Die Talfahrt der Schweizer Großbank Credit Suisse geht weiter. Mit einem Verlust von 7,29 Milliarden Franken hat das Kreditinstitut im vergangenen Jahr das schlechteste Ergebnis seit der Finanzkrise eingefahren – 2008 hatte Credit Suisse mit 8,2 Milliarden Franken letztmals mehr verloren. Auch in 2023 rechnet man mit weiteren Verlusten. Als Gründe nannte man Abschreibungen im Zusammenhang mit dem laufenden Konzernumbau und der Ertragseinbruch der Investmentbank. Aber auch die Summe der Skandale der letzten Monate und Jahre hatten massiven Einfluss auf Geschäftsentscheidungen, Kundenvertrauen und Bilanz.
Beschattungen, Insolvenz und Betrug
Angefangen hat es in 2020, als Tidjane Thiam, damaliges Mitglied des Verwaltungsrats und Bankchef den ehemaligen Top-Managers Iqbal Khan nach seinem Wechsel zur UBS beschattete, um herauszufinden, ob dieser Kunden mitgenommen hatte. Die Schweizer Finanzaufsicht Finma attestierte der Credit Suisse seinerzeit nach einer Untersuchung schwere Mängel in der Organisation.
Auch in den Greensill-Skandal war das Kreditinstitut verwickelt. Die Berater der Bank hatten Geld von Investoren eingeworben und es in den als risikoarm geltenden Fonds angelegt. Doch als Versicherungsfirmen ihren Schutz entzogen, wurde der Fonds der Investmentgesellschaft Greensill Capital eingefroren. Die Folge: Greensill Capital musste im März 2021 Insolvenz anmelden. Zahlreiche Investoren haben die Credit Suisse zudem verklagt. Das Institut hat inzwischen nach eigenen Angaben 6,75 Milliarden Dollar an Investoren zurückgezahlt.
Eine weiterer Insolvenzfall folgte wenige Wochen nach Greensill. Archegos Capital Management rutschte aufgrund von Spekulationsgeschäften in die Zahlungsunfähigkeit, woraufhin die Bank einen Verlust von fünf Milliarden Franken einräumen musste. Credit Suisse wurde vorgeworfen, Warnsignale bei Archegos ignoriert zu haben.
Im Oktober 2021 verhängten britische und amerikanische Behörden eine Strafe von rund einer halben Milliarde Dollar gegen das Kreditinstitut, nachdem die Bank sich schuldig bekannte, Investoren wegen eines Darlehens in Höhe von 850 Millionen Dollar an Mosambik betrogen zu haben.
Drogenhandel und fragwürdige Kundschaft
Im Juni 2022 stand die Credit Suisse vor Gericht, weil sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft Geldwäsche für einen bulgarischen Kokainhandelsring betrieben haben soll. Die Bank bestritt dies jedoch vehement. Dennoch wurde die Bank wegen Organisationsversagen für schuldig befunden und zu einer Ersatzforderung von 19 Millionen und einer Buße von 2 Millionen Franken verurteilt.
Derzeit ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft Medienberichten zufolge in Zusammenhang mit einem Datenleck bei der Großbank Credit Suisse. Die Behörde geht dabei gegen einen Whistleblower vor, der Daten zu 18.000 Bankkunden an Journalisten übergeben hatte. Diese Daten hatten im Februar 2022 als “Suisse Secrets” für Schlagzeilen gesorgt. Im Zuge dessen wurde der Bank vorgeworfen, über Jahre korrupte Politiker, Kriegsverbrecher sowie Kriminelle, darunter Menschen- und Drogenhändler als Kunden akzeptiert zu haben.
Massive Umstrukturierung
Es erscheint in diesem Zusammenhang also wenig verwunderlich, dass in Folge der langen Skandalliste und der schlechten Geschäftsentscheidungen viele der verunsicherten Kunden ihr Kapital abzogen. Dabei soll es sich um eine Gesamtsumme von rund 110,5 Milliarden Franken im Schlussquartal handeln. Bis Mitte November waren es 84 Milliarden Franken gewesen. Die Lage scheint sich derzeit etwas beruhigt zu haben, dennoch sind die Anleihen der Bank noch immer mit einem kräftigen Risiko-Zuschlag behaftet.
Derzeit unterzieht sich die Bank starken Umstrukturierungsmaßnahmen. Besonders der Bereich des Investmentbankings wird aufgelöst und umverteilt. So lagert man etwa die Geschäfte mit Übernahmeberatung und die Platzierung von Anleihen in die Tochtergesellschaft Credit Suisse First Boston (CSFB) aus. Das Geschäft mit Kreditverbriefungen geht wiederrum für 0,8 Milliarden Dollar an den US-Finanzinvestor Apollo Global Management.
Stattdessen plane man sich künftig noch mehr auf die Vermögensverwaltung für Reiche und Superreiche zu fokussieren. Hier hat die Bank zuletzt im vierten Quartal 2022 einen Verlust von 155 Millionen Franken erlitten.
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