Wenn man im zugegeben sehr jungen 2023 auf ein Wort des Jahres setzen müsste, wäre “Unsicherheit” wahrscheinlich ein guter Tipp. Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise, Versorgungsengpässe, eine hohe Inflationsrate mit ihren Konsequenzen in der Geldpolitik und mögliche weitere Corona-Varianten werden Banken beschäftigen. Sie werden sich aufgrund der großen Unwägbarkeiten auf ein herausforderndes makroökonomisches Umfeld und eine wahrscheinlich schwächelnde Wirtschaft einstellen müssen. Sie sollten sich auf Kreditausfälle vorbereiten.
Einer Analyse von Deloitte zufolge sind große – und es lässt sich schließen internationale – Institute, die über entsprechende Kapitalpuffer verfügen, für diese Lage aber gut gerüstet. Eine Ausnahme bilden deutsche Banken, die insgesamt vor Schwierigkeiten stünden. Im Vergleich zu den Wettbewerbern in den Industriestaaten erzielten sie eine niedrige Eigenkapitalrendite. Die Unternehmensberatung schätzt, dass dies auch mittelfristig so bleiben wird. Ein wenig anders sieht das etwa die Börsen-Zeitung: Sie bescheinigt deutschen Banken, dass sie gut aufgestellt “gegenüber den aktuellen makroökonomischen und geopolitischen Herausforderungen” seien.
Neue regulatorische Anforderungen und Payment-Termine 2023
Festzuhalten ist, dass das Zinsumfeld in 2023 volatil bleiben und daher der Provisionsertrag für Banken zusätzlich an Bedeutung gewinnt. Um die Provisionen zu verdienen, bleibt das altbekannte Lied der kundenorientierten Beratung für Banken ein Evergreen. Technik kann hier unter die Arme greifen. Sinnvoll eingesetzt, sorgen digitale Helfer insgesamt auch für Kosteneinsparungen – die wohl alle Banken gut gebrauchen können.
Nicht nur die Kosten, sondern auch die regulatorischen Anforderungen sollten Banken im Blick behalten. Dazu zählen unter anderem Basel IV, CRR III sowie CRD VI. Die EU-Taxonomie-Verordnung verpflichtet Banken, offenzulegen, welche Kredite Auswirkungen auf die Pariser Klimaziele haben. Und das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, betrifft Banken ebenso an einigen zentralen Stellen. Darüber hinaus steht PSD3 am Horizont und die EU-Kommission plant die Instant-Payment-Verordnung.
Im Zahlungsverkehr gibt es noch weitere wichtige Daten und Neuerungen. So wird mit der TARGET2/T2S Konsolidierung etwa das bestehende TARGET2 Zahlungsverkehrssystem abgeschaltet und durch T2 am 20. März 2023 ersetzt. Außerdem dürfen ab 1. Juli 2023 in den meisten europäischen Ländern keine neuen Karten mehr mit Maestro-Funktion ausgegeben werden. VISA möchte für V-Pay nachziehen. Damit bauen die amerikanischen Schemes ihre Marktmacht aus, was zu Preissteigerungen führen könnte. Aufgrund des anhaltenden Buy-Now-Pay-Later-Trends sehen sich die Regulatoren zum Eingreifen gezwungen. Das Europäische Parlament beschloss im Dezember 2022, dass die Mitgliedstaaten von Kreditgebern vor Abschluss eines Kreditvertrags eine gründliche Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vornehmen müssen. Auf diese Weise sollen Verbraucher vor Überschuldung geschützt werden.
Personal, ESG und Cybercrime auf der Tagesordnung
Was ist sonst noch wichtig? Der Fachkräftemangel. Einer Studie von von onlyfy by Xing zufolge gehen 67 Prozent der Personalentscheider davon aus, dass sich der Fachkräftemangel 2023 noch verschärfen wird. In Unternehmen mit über 250 Beschäftigten sind die Prognosen noch düsterer. Hier glauben 78 Prozent an einer Verschlechterung der Lage. Umschulungen, Weiterbildungen und Quereinsteiger-Programme sind also gefragt. Kreative Wege beim Personalmarketing können und dürfen in der Finanzbranche ausprobiert werden.
Experimente sollten bei der Cybersicherheit keine gemacht werden. Es ist zu erwarten, dass Kunden und Unternehmen im neuen Jahr erneut mit einer Vielzahl an Angriffsformen konfrontiert sein werden. Mandiant, Teil von Google Cloud, rechnet im “Cyber Security Forecast 2023” damit, dass in Europa besonders Cyber-Operationen im Zusammenhang mit der Energiekrise und dem Ukrainekrieg sowie Ransomware-Angriffe zu erwarten sind. Das Unternehmen sieht darüber hinaus, dass eine Gefahr von Hackern ausgeht, die im Dienst von Staaten wie Iran, Russland, Nordkorea und China stehen.
Um auf einer positiven Note zu enden: Natürlich ist Nachhaltigkeit auch weiterhin als Zukunftsfeld zu identifizieren. Der Klima- und Umweltschutz bleibt relevant, Finanzunternehmen müssen aber auch ihrer sozialen und unternehmerischen Verantwortung nachkommen, ESG also in vollem Maße in ihr Geschäftsmodell integrieren. Da das auch andere Unternehmen tun und der Staat hier ebenfalls große Pläne hat, können Banken als Finanzierer der nachhaltigen Transformation dabei Chancen nutzen.
Birgit Storz vom Schweizer Beratungsunternehmen Egon Zehnder spricht in einer Serie von Finanz-Szene gar von einem “Jahr der Chancen” für Banken. Diese sieht sie vor allem im Kauf von vielversprechenden Start-ups, dem Ausbau der Kooperationen mit jungen Unternehmen und dem Personalrecruiting im Fintech-Umfeld. So ließen sich Kompetenzen und Innovationskraft erhöhen.
TIPP: Sie möchten Sie mehr über aktuelle Entwicklungen aus der Finanzbranche erfahren? Dann lesen Sie hier mehr zu der Glanzzeit des deutschen Arbeitsmarktes oder erfahren Sie hier, wie es um unsere Cybersicherheit bestellt ist.