Können Banken und Sparkassen „Innovation“?

Kritische Stimmen behaupten „Die Einführung von Geldausgabeautomaten ist die letzte Innovation im Bankensektor gewesen“. Dies ist bekanntlich in den 70ern erfolgt und somit bereits einige Jahrzehnte her. Herrscht seitdem Innovationsstillstand in der Bankenbranche? Laut Wikipedia liegt eine Innovation vor, wenn Ideen „in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden, die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und…


Kritische Stimmen behaupten „Die Einführung von Geldausgabeautomaten ist die letzte Innovation im Bankensektor gewesen“. Dies ist bekanntlich in den 70ern erfolgt und somit bereits einige Jahrzehnte her. Herrscht seitdem Innovationsstillstand in der Bankenbranche?

Laut Wikipedia liegt eine Innovation vor, wenn Ideen „in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden, die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen“. Nun, gerade jetzt, wo Kreditinstitute jede Menge Druck verspüren und auf gute Ideen und Lösungen für ihre gegenwärtigen Probleme angewiesen sind, sollte doch wahrlich genug Anreiz für Innovationen bestehen. Und warum passiert dennoch offensichtlich nichts?

Fintechs erfinden das Bankgeschäft nicht neu

Wenn wir über Innovationen im Banking diskutieren, verweisen wir häufig auf FinTechs, die mit neuen Anwendungen auf den Markt kommen. Dabei sind die wenigsten Neuerungen wirklich revolutionär. Meist geht es um Verfeinerungen oder die Weiterentwicklung bereits vorhandener Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse. Dabei erfinden auch FinTechs das Bankgeschäft nicht neu. Sie greifen sich aber gezielt einzelne Prozesse im Banking heraus und verstehen es, diese durch intelligente Datenanalyse nutzergerecht zu individualisieren und dabei von Automatisierung und Standardisierung zu profitieren. Dennoch käme wohl keiner der FinTechs auf die Idee, eine eigene Bank zu gründen.
Mein Alltag als Unternehmensberater in Banken und Sparkassen spiegelt mir durch zahlreiche Eindrücke ein Bild von verbreitet anzutreffenden Verhaltensmustern der dort tätigen Menschen.

Trotz Regulierungsflut nicht die Kernaufgaben aus den Augen verlieren

Wir haben die Mitarbeiter während der letzten Jahre mit einer inzwischen unüberschaubaren Menge an Gesetzen, Verordnungen, Anweisungen und Regeln gepiesackt, die es alle zu befolgen gilt. Mancher mag spätestens seit der Finanzmarktkrise sagen „selbst schuld!“
Aber: Das stete Beachten von Regeln hinterlässt in den Kreditinstituten auch eine spezifische Kultur. Eine Bankmitarbeiterin hat es im Projekt einmal auf den Punkt gebracht: „Wir arbeiten hier mit dem Ziel keine Fehler zu machen, nicht um Erfolg zu haben!“ Ich behaupte: Wo es im Kern hauptsächlich darum geht, keine Fehler zu machen, sieht es verdammt schlecht für innovative Ideen aus.

Auch Fehler können ihren eigenen Wert haben

Stehen damit Innovationen und die selbst geschaffene Unternehmenskultur in Banken in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander? Nicht unbedingt. Einen guten ersten Schritt können Kreditinstitute gehen, indem sie trotz des stark regulierten Umfelds deutlich machen, dass auch Fehler einen eigenen Wert haben. Die gelben Post-it-Klebezettel sind ein schönes Beispiel dafür: Sie entstanden bei der Suche nach einem neuen Klebstoff im Unternehmen 3M. Dabei wurde der entwickelte Klebstoff zunächst als ungeeignet angesehen, weil er nicht genügend Haftung aufwies.
Aus der Industrie kennen wir schon länger das Prinzip einzelner Hersteller, Lösungen und Produktverbesserungen im engen Austausch mit den eigenen Kunden zu entwickeln. Warum also in der Bank immer nur aus der eigenen Perspektive heraus nach der Lösung suchen, statt in einem offenen und unvoreingenommenen Austausch mit Kunden das gemeinsame Kreativpotenzial nutzen?

Probiert etwas Neues aus!

Eine etwas weitergehende Maßnahme besteht darin, innerhalb der Bank eine kleine Gruppe an Querdenkern zu versammeln. Diese sind aufgefordert, Ideen zu entwickeln, wie sie das eigene Institut angreifen und so dessen Schwachstellen und ungenutzten Potenziale gezielt und schonungslos ausnutzen würden. Dabei sollte den Querdenkern jeder erdenkliche und gerade noch zumutbare Freiraum eingeräumt werden, um nicht von vornherein die Kreativität der Ideen zu beschränken. Aus den entwickelten Ideen entstehen neue Ansätze für die Bank selbst. Zugleich wird deutlich, wo die Defizite im Institut liegen. Dies gibt wichtige Impulse für die Beseitigung dieser Schwachstellen.
Mein Fazit: Auch wenn die vorherrschenden Bedingungen in Banken und Sparkassen Grenzen für das Ausprobieren von Neuem setzen, so liegt es in der Bereitschaft jedes einzelnen Unternehmens kreativ damit umzugehen, das Innovationspotenzial des Institutes zu fördern und im eigenen Interesse zu nutzen.

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