BANKINGNEWS: Herr Seidl, warum wurde die comdirect Start-up Garage ins Leben gerufen?
Pidder Seidl: Wir wollten uns noch stärker mit der Fintech-Szene vernetzen und als Frühphasen-Accelerator die Trends von morgen gemeinsam erforschen. Dabei erhalten die Fintechs Zugang zu Banking-Expertise und unseren Kunden sowie ein Coworking-Büro und 10.000 Euro Pizza-Money, das nicht zurückgezahlt werden muss. Im Gegenzug entwickeln sie Prototypen, die uns idealerweise so sehr begeistern werden, dass wir nach dem Venture-Client-Ansatz der erste Kunde werden.
Wie muss man sich die Arbeit in der „Garage“ konkret vorstellen?
Wir starten mit dem Kick-off-Workshop. Dann arbeitet das Start-up frei an seiner Vision. In regelmäßigem Austausch gehen wir zum Sparring, aber die letzte Entscheidung haben immer die Gründer. Im Midterm Pitch stellt das Start-up den aktuellen Zwischenstand des Prototypen vor. Im Final Pitch werden die Endergebnisse aus der gesamten Zeit in der Garage präsentiert und entschieden, ob wir das Thema weiterverfolgen wollen.
Woher kommen die Ideen?
Teilweise von externen Start-ups, aber immer häufiger auch von internen Mitarbeitern aus den Fachbereichen, die gerne etwas ausprobieren wollen. Bei den Start-ups richtet sich unser Fokus nicht mehr nur auf Fintechs, sondern auch auf andere Branchen und Technologie-Start-ups. Wichtig ist, dass wir gemeinsam eine Idee entwickeln, die unseren Kunden einen Mehrwert liefert. Unsere Mitarbeiter können sich über interne Wettbewerbe wie „Collabothon“ oder „Die Höhle der Antilopen“ beteiligen. Häufig verbinden sie hierbei ihre Wünsche als Kunden mit bestehenden Problemen der Bank und kommen so auf Lösungsansätze, die wir gemeinsam genauer erforschen.
Was ist der größte Innovationstreiber: wirtschaftlicher Druck oder eigene Motivation?
Die eigene Motivation. Eine Innovation kann nur erfolgreich sein, wenn sie kontinuierlich verbessert wird. Diese Rolle übernimmt meist der Ideengründer. Selbst wenn es manchmal einfach ausschaut, ist es bis zur bahnbrechenden Innovation ein weiter Weg. Weder Amazon noch Google wurden innerhalb weniger Tage geschaffen. So etwas ist immer Ergebnis aus jahrelanger harter Arbeit. Viele Leute kommen auf gute Ideen, aber nur wenige kommen auf sehr gute Ideen. Und nur die wenigsten schaffen es, herausragende Ideen auch umzusetzen.
Wie können die Banken sich gezielt gute und innovative Ideen ins Haus holen?
Finanzinstitute müssen neue Wege bei der Mitarbeitersuche gehen. Es geht darum, heute die Entrepreneure von morgen zu entdecken und ihnen die Freiräume zu geben, ihre Vision von einer besseren Bank und einer besseren Welt im eigenen Finanzinstitut auch umzusetzen.
Welche Rolle spielt Intrapreneurship dabei?
Eine immer wichtigere. Banker müssen wie Gründer denken und mögliche Kosten und Risiken entsprechend kalkulieren und abwägen, damit Banken weiter an Agilität und Geschwindigkeit gewinnen können. Das ist auch wichtig, um den Wandel der Finanzinstitute von Service- zu Technologieunternehmen weiter voranzutreiben. Vielen Instituten ist gar nicht bewusst, wie viele innovative Ideen innerhalb der eigenen Organisation schlummern. Aber es genügt nicht, ein Vorschlagswesen zu etablieren. Man muss neue Formate schaffen, um Mitarbeitern auch eine geeignete Bühne zu geben.
Interview: Laura Kracht