zu herkömmlichen AML-Lösungen drastisch reduziert – in unserem Fall um über 70%. Da die wenigsten Finanzunternehmen über die technologischen Mittel und das passende interne Know-how verfügen, ist es durchaus sinnvoll, einen Drittanbieter mit dieser Aufgabe zu betrauen. Die Auslagerung von Prozessen zur Transaktionsüberwachung an cloudbasierte Software-as-a-Service-Anbieter ist in Deutschland wie in vielen weiteren Ländern rechtlich gestattet und technisch mit überschaubarem Aufwand machbar.