BANKINGNEWS: Herr Eschbach, wo sehen Sie die Finanzindustrie beim Thema Embedded Finance? Derzeit scheinen eher Neobanken und Fintechs den Markt zu bespielen.
Daniel Eschbach: Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, würde ich schon sagen, dass das Thema anfangs heißer gekocht wurde, als es tatsächlich ist. Es geht immer um Disruption und das angebliche Ende des Bankenmonopols. Darüber macht man sich als Kreditinstitut natürlich Gedanken. Mit der damaligen Welle neuer Player wurde auch gern damit kokettiert, dass 45 Prozent der Finanzierungslösungen bereits heute am Point of Sale abgeschlossen werden. Und da passt Embedded Finance natürlich perfekt hinein. Bei Embedded Lending, Embedded Insurance oder Embedded Payments geht es ja im Grunde darum, dass dem Kunden eine nahezu perfekte User Experience inklusive Finanzierung und weiterer Zusatz- und Serviceleistungen nebst Check-Out geboten beziehungsweise bereitgestellt wird. Und dieser Check-Out an sich hat sich seit 2021 nicht wirklich verändert, wie wir es beispielsweise an den Playern wie PayPal oder Klarna sehen können. Und wenn ich reflektiere, welche Diskussionen diesbezüglich geführt werden und was Banken ohnehin schon auf der Roadmap haben, muss sich jedes Haus ernsthaft fragen, ob oder besser wie es in ein solches Thema investiert. In dem Fall haben wir uns dazu entschieden, abzuwarten und uns ferner zu überlegen, welche Rolle wir als Bank in der Wertschöpfungskette spielen wollen sowie können und welche Kernkompetenzen wir einbringen.
Beobachten Sie diese Entwicklung auch in anderen europäischen Ländern?
Ich kann nicht für Gesamteuropa sprechen. Als Teil der Crédit Agricole Gruppe haben wir unsere Kernmärkte im Bereich Konsumentenkreditfinanzierung in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Und natürlich befinden wir uns im Austausch mit den Kollegen. Wir nehmen einige relevante Entwicklungen in diesem Bereich wahr, die sich unter Embedded Finance zusammenfassen lassen. Aber das gilt auch für den deutschen Markt, wenn man etwa zu N26 oder Solaris schaut. Was auffällig ist, ist dass sich namhafte Hersteller – sicherlich getrieben durch einen gewissen Hype, aber auch durch Versprechen (auf dem Papier) – in Sachen Konsumentenfinanzierung von traditionellen Banken getrennt und mit Fintechs kontrahiert haben. Was hier, meiner Meinung nach, deutlich unterschätzt wurde, ist das „Execution Risk“ und die Fähigkeit, dauerhaft eine stabile Performance zu liefern. Die lange Erfahrung, die wir als Bank in Themen wie Regulierung, Compliance, Skalierbarkeit und Stabilität sowie Risikomanagement und Zurverfügungstellung von wettbewerbsfähiger Liquidität einbringen, ist bezüglich langfristiger Kundenzufriedenheit ein echtes „Asset“. Darum wird heute wieder mehr darauf geachtet, mit wem eine Partnerschaft eingegangen wird. Conclusio: Kombiniere das Beste aus beiden Welten und gehe Partnerschaften ein. Wenn etwa Fintechs das Frontend bespielen, führt das zu einem Wettbewerbsvorteil auf der technischen Seite. Gepaart mit den oben angesprochenen Stärken einer Bank ist man in der Lage, äußerst wettbewerbsfähige Offerten abzugeben.
Partnerschaften sind das eine, der Kundenkontakt das andere. Müssen sich traditionelle Banken intensiver mit ihren Kunden beschäftigen?
Ja, absolut. Da haben wir Banken Optimierungspotenzial. Ich glaube, wir sind Teil der Lösung. Über Embedded Finance haben Banken nach wie vor die Möglichkeit, Kunden „einzukaufen“, die sie am langen Ende weiter betreuen und veredeln können. Banken haben hier die Chance, ihre Kernkompetenzen einzubringen und haben durchaus die Möglichkeit, die Kundenbeziehung zu optimieren. Allerdings muss man dafür auch gegebenenfalls ein paar Nachteile hinnehmen, denn der Kunde kommt im ersten Schritt über den Partner an die Bank. Dadurch gibt es Einbußen an der direkten Kundenschnittstelle. Was mich vor allem umtreibt, ist die Plattformökonomie. Ich muss meine Systeme so aufstellen, dass sie sich leicht in Partnerplattformen integrieren lassen. Durch unsere langjährige Erfahrung als Spezialist für Konsumentenfinanzierungen und unsere Mehrkanalstrategie wissen wir aber, wie wir diese Themen bespielen können und haben gleichfalls die Investments der letzten Jahre in dieses Thema gesteuert.
Mit Blick auf den raschen Erfolg von Apple Pay und Lösungen weiterer Tech-Konzerne: Verlieren traditionelle Banken in Zukunft die Kundenschnittstelle?
Das ist von Bank zu Bank verschieden. Es kommt immer auf das Geschäftsmodell der einzelnen Bank an. Bezogen auf die Creditplus ist oftmals nicht unbedingt entscheidend, wie der Kunde zu uns kommt, sondern, dass wir ihn ab da auf seinem weiteren Weg begleiten können. Natürlich möchten Apple oder andere Tech-Konzerne sich auch die Bankdaten zunutze machen, aber am langen Ende – sollten sie den Prozess End-to-End inklusive Finanzierung abbilden wollen – müssen sie dann auch mit Themen wie Regulatorik, Risikomanagement und Compliance leben. Hier sehe ich auch in Zukunft ausreichend Chancen, uns als Bank zu positionieren. Sicherlich haben wir uns in den letzten Jahren mehr von der Kundenschnittstelle entfernt, als dass wir sie gestärkt haben – mit dem ultimativen Risiko, ein reiner Produktprovider zu werden.
Wo sehen Sie künftig die größten Potenziale für Banken im Embedded-Finance-Bereich?
Es gibt ja bereits gute Beispiele von Embedded Finance. Inwieweit sie dann immer genau die Definition treffen, ist unterschiedlich. Die grundsätzliche Idee ist es, Produkt und Dienstleistung miteinander zu verbinden. Zum Beispiel gibt es das in unserem Autogeschäft mit Suzuki bereits, da Autohersteller und Finanzierer im Kontext eines Captive Modells sowieso eng zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang kommen das Insurance-Thema und dessen Verknüpfung mit weiteren Dienstleistungen immer wieder zur Sprache. Es geht also letztendlich um Bequemlichkeit, eine medienbruchfreie Customer Journey und die Verbindung der Finanzierung mit möglichst vielen produktnahen Dienstleistungen. Das heißt aber auch, dass man den Plattformgedanken von der Investitionsbereitschaft bis in die IT umsetzen muss. Das machen wir wirklich konsequent und binden die Mitarbeiter ein, um entsprechend modular agieren zu können. Dieses Angebot muss dann schnell implementiert und als Standard-API in den Prozess integriert werden, damit der Händler es am Point of Sale nutzen kann. Die Time-to-Market ist hier ein ganz entscheidender Faktor. Hier kann etwa auch ein Partnerschaftsmodell bei der Umsetzung unterstützen. Mit einem Fintech, das das Frontend stellt, und uns dahinter kann das eine sinnvolle Aufteilung sein.
Müssen Banken bei dem steigenden Druck also ihre Heran- gehensweise an den Produktverkauf ändern?
Da bin ich mir nicht so sicher. In den letzten drei Jahren sind einige Player mit neuen Ideen beziehungsweise neuem Produkt- verkauf an den Markt gekommen und waren dann auch relativ schnell wieder weg. Die BNPL-Landschaft wird sich etwa auch materiell ändern, jetzt, wo man für Geld wieder etwas bezahlen muss und das Thema Risiko in der Bankbilanz wieder eine Rolle spielt. Ich will damit sagen, dass man nicht auf jeden Zug aufspringen muss, sondern den einen oder anderenTrend ruhig mal aussitzen kann. Wie bereits geschildert, ist die Geschwindigkeit, mit der man neue Lösungen und Produkte auf den Markt bringt, ausschlaggebend. Hier ist entscheidend, dass man seine IT-In- frastruktur so ausrichtet, dass im Sinne einer Plattform modular agiert werden kann. Das wiederum hilft der Weiterentwicklung von Embedded-Finance-Lösungen. Banken und Versicherungen tun sich hier eher schwer, aber sie sind gewillt, das zu ändern. Wir haben aktuell etwa eine Partnerschaft mit der Wüstenrot – auf bilateraler Basis – wo wir einerseits eine Lösung für die Abwicklung von Konsumentenkrediten zur Verfügung stellen und Wüstenrot uns andererseits attraktive Bausparprodukte an die Hand gibt, die wir über unsere Filialstruktur vertreiben. Beides funktioniert nur mit integrativen IT-Lösungen, um Doppeleingaben und Ineffizienz zu vermeiden. Das ist nicht unbedingt Embedded Finance in Reinform, aber es zeigt sehr wohl auf, wie die Ko- operation zwischen Banken und Versicherern aussehen kann.
Interview: Dennis Witzmann
Daniel Eschbach
Creditplus Bank AG
Daniel Eschbach ist Chief Commercial Officer (CCO) bei der Creditplus Bank AG.
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