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Fintechs & Banken: Ziemlich beste Feinde

Freund oder Feind? Bei Fintechs und Banken war man lange Zeit unsicher. Heute ist klar: Gegen aktuelle Herausforderungen können sie nur gemeinsam bestehen. Doch an der Beziehung muss noch gearbeitet werden.


Die 2010er Jahre waren das Jahrzehnt der Fintechs. Vor allem die Finanzkrise im Jahr 2008 hat den Start-ups zu ihrem Aufstieg verholfen: Zerstörtes Vertrauen in die Banken und die offengelegten Schwächen des Finanzsystems hinterließen eine Lücke, die Fintechs der ersten Stunde füllen wollten. Seitdem heißt es: Jung gegen Alt, David gegen Goliath, Fintechs gegen Banken – so ähnlich lautet zumindest der Gründungsmythos der Fintech-Szene. Tatsächlich gehörten aber Kooperationen zwischen Banken und Fintechs von Anfang an mit dazu.

Auch heute kriselt es bei den Banken, und zwar nicht erst seit Corona. Banken kämpfen gleichzeitig mit steigendem Kostendruck, sinkenden Erträgen in traditionellen Geschäftsfeldern und neuen Konkurrenten. Nicht nur Neobanken wie N26 oder Revolut sind weiter auf dem Vormarsch, auch die Big Techs aus den USA und China wollen Banken die Kundenschnittstelle streitig machen oder streben im schlimmsten Fall selbst die Banklizenz an.

Selbst für einige Fintechs könnten Amazon, Google & Co. zur Gefahr werden, vor allem im ertragreichen, aber hart umkämpften Firmenkundengeschäft. Außerdem scheint der Fintech-Markt heute übersättigt zu sein. Die Zahl der Neugründungen sinkt von Jahr zu Jahr. Laut comdirect-Studie sind 2019 bis September nur 53 Fintechs gegründet worden, fast 100 Gründungen weniger als noch vor vier Jahren. Die Studie „Unite“ von EY und dem Sparkassen Innovation Hub hat zudem ergeben, dass die Investitionssumme in Fintechs auf eine Rekordhöhe gestiegen ist, aber in immer weniger Unternehmen fließt. Eine große Konsolidierungswelle steht bevor und könnte durch die Corona-Krise noch früher kommen als erwartet.

Die Zusammenarbeit muss unkomplizierter werden

Sowohl für Banken als auch für Fintechs wird es daher wichtig, unter- und miteinander zu kooperieren. Sie müssen ihre Feindschaft endgültig begraben. Nicht nur, um mit der kapitalstarken Konkurrenz mithalten und Innovationen schneller umsetzen zu können, sondern auch, um der wachsenden Bedeutung digitaler Ökosysteme gerecht zu werden. Denn mit Insellösungen kann kein Kunde gehalten werden. Viele Fintechs und Banken haben die Notwendigkeit, stärker zu kooperieren, bereits erkannt. Die Zahl der Fintech-Kooperationen hat sich gegenüber dem Jahr 2014 fast verzehnfacht und operative Kooperationen machten 2018 zwei Drittel der Partnerschaften aus, so das Fintech-Kooperationsradar von PwC.

Damit Banken und Fintechs gemeinsam erfolgreich digitale Ökosysteme aufbauen können, ist es aber notwendig, die Zusammenarbeit unkomplizierter und schneller zu gestalten. Die Auswertung in der BANKINGNEWS von fünf Jahren „Fintech-World“ hat ergeben, dass jedes fünfte der befragten Fintechs die Zusammenarbeit mit Banken als „größte Herausforderung“ sieht. Ein erschreckender Wert, wenn man bedenkt, dass von den Kooperationen die Zukunftsfähigkeit abhängt.

Ein schwerwiegendes Hemmnis bei der Kooperation zwischen Banken und Fintechs ist die Umsetzung der strengen Auflagen von BaFin und EBA bei Auslagerungen. Laut Bankenverband führen diese häufig dazu, dass das regulatorische Onboarding über ein Jahr dauert, während das technische bereits nach wenigen Wochen abgeschlossen sein könnte. Mit dem im November 2019 vom Bankenverband präsentierten Leitfaden, um den Anbahnungsprozess für Kooperationen zwischen Banken und Fintechs zu verschlanken, ist ein erster Schritt getan. Es bleibt zu hoffen, dass er flächendeckend Anwendung findet und weitere Schritte folgen. Sonst fressen die Big Techs alles, was die deutsche Bürokratie übrig lässt.

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