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BANKINGNEWS: Die Filiale ist tot – es lebe die Filiale. Schaut man sich die Abbau-Zahlen und Besuchsstatistiken der Bankfilialen an, dann dominiert eindeutig der Tod über das Leben. Kommen Sie da mit einem Filialkonzept
nicht etwas spät?
Frank Nebgen: Meiner Meinung nach kommen wir genau zum richtigen Zeitpunkt mit dem Filialkonzept. Aus einfachem Grund: Man muss nur mal das Wort „Filialschließung“ googlen, dann findet man Studien, die besagen: Bis 2030 wird jede zweite Bankfiliale geschlossen sein. Banken müssen das angesichts Kostendruck, Niedrigzinspolitik und Regulatorik umsetzen. Und auch wegen der zunehmenden Wettbewerber aus Übersee oder von Neobanken, die wir in Deutschland haben. Die entscheidende Frage ist: Was machen wir mit den Filialen, die am Ende übrigbleiben? Filialen müssen so konzipiert sein, dass sie hocheffektiv sind, den Kunden in den Mittelpunkt stellen und ihm ein Erlebnis bieten. Von daher sind wir genau zum richtigen Zeitpunkt in die Diskussion eingestiegen.
In Ihrer Filiale gibt es Präsentationen auf Touchscreens, die Möglichkeit, sich mit dem Handy einzuloggen, und personalisierte Werbung. Aber viele Banken arbeiten mit alten IT-Systemen. Ist das nicht eine Einschränkung für solch ein Konzept?
Wir haben im Cisco-Erlebnisforum keine fertige Filiale stehen. Wir reden da von einem Demo-Labor, wo wir in Zukunft mit Kunden neue Ideen erproben und generieren wollen. Ich räume ein, mit veralteten Systemen können wir das Rennen gegen Neobanken oder die Tech Riesen nicht gewinnen. Das beste Beispiel ist Amazon. Das Unternehmen kommt aus einer digitalen Welt. Die haben alle Prozesse digitalisiert. Sie sind effizient, kostengünstig und agil. Und wenn Amazon einen Shop aufmachen will, müssen sie einfach nur vier Wände
um ihre bestehende digitale Geschäftsstrategie ziehen. Das ist natürlich viel einfacher als der umgekehrte Weg. Wir als Banken haben 200 Jahre daran gearbeitet, Vertrauen beim Kunden aufzubauen und Filialen zu bauen, die damals absolut top waren. Aber diese Filialen heute zu digitalisieren, ist natürlich schwierig, weil es gewachsene Strukturen sind.
Was halten Sie von der Idee, wenn eine Bank richtig Geld sparen will, dass sie neben vielen Beratungsbüros nur noch einen Flagshipstore hat? Wäre das eine Horrorvorstellung für Sie?
Ich gehe schon lang nicht mehr zu meiner Bank, um Geld abzuheben. Dafür habe ich ja Supermärkte um die Ecke. Da gehe ich zweimal die Woche einkaufen und hole Geld, wenn ich es brauche. Dafür braucht man keine Bank. Ich hätte kein Problem mit zwei oder drei großen Filialen und dazugehöriger Beratungssatelliten, wo eine gute Beratung erbracht wird. Das würde mir als Kunde reichen. Aber das kommt immer auf den Kunden an. Habe ich viele Traditionalisten in der Bank, dann kommt das mit Sicherheit nicht so gut an.
Wir reden über die klassische Filiale. Aber Sie haben auch gezeigt, dass man eine Stele, einen Mini-Ausschnitt aus einer Filiale, in einer Lounge am Flughafen aufstellen kann. Da, wo man vermutet, dass der Kunde die Muße hat, sich zu einem Bankthema beraten zu lassen. Oder sehe ich das falsch?
Der Kunde kommt nicht mehr zur Bank. Wir müssen die Bank zum Kunden bringen. Dafür müssen wir schauen: Wo hält sich der Kunde auf? Zum Beispiel in der berühmten „Männerabstell-Station“ im Kaufhaus. Man könnte eine Stele bei den Umkleidekabinen aufstellen, wo die Männer ein Aktien- Quiz spielen können. Nehmen wir einen Starbucks oder eine Lufthansa-Lounge, eine Bahn-Lounge oder ein Fußballstadion – Orte, wo viele regelmäßig sind, um ihre Mails zu checken oder im Internet zu surfen. Da kann ich natürlich perfekt Dienstleistungen anbieten, um den Kunden in mein WLAN einzubinden. Er kann dann mit einem Gewinnspiel personalisiert werden, ich habe die IP-Adresse und kann einen Marketing-Prozess austesten, um den Kunden in meine Bank zu bekommen und von Mehrwerten zu überzeugen, die wir dort bieten.
Sehen wir 2020 in deutschen Banken Teile von Ihrem Konzept?
Es ist ja kein Produkt, das man mit dem Hubschrauber abholen und irgendwo hinsetzen kann. Wir wollen Teile daraus mit Kunden weiterentwickeln und Ideen generieren. Wir waren schon mit einigen Häusern im Gespräch und was am Ende dabei herauskommt, müssen wir sehen. Ich glaube, dass sich zeitnah die ein oder andere Lösung vielleicht verfestigt. All das geht natürlich nur, wenn die Banken sich bei gewissen Themen auch öffnen. Gerade bei der Frage „Was mache ich mit meinen Kundendaten?“.
Wie sieht es denn beim Thema Datenschutz aus?
Wenn man nach Amerika guckt, ist es ganz normal, dass mit Kundendaten gearbeitet wird. Nur in Deutschland haben wir da ein Problem mit dem Thema Datenschutz. Ich glaube, wenn wir am Markt bestehen bleiben wollen, müssen wir etwas aus den Daten machen, die wir generieren. Es ist wichtig, dass die Regeln bei der Transparenz der Daten eingehalten werden. Der Kunde muss immer die Hoheit über seine Daten haben und jederzeit sagen können: Das möchte ich nicht. Wenn wir Kunden aber ein auf sie zugeschnittenes Angebot zur Verfügung stellen, sagt doch keiner: Hör auf damit. Sie werden sich das Angebot anschauen. So müssen wir das nutzen. Das geht aber definitiv nur, wenn Banken die Systeme dafür haben. Wir müssen die Banken auch Cloud-fähig machen. Auch da muss ein Umdenken stattfinden, weil die Cloud manchmal als Sicherheitslücke gilt. Dabei nutzen wir selbst überall Cloudtechniken – nur nicht bewusst. Und man kann eine Cloud genauso sicher machen wie ein Legacy-System.
Interview: Thorsten Hahn