Zöllner und Sünder setzte man schon zu biblischen Zeiten gleich. Und auch heute scheint der Zoll ein beliebter Sündenbock zu sein, wenn es um Defizite bei der Bekämpfung von Geldwäsche geht. Dass Deutschland immer noch ein Paradies für Geldwäscher ist, sei unter anderem Schuld der Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls, so die Kritiker.
Tatsächlich finden sich einige Ungereimtheiten, wenn man den FIU-Jahresbericht mit der Kriminalstatistik vergleicht: Während sich die Verdachtsmeldungen seit 2014 mehr als vervierfacht haben und 2019 einen Höchstwert von rund 115.000 Meldungen erreichten, stagniert die Strafverfolgung im Bereich Geldwäsche seit Jahren bei rund 1.000 Verurteilungen.
Der Vorwurf gegen die FIU: In vielen Fällen seien Hinweise nicht oder nicht rechtzeitig an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet worden, unter anderem bei Wirecard. Neben der FIU steht auch wieder die Rolle der Banken auf dem Prüfstand. Denn in Deutschland kamen 2019 rund 98 Prozent der Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus der Finanzbranche.
Geldwäsche: Dramatische Zahlen aus Übersee
Auch die amerikanischen „FinCEN-Leaks“ offenbarten scheinbar dramatische Zahlen: Ein Volumen von 1,3 Billionen US-Dollar umfassten allein die Verdachtsmeldungen der Deutschen Bank. Und wieder stehen die Banken als „Komplizen“ der Geldwäscher da. Dass die Deutsche Bank auf einige Geldwäsche-Verdachtsmeldungen, wie bei ihren Russland-Geschäften, viel zu spät reagierte, wirft kein gutes Licht auf sie.
Es bleibt fraglich, ob es sich bei diesen Fällen wirklich um rein „historische“ Themen handelt, wie die Deutsche Bank in einer Stellungnahme sagt. Doch der Fokus auf einzelne „Bad Banks“ lenkt nur vom eigentlichen Problem ab. Eine Verdachtsmeldung ist nur die Meldung eines Verdachts und für sich allein noch kein Beweis der Schuld, erst recht nicht für die meldende Bank.
Durch die Zunahme an Sorgfaltspflichten verschicken Banken heute jährlich tausende Verdachtsmeldungen – und zur Sicherheit lieber eine zu viel als zu wenig. Die FinCENLeaks umfassen gerade einmal 0,02 Prozent der zwölf Millionen Verdachtsmeldungen, die zwischen 2011 und 2017 bei der US-Behörde eingingen.
Über die große Menge an Verdachtsmeldungen waschen Banken ihre Hände in Unschuld, leider aber auch eine Unmenge krimineller Gelder. Denn die nationalen FIUs sind unterbesetzt und oftmals überfordert, in den Datenmengen relevante Hinweise für Strafverfolgungsbehörden zu finden. Sie sind der Flaschenhals, der den Erfolg der Geldwäschebekämpfung unfreiwillig sabotiert.
Fokus auf Qualität statt Quantität
Regtech und Machine Learning könnten einen wichtigen Beitrag leisten, dass sowohl Banken als auch die FIUs bei Verdachtsmeldungen den Fokus mehr auf Qualität (Risikogröße) statt auf Quantität legen. Doch das Problem sind nicht nur die Prozesse bei Banken oder FIU: In Deutschland herrscht eine Geldwäschebekämpfung der vier Geschwindigkeiten.
Wenn das Viergespann aus Melder, FIU, Polizei und Justiz zu langsam ist, sind nicht die Pferde schuld – es ist der Reiter, der nichts taugt. Und die Zügel hält bei der Geldwäschebekämpfung immer noch die Politik.
Die jüngsten Vorstöße aus Berlin machen wenig Mut: Statt die FIU endlich besser aufzustellen, sieht eine gemeinsame Gesetzesinitiative von Justizministerin Christine Lambrecht und Finanzminister Olaf Scholz vor, den Vortatbestand der Geldwäsche auszuweiten und voraussichtlich die Menge an Verdachtsmeldungen weiter zu erhöhen.
Ob dies wirklich zu mehr Verurteilungen führt, ist fraglich. Sicher ist, dass es den Aufwand von Banken drastisch erhöhen und die ohnehin überbelastete FIU an den Rand der Arbeitsfähigkeit bringt.
Tipp: Erfahren Sie in der Infografik „Die Spitze des Eisbergs“ mehr zum Top-Thema Geldwäsche und dessen Bedeutung für die Finanzbranche.