Mikrokredite im gewerblichen Bereich gewinnen auch in Deutschland an Bedeutung
Bislang erhalten rund 60 Millionen Menschen, die mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen, einen Mikrokredit. Von ihnen waren mehr als 80 Prozent Frauen. Frauen gelten als besonders kreditwürdig. Sie sind leichter erreichbar als Männer, fühlen sich für das Überleben der Familie verantwortlich, haben wenig alternative Einkommensmöglichkeiten und erscheinen generell vertrauenswürdiger als männliche Kreditnehmer. Spätestens seitdem die Idee von Muhammad Yunus mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, gehören Mikrokredite zu den anerkannten Instrumenten der Entwicklungshilfe. Der Bedarf ist jedoch deutlich höher als das derzeitige Angebot: Ein Fünftel der Weltbevölkerung, das sind rund 1,2 Milliarden Menschen, leben in Armut. Viele von ihnen könnten über Mikrofinanzierung ihre Lebenssituation wesentlich verbessern. „Mikrofinanzierung hat sich als Instrument in vielen Ländern im Kampf gegen Armut und Hunger bewährt. Sie kann das Leben von Menschen tatsächlich verbessern, vor allem das Leben derer, die sie am dringendsten benötigen“, so Kofi Annan, ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Als wollte die staatliche KfW Bankengruppe einen Beitrag leisten zu der derzeit öffentlich geführten Diskussion über die Schere zwischen Arm und Reich, überrascht sie mit der Erkenntnis, dass Mikrokredite auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen. Mikrofinanzierungen sind gemäß einer Definition der EU gewerbliche Finanzierungen mit einem Volumen von bis zu 25.000 Euro (in der Regel Kredite). Die Zahl der mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die eine Mikrofinanzierung in Anspruch genommen haben, ist von 2003 bis 2006 um 155.000 auf zuletzt 407.000 gestiegen. Ihr Anteil an allen fremdfinanzierten Unternehmen ist im selben Zeitraum von 8,8 % auf 12,4 % gewachsen. Dies zeigt, dass der Bedarf an individuell zugeschnittenen kleinteiligen Finanzierungsprodukten im Mittelstand wächst. Auch im Bereich der Unternehmensgründer spielen Mikrofinanzierungen eine nicht unerhebliche Rolle. So haben im Jahr 2006 254.000 Menschen ein Unternehmen mit Hilfe eines Mikrokredits gegründet, das sind 23,3% aller Unternehmensgründer. Bei einer deutlich überwiegenden Mehrheit lag der Finanzierungsbedarf unter 10.000 Euro, die meisten benötigten für ihr Projekt nicht mehr als 3.000 Euro. „Kleinvolumige Finanzierungen sind für eine Vielzahl von Gründern und Mittelständlern wichtig, um ihre Investitionsvorhaben verwirklichen zu können und um eine Vorfinanzierung des laufenden Geschäftsbetriebes zu gewährleisten“, sagte Dr. Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. Insgesamt haben im Jahr 2006 rund 661.000 Gründer und mittelständische Unternehmen einen Mikrokredit aufgenommen. Dies entspricht einem Gesamtvolumen von 5,28 Mrd. Euro. Von rund einer Million Gründern im Jahr 2006 haben knapp 23,3 % einen Mikrokredit in Anspruch genommen. Die meisten von ihnen sind mit einem Kreditvolumen von unter 3.000 Euro ausgekommen.
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