Interne Meldestellen, Informationspflichten, Fristen – das Hinweisgeberschutzgesetz zwingt Unternehmen zum (schnellen) Handeln. Dabei sind umsichtige und aufmerksame Mitarbeiter natürlich beliebt. Wer will schon Beschäftigte bezahlen, die Fehler und Ineffizienzen im eigenen Betrieb nicht erkennen oder bewusst ignorieren. Folglich möchte man annehmen, dass Vorgesetzte für die Anmerkungen ihrer Mitarbeiter dankbar sind und deren Hinweisen auch ernsthaft nachgehen.
Bei der DWS, Wertpapiertochter der Deutschen Bank, sah man das in der Vergangenheit jedoch nicht immer so. Hinreichend bekannt ist der Fall einer Mitarbeiterin aus dem Jahr 2021. Ihr fiel auf, dass ihr Arbeitgeber bei ESG-Investments (Environmental, Social and Governance Investments) nicht immer ausreichend auf die tatsächliche Nachhaltigkeit der Investitionen achtete. Als sie nachdrücklich auf diese Verstöße hinwies, wurde sie entlassen. Dass das ein Fehler war, merkte die DWS zu spät. Nach heftiger Kritik und einer Razzia der Ermittlungsbehörden musste CEO Asoka Wöhrmann das Unternehmen verlassen.
Whistleblower schützen
Der Fall unterstreicht, dass Whistleblower in Unternehmen immer noch einen schweren Stand haben. Um das zu ändern, will die Bundesregierung den Schutz von Hinweisgebern stärken. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt seit September 2022 vor. In der ersten Jahreshälfte 2023 soll das neue Hinweisgeberschutzgesetz schließlich für alle Unternehmen in Kraft treten.
Zukünftig sind circa 100.000 Unternehmen und etwa 25.000 öffentliche Stellen dazu verpflichtet, den neuen Hinweisgeberschutz zu beachten. Im Zentrum steht die Pflicht zur Einrichtung und zum Betreiben einer internen Hinweisgeberstelle. Sie soll es Beschäftigten ermöglichen, bestimmte Verstöße vertraulich zu melden. Alle Unternehmen und Organisationen im Privatsektor mit mindestens 50 Mitarbeitern müssen eine interne Hinweisgeberstelle einrichten.
Daneben sind eine Reihe von Unternehmen unabhängig von ihrer Beschäftigtenanzahl zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet. Dies betrifft insbesondere Akteure aus dem Finanzsektor wie Kreditinstitute, Wertpapierhandelshäuser, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherer.
Vertraulichkeit im Meldeverfahren
Im Finanzbereich gelten schon seit Jahren Vorgaben zum Hinweisgeberschutz. Die bestehenden Meldesysteme müssen zukünftig mit den neuen Vorgaben in Einklang gebracht werden. Relevant ist das vor allem bei der Fallbearbeitung, dem Verfahrensablauf und der Beachtung neuer Fristen.
Von besonderer Bedeutung ist die Wahrung der Vertraulichkeit im Meldeverfahren. Mitarbeitern von Meldestellen ist es untersagt, die Identität der hinweisgebenden Personen und in der Meldung genannte Personen anderen preiszugeben. Auch anonyme Meldungen müssen grundsätzlich angenommen und bearbeitet werden. Nach Meldeeingang gilt die Einhaltung eines fristgebundenen Verfahrens. Hierbei ist der Eingang zu bestätigen und spätestens nach drei Monaten eine Rückmeldung zu geben. Nach Abschluss des Verfahrens ist der Vorgang zwei Jahre aufzubewahren.
Neben einer internen Meldung haben Hinweisgeber auch die Möglichkeit, einen Verstoß bei einer externen Meldestelle zu melden – unter anderem bei der BaFin.
Anforderungen für Meldestellenmitarbeiter
Die mit dem Betrieb der Meldestelle betrauten Mitarbeiter müssen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz über die notwendige Fachkunde verfügen. Dieses Erfordernis ist auch für Banken und Versicherungen neu. Um die Fachkunde auch prüfungsfest nachweisen zu können, wird empfohlen, sich rechtzeitig durch qualifizierte Schulungen fortzubilden.
Der Fall der DWS macht deutlich, dass der Schutz von Hinweisgebern im Unternehmen keine Nebenrolle spielen darf. Hierzu reicht es jedoch nicht aus, lediglich die neuen Bestimmungen umzusetzen. Wichtig ist außerdem eine umfassende Compliance-Kultur im Betrieb. Nur wenn Führungskräfte die Werte des Unternehmens auch leben und sie kommunizieren, werden Mitarbeiter das Thema wirklich erstnehmen.
Tipp: Wenn Sie weitere Beiträge aus der Rubrik Fraudmanagement lesen möchten, schauen Sie hier.