BANKINGNEWS: Die Gothaer hat ein Tochterunternehmen namens Gothaer Digital GmbH gegründet. Ersetzt dieses Unternehmen die Abteilung Digitalisierung und Datenmanagement, welche Sie seit 2016 leiten?
Emanuel Issagholian: Nein, diese interne Abteilung bleibt bestehen und widmet sich weiterhin den drei Gebieten Digitalisierung, Data Management und Data Science. Sie ist der fachliche Owner für die Datenplattform der Gothaer und Kompetenzcenter für Künstliche Intelligenz. Bei den beiden letztgenannten Aufgaben ist es wichtig, die Kompetenzen innerhalb der Gothaer vorzuhalten. Außerdem erspart es viele Herausforderungen rund um Datenschutz und -sicherheit, die bei einem Outsourcing auftauchen würden. Beim Thema Digitalisierung ist die bestehende Abteilung auf die strategische Komponente fokussiert. Wir kümmern uns um die Digitalisierungsstrategie des Konzerns, fördern den Einsatz von Innovationsmethoden und tragen diese in den Konzern hinein. Außerdem unterstützen wir die Fachbereiche dabei, Start-up-Kooperationen zu realisieren. Wir bewegen uns eher auf einer strategischen Flughöhe, als dass wir digitale Lösungen und digitalen Content entwickeln.
„Skills im Haus aufbauen, statt sie nach Projektende zu verlieren“
Bei der Gründung der Gothaer Digital GmbH stand ein anderer Gedanke im Fokus: Im Kontext neuer Geschäftsmodelle geht es in den meisten Fällen auch um die Entstehung digitaler Inhalte und Lösungen. Für die Entwicklung eines Versicherungsprodukts benötige ich Versicherungsexpertise. Für digitale Lösungen muss ich Entwicklungspfade festlegen, Prototypen bauen, Kunden befragen und das Design nachjustieren, bis ich etwas habe, das ich zu einem MVP (Minimal Viable Product = erste minimal funktionstüchtige Version eines Produkts; Anm. d. Red.) weiterentwickeln und letztlich skalieren kann. Dafür benötige ich bestimmte Skills und Know-how. Zukünftig sollen die Ideen für Geschäftsmodelle weiterhin aus der Gothaer kommen. Die notwendigen Skills für die Detaillierung der Geschäftsmodelle bis hin zu ersten Prototypen müssen bisher häufig extern hinzugekauft werden. Typischerweise sind das Entwicklerskills oder kreativ ausgerichtete Profile aus dem Bereich UX-Design, die sich in der Versicherungslandschaft kaum finden. Diese konzeptionellen Skills möchten wir im Haus aufbauen, anstatt sie nach Beendigung eines Projekts wieder an den externen Dienstleister zu verlieren. Daher haben wir eine eigene Digitaleinheit gegründet.
Sie werden sich räumlich dem InsurLab Germany in Köln anschließen. Welche Mehrwerte erhoffen Sie sich dadurch?
Die erste wichtige Botschaft ist, dass wir bewusst die Nähe zur Gothaer beibehalten. Wir können die Zentrale in 15 Minuten erreichen, was eine enge Zusammenarbeit sicherstellt. Das InsurLab bietet uns die Nähe zu einem der wichtigsten Hubs in der Region sowie eine hervorragende Vernetzung mit der digitalen Szene und Start-ups. Das fördert die Kreativität und die Motivation der Mitarbeiter. Die richtigen Skills zu finden, ist eine zentrale Aufgabe. Und dazu benötigen wir ein Arbeitsumfeld, das auf die Anforderungen der Mitarbeiter zugeschnitten ist. Das InsurLab erfüllt diese Anforderungen.
„Manchmal agil, manchmal nicht“
Die Gründung von Labs und Digitalisierungseinheiten geht in der Regel auch mit einer veränderten Arbeitskultur einher. Haben Sie einen bestimmten methodischen Ansatz?
Der Einsatz agiler Entwicklungsmethoden und Organisationsformen rückt auf jeden Fall in den Fokus – aber ich bin kein Freund einer sklavischen Doktrin, was Methoden angeht. Daher benötigen wir Mitarbeiter, die Erfahrungen sowohl in agilen als auch klassischen Projekten mitbringen. Von Projekt zu Projekt muss die ideale Methode gefunden werden – manchmal ist sie agil, manchmal nicht.
Welchen Typus von Mitarbeiter wünschen Sie sich für Ihr Team?
Wir haben entschieden, dass wir bereits in der Geschäftsführung zwei unterschiedliche Profile als sehr sinnvoll erachten. Ich repräsentiere eher das Know-how aus der Versicherungswelt, bleibe gleichzeitig Leiter der Abteilung Digitalisierung und Datenmanagement und bilde somit den Brückenkopf zwischen Gothaer und Gothaer Digital. Sören Heinzmann hatte hingegen zuvor kaum Berührungspunkte zu Versicherungen, kennt sich dafür in der digitalen Szene aus, hat ein Start-up gegründet und Gründungen bei einem Company Builder begleitet. Als Experte für digitale Geschäftsmodelle wird er die Einheit operativ vor Ort leiten. Zwei Beispiele für weitere Positionen, die wir besetzen werden, sind ein UX-Designer und ein Product Owner. Wir werden mit sechs Mitarbeitern starten und das Set-up in einem Jahr gemeinsam mit dem Vorstand überprüfen.