Wie sieht die Zukunft der europäischen Wirtschaft aus? Und welchen Beitrag vermag ein einzelnes Instrument zu leisten? Eine Initiative aus namhaften Organisationen strebt an, Europa zum Vorreiter der Tokenisierung zu machen.


Daily_Tokenisierung Europas

Digitalisierung ist einer der zentralen Innovationsbereiche, der über die Zukunftsfähigkeit ganzer Branchen entscheidet. Zu erzielende Effizienzgewinne fallen hier mitunter so hoch aus, dass First Mover kaum einholbare Technologievorsprünge aufbauen können. Um nicht das Nachsehen zu haben und Teil der abgehängten Konkurrenz zu sein, ist Technologieoffenheit ratsam. Mit dem Blick auf die oft zitierte Industrie 4.0 hat sich eine Initiative gegründet, die sich der Tokenisierung Europas verschrieben hat.

Ein breites Zukunftsbündnis

Die multinationale Initiative nennt sich “Tokenise Europe 2025” und setzt sich aus über 20 Organisationen zusammen. Sie wird von dem Dreierbündnis aus Europäischer Kommission, der Unternehmensberatung Roland Berger und dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) angeführt. Dazu kommen weitere namhafte Unternehmen und Verbände aus den Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Portugal, Schweden und Spanien – etwa die Deutsche Bank, Santander oder die Renault Gruppe.

Die Initiatoren des Projekts wollen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz Europas beitragen und sehen in der Tokenisierung von (Vermögens-) Werten das zentrale Vehikel. Tokenisierung im engeren Sinne meint die digitale Abbildung von physischen Werten. Im weiteren Sinne beschreibt sie deren Verwaltung mit Hilfe von Destributed-Ledger-Technologien wie Blockchain. Nach Einschätzung von Tokenise Europe besitzt sie dabei einen entscheidenden Vorteil: Sie ist ein Multifunktionswerkzeug, das Prozesse schnittstellenübergreifend effizienter gestalten kann. In seinem ersten Bericht skizziert das Bündnis mögliche Perspektiven.

Der Standort Europa

Neben dem Finanzsektor gehören insbesondere Logistik und Handel zu den bekannteren Use Cases für Blockchain-basierte Tokenisierung. So können etwa Lieferketten oder Handelsfinanzierung vereinfacht, automatisiert und transparenter sowie sicherer gestaltet werden. Die Initiative prognostiziert jedoch, dass sich die Einsatzmöglichkeiten durch die Kombination mit anderen Entwicklungen und Technologien wie digitalem Zentralbankgeld (CBDC) weit darüber hinaus erstrecken werden. Abgesehen von neuen Use Cases könnten so gänzlich neue Geschäftsfelder entstehen und auf diese Weise das Wirtschaftswachstum des Binnenraums beflügeln.

Gleichwohl bemängeln die Initiatoren, dass die Möglichkeiten von Tokenisierung bislang nur unzureichend wahrgenommen werden. Sie betrachteten fehlende Standards als eine der Ursachen und sehen den Gesetzgeber in der Pflicht, die Verwaltung und Handel von digitalen Vermögenswerten durch entsprechende Regulatorik zu vereinheitlichen. Mit einem einfachen Regelwerk ausgestattet, könnte Europa nach Ansicht von Tokenise Europe wieder deutlich an Innovationskraft hinzugewinnen.

Von heutiger Warte aus betrachtet lässt sich nur schwer evaluieren, welchen Stellenwert Tokenisierung im Zuge der weiteren Digitalisierung Europas einnehmen wird. Sollte sich die Technologie jedoch so durchsetzen, wie die Initiative es vorhersagt, wird sie ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Finanzarchitektur werden. Mit Blick auf die absehbare Zukunft und die Potenziale von Industrie 4.0 bleibt Tokenisierung daher eines der relevanten Schlagwörter.

Tipp: Sie möchten mehr spannende Beiträge zum Thema Digitalisierung lesen? Dann könnte Sie interessieren, welchen Einfluss ChatGPT auf die Zukunft des Banking haben könnte. Oder lesen sie hier, wie Betrüger ein Deepfake nutzten, um das Geld einer Bank zu erbeuten.