Innovation, Transformation und Valuecreation – drei Begriffe, die aktuell jedes Finanzinstitut beschäftigen, zogen sich auch durch das Programm von Innovations in Credit & Fraud 2019. Geladen von CRIFBürgel, versammelten sich am 6. Juni knapp 90 Experten in den Design Offices in Frankfurt, um sich über die Herausforderungen der digitalen Transformation auszutauschen. Christian Bock stimmte im Eröffnungsvortrag die Gäste auf das Programm ein: Während das Expertenforum im vergangenen Jahr noch von der Angst vor der EU-DSGVO geprägt war, biete sich in diesem Jahr mit Open Banking ein Thema, das deutlich sexyer ist, so der Geschäftsführer von CRIF Bürgel. Doch wie sich im Verlauf des Tages zeigte, lauern auch hier Risiken für die etablierte Finanzbranche.
Das machte bereits der Vortrag des PSD2-Experte Peter Rosemann deutlich. Seine Warnung an Banken, die der Digitalisierung zu gelassen begegnen: „Zustände wie in China, wo der Zahlungsverkehr zu 60% über Fintechs abgewickelt wird, sind auch in Deutschland möglich“. Innovationen werden vor allem von Kundenbedürfnissen getrieben, betonte Luca Agnesi von der BMW Bank. Mit Predictive Finance können Finanzdienstleister diese Wünsche sogar bereits erkennen, bevor der Kunde sie selbst realisiert. Der Schlüssel, damit Banken in Zukunft für sich und ihre Kunden Werte schaffen können, liegt vor allem in ihren Daten.
Datenqualität und Transparenz im Kreditgeschäft
Entscheidend sei aber nicht nur die Menge der Daten – stellte der Moderator Stephan Glismann-Bringmann (CRIF Credit Solutions GmbH) in seinem Pecha-Kucha-Vortrag fest – sondern vor allem die Fähigkeit, aus ihnen die richtigen Informationen abzuleiten. Wie das aussehen kann, zeigten Dr. Sebastian Schnelle, Head of Data Science der CRIF Bürgel GmbH, und Massimiliano Minei von der italienischen CRIF S.p.A in ihrem gemeinsamen Vortrag. Dort präsentierten sie dem Publikum neue Wege im Prospecting anhand von Use Cases aus Deutschland und Italien. Mit dem Einsatz von Advanced Analytics bringen sie Struktur in riesige Datenbanken und können so Vorhersagen treffen und potenzielle Kunden identifizieren. Der Trick ist, Daten zu generieren, statt sie nur zu sammeln: „Nicht nur die großen amerikanischen Unternehmen können das – wir auch!“, verkündete Schnelle am Ende des Vortrags selbstbewusst.
Auch der Vortrag von Ludolf Ebner, dem CEO von www.bankenscore.de, drehte sich um Datenqualität. Sein Unternehmen erleichtert KMUs mit einer offenen digitalen Bonitätsplattform den Zugang zu Krediten. Die Kunden können dabei ihre eigenen Bonitätsinformationen einsehen, ergänzen und korrigieren. Manuel Zollikofer von der CRIF AG und Marc Hallauer von der Comparis AG zeigten im Anschluss die Vorteile eines Selbsteinschätzungsportals für Konsumenten auf. Die beiden Unternehmen ermöglichen Schweizer Kunden mehr Transparenz bei dem dort sehr wichtigen, aber leider noch undurchsichtigen Thema Credit Scoring.
Sind Betrüger klüger?
Die Gefahr, bei Innovationen abgehängt zu werden, ist nicht das einzige Risiko für Banken, das auf der Veranstaltung diskutiert wurde. Mit neuem technischem Fortschritt ergeben sich nämlich auch für Betrüger ungeahnte Möglichkeiten, sich auf Kosten von Finanzdienstleistern und deren Kunden zu bereichern. Dieser Gefahr widmete sich die Podiumsdiskussion der Veranstaltung, deren Teilnehmer anhand der Leitfrage „Sind Betrüger klüger?“ diskutierten, wie mit der zunehmenden Professionalisierung von Kriminellen umzugehen ist.
Ob Betrüger tatsächlich heute schlauer sind, konnte dabei nicht endgültig geklärt werden. Während Bastian Steinbach (CRIF Bürgel GmbH) und Professor Dr. Andreas Del Re (VeriTrust GmbH) daran zweifelten, stellte Erik Manke, Inhaber von NoDolos und Dozent für Betrugssachbearbeitung der Polizei Hamburg, fest: „In der Summe sind Betrüger mit Sicherheit schlauer geworden“. Sein eigener Vortrag stützte diese These nicht. In der Geschichte über die Betrüger David und Arthur, die durch eine inflationäre Anzahl von Kontoeröffnungen die Aufmerksamkeit des Kriminaloberkommissar erlangten, war nichts von dem Bild des professionellen, intelligenten Betrügers zu erkennen. „Das Tolle an Betrügern ist, sie denken grundsätzlich, dass sie schlauer als die Polizei sind“, beteuerte er in seinem Vortrag. Zuletzt lachen konnte jedoch Erik Manke – und mit ihm das Publikum.
Erik Manke wird auch beim BANKINGCLUB-Kongress FRAUDMANAGEMENTforBANKS am 03.-04.09.2019 in Köln einen Vortrag halten. Mit dabei hat er einen ganz besonderen Gast: Der Kredit-Betrüger Reiner „Buxi“ Bongardt, der 2008 gefasst wurde und 2014 aus dem Gefängnis freikam, wird dem Publikum seltene Einblicke in die „Psychologie eines Betrügers“ gewähren.