Schwach ausreichend – so könnte man die Ergebnisse der neuesten Deutschlandprüfung der Financial Action Task Force (FATF) zusammenfassen. Hierbei überprüfen internationale Kontrolleure in regelmäßigen Abständen, ab jetzt alle sechs Jahre, wie effizient die nationale Geldwäschebekämpfung funktioniert. Laut den Experten hat sich Deutschland zwar seit der letzten Prüfung im Jahr 2009 verbessert und auf nationaler Ebene ein stärkeres Bewusstsein für die Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geschaffen. Doch die systemischen Mängel sind 2022 noch nicht beseitigt. „Es gibt keine klare Politik oder Strategie für eine kohärente und umfassende Unterbindung und Sanktionierung der Geldwäsche“, so der Bericht.
Die Reaktionen auf die Ergebnisse waren so durchwachsen wie das Zeugnis selbst: eine verhaltene Berichterstattung, vorsichtige Erleichterung bei der BaFin und ein ungewohnt rasches Handeln aus der Politik. Nur eine Woche nach dem FATF-Bericht kündigte Bundesfinanzminister Christian Lindner grundlegende Reformen zur Verbesserung der Geldwäscheprävention an. Neben einer Stärkung der Financial Intelligence Unit (FIU) soll die Struktur der Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor grundlegend reformiert und ein neues Bundesfinanzkriminalamt geschaffen werden. Als sein Prestigeprojekt hat sich der Finanzminister das vorgenommen, woran seine Vorgänger gescheitert sind: die deutsche Geldwäschebekämpfung vom Sorgenkind zum Musterschüler zu machen.
Als empfindliche Schwachstelle im Kampf gegen die Geldwäsche identifizieren sowohl Lindner als auch die FATF den deutschen Nichtfinanzsektor mit seinen rund eine Million Verpflichteten und über 300 Aufsichtsbehörden. 2021 kamen weniger als drei Prozent der Verdachtsmeldungen aus dem Nichtfinanzsektor. Dabei ist etwa die Immobilienbranche besonders anfällig. Das zeigt das Beispiel der Notare: Nachdem eine Gesetzesänderung die Meldepflicht für Notare im Immobilienbereich ausgeweitet hatte, schoss die Menge ihrer Verdachtsmeldungen von 17 im Jahr 2019 auf über 8.000 Meldungen in 2021. Würde durch die angekündigten Reformen tatsächlich eine koordinierende Zentralstelle für die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor geschaffen, könnte der regulatorische Druck steigen, sodass aus diesem Bereich mehr gemeldet wird.
Nur jede siebte Meldung weitergeleitet
Mehr Verdachtsmeldungen führen aber nicht zwangsläufig zu mehr Verurteilungen. Nur etwa jede siebte Meldung wird von der FIU als werthaltig eingestuft und überhaupt weitergeleitet. Daher bleibt die Zahl der Verurteilungen seit Jahren auf demselben niedrigen Niveau, obwohl die Menge an Verdachtsmeldungen aus dem Finanzsektor rasant gestiegen ist. Der Vorwurf der FATF an die deutschen Banken: Sie geben aus Vorsicht zu viele Meldungen ab und nehmen sich zu wenig Zeit für die interne Analyse. Die einen melden also zu viel, die anderen zu wenig. Doch selbst wenn Banken nur noch tatsächlich relevante Verdachtsmomente melden würden, bleibt die Tatsache bestehen: Nimmt man den Nichtfinanzsektor künftig stärker in die Pflicht, wird die Menge an Verdachtsmeldungen in jedem Fall steigen.
Entscheidend wird sein, dass die FIU mit dem höheren Meldeaufkommen auch umgehen kann. Doch eine weitere personelle Aufstockung macht wenig Sinn. Die FIU hat bereits mehr Mitarbeiter als die amerikanische FinCen und erhält nur einen Bruchteil der Verdachtsmeldungen. Stattdessen sollte der Fokus darauf gelegt werden, ihre Fähigkeiten und Befugnisse bei der Analyse, Verbreitung und Nutzung von Finanzinformationen zu erhöhen. Notfalls durch eine weitere Anpassung des Zollfahndungsdienstgesetzes, damit Verdachtsmeldungen in Zukunft auch wirklich zu Verurteilungen führen.
Mit dem Prüfungsbericht hat die FATF aufgezeigt, wie der Weg zum Musterschüler aussehen könnte. Deutschland muss ihn jetzt nur gehen. Denn die Alternative zu Nachhilfe heißt Durchfallen.
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