Millennials wollen Omni-Channel Banking à la Amazon

Man hört immer wieder den Vorwurf, dass Banken und digitale Innovation ein Widerspruch sind. Manche Banken bestätigen leider diesen Eindruck. Doch richtig angegangen, können Banken dieses Dilemma lösen.


Ich möchte mir einen e-Reader kaufen und logge mich auf meiner Amazon-App ein. Nach ein paar Minuten finde ich ein passendes Modell und lege es in meinen Warenkorb. Da mein Zug gerade einfährt, schließe ich die App wieder. Ein paar Stunden später bin ich Zuhause und logge mich erneut ein. Dieses mal auf meinem Laptop. Der von mir ausgewählte e-Reader befindet sich nach wie vor in meinem Warenkorb. Den Kauf kann ich innerhalb von Sekunden abschließen. Mehr noch, mir werden zum e-Reader ergänzende Produkte angezeigt. Amazon weist beispielsweise auf eine Schutzhülle aus Leder hin, die gerade im Angebot ist. Warum eigentlich nicht? Ich kaufe e-Reader und Hülle.

Banken mangelt es an Innovationskraft

Amazon macht es mir leicht, Produkte zu kaufen und rückt mein Interesse in den Fokus. Genau aus diesem Grund lieben Menschen digitale Dienste wie Amazon, Netflix und Spotify – sie sind einfach zu bedienen und liefern ein einzigartiges Kundenerlebnis. Egal welchen Touchpoint wir nutzen, wir erfahren ein personalisiertes und synchronisiertes Nutzererlebnis. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die erste Bank à la Amazon entsteht und ihren Kunden ein ebenso maßgeschneidertes und nahtloses Benutzererlebnis bietet. Ein Gedanke, den jeder Banker bereits auf dem Radar hat. Doch allein das Bewusstsein für diese Bedrohung beziehungsweise Chance wird den traditionellen Bankenhäusern nicht dabei helfen, die richtige Basis für eine digitale Transformation zu schaffen. Auch die meisten Innovationen aus der Fintech-Branche treffen hier nicht den Kern. Sind ihre Technologien noch so innovativ, bleibt ein grundlegendes Problem bestehen: Traditionellen Banken mangelt es an Innovationskraft. Die Schwierigkeit, mit FinTechs und ihren Ideen zu kollaborieren, bleibt bestehen. Monolithische, nicht zukunftsfähige IT-Infrastrukturen machen es den Banken schwer, von neuartigen Technologien zu profitieren und sie in das vorhandene Kernbankensystem zu integrieren.

Digitale Transformation bei Banken

Die digitale Transformation muss daher vor allem eines tun – eine zukunftsfähige Bank hervorbringen. Eine Bank, die agil und flexibel auf veränderte Kundenerwartungen und aktuelle Trends reagieren kann. Die Veröffentlichung neuer digitaler Geräte wie Wearables oder Phablets sollen ebenso wenig Kopfschmerzen bereiten wie die Integration neuartiger Bezahlprozesse. Ziel ist es, diese Technologien mit offenen Armen zu empfangen und den Kunden je nach Bedarf zur Verfügung stellen  zu können. Um diese Flexibilität auf Kundenseite zu erreichen, ist eine komplette Überarbeitung der bestehenden IT-Landschaft weder notwendig noch wünschenswert. Vielmehr müssen bereits getätigte Investitionen in bestehende Lösungen Wiederverwendung finden. Eine IT-Architektur der zwei Geschwindigkeiten ist hier der beste Ansatz. Die Entkopplung kundenorientierter Funktionen vom Kernbankensystem ermöglicht in Echtzeit auf Kundenbedürfnisse zu reagieren, ohne auf den Freigabezyklus des unterliegenden Kernbankensystems angewiesen zu sein. Ein entscheidender Vorteil dieser IT-Architektur besteht darin, dass für Änderungen im Front-End kein Programmieraufwand erforderlich ist. So können Marketingkampagnen in einem schnelleren Rhythmus umgesetzt werden, als es das Kernbankensystem üblicherweise zulässt. Gleichzeitig bleibt der gewohnte Freigabezyklus des Back-End Systems erhalten und beeinträchtigt weder Stabilität noch unterliegende Sicherheitsfunktionen.

Kunde in den Vordergrund

Es findet ein Paradigmenwechsel statt: Nicht die einzelnen produktzentrierten Silos der Banken, sondern der Kunde rückt in den Fokus. Business und IT können sich vollends auf diesen fokussieren und ein einheitliches Kundenerlebnis aufbauen, ohne auf einzelne Silos Rücksicht nehmen zu müssen. Dabei wird das Business-Team mit einem WYSIWYG-Editor ausgestattet und publiziert selbstständig Kampagnen, die auf einzelne Kundengruppen ausgerichtet sind.

Das IT-Team ist nicht länger im Publikationszyklus involviert und kümmert sich dank modularer IT-Architektur nun effizient um Integration und Erweiterung von Services. Neu entwickelte Funktionen werden anschließend dem Business-Team zur Verfügung gestellt. Die beschriebene Arbeitseinteilung wird durch eine Portallösung ermöglicht. Hierbei schiebt sich eine Präsentationsschicht zwischen Kunde und IT-Landschaft und integriert nahtlos Inhalte, Daten und Funktionalität multipler zugrundeliegender Kernbankenlösungen in eine einzige, von IT und Business-Team steuerbare, Plattform.

Banken: Stellt euch dem Innovationsdruck

Es ist an der Zeit, dass sich die traditionellen Banken dem Innovationsdruck stellen und die richtigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche digitale Transformation schaffen. Eine Portallösung wird den Bankhäusern dabei helfen, Millennials mit jenem modernen Omni-Channel Banking Erlebnis zu begegnen, das sie heutzutage von einer Bank erwarten, ohne das Kernbankensystem auf den Kopf stellen zu müssen.

Irina Schau ist seit 2015 als Consultant für Digitale Transformation und Innovation bei Backbase beschäftigt. Für die DACH Region zuständig, hilft sie Finanzdienstleistern dabei, die digitale Transformation für sich zu nutzen und erfolgreich in ihrem Unternehmen zu verwirklichen.
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