Die Weltausstellung im Jahre 1889 in Paris wartete mit vielen imposanten Maschinen und Bauwerken auf. Eines von ihnen überdauerte die Zeit und sollte zum Wahrzeichen der Stadt werden – die Rede ist vom Eiffelturm. Das einst höchste Bauwerk der Welt fungierte seiner Zeit als Eingangstor zur Ausstellung. Damals erfreute sich das Bauwerk jedoch nicht so großer Beliebtheit. Die schiere Größe war der Pariser Bevölkerung ein Dorn im Auge und man forderte den Abbau des Turms.
Zu jener Zeit hielt sich auch Victor Lustig in Paris auf. Lustig wurde 1890 in Böhmen, heutiges Tschechien, geboren. Er war der Sohn des Bürgermeisters von Arnau (heute Hostinné) und Pfeifen- und Tabakhändlers Ludwig Lustig. Mit 19 besuchte Victor Lustig die Universität Sorbonne in Paris. 1920 ging er in die USA und bewegte sich dort bald in wohlhabenden Kreisen.
Der Graf und seine Betrügereien
Lustig gab sich selbst den Titel „Graf“ und gaukelte in Übersee vor, zum europäischen Adel zu gehören. Schon damals zeigte sich seine kreative Ader, als er versuchte, die Menschen mit immer neuen Maschen um ihr Hab und Gut zu bringen. Eine davon war die Erfindung eines Holzkästchens, welches angeblich 100-Dollar-Noten drucken konnte.
1925 kehrte der vermeintliche Graf nach Paris zurück. Inspiriert vom Unmut der Bevölkerung über den Eiffelturm, entwickelte Lustig eine neue Masche. Gemeinsam mit seinem Komplizen Dan Collins, den er in den USA kennenlernte, wollte er das Bauwerk “verkaufen”. Der Plan: Lustig sollte sich als Direktor des Post- und Telegrafenministeriums ausgeben und seinen Opfern den Eiffelturm zum Kauf und Abriss anpreisen. Dazu holten sie Erkundigungen über die lokalen Eisenhändler ein und stahlen Briefpapier aus dem Postministerium, um Dokumente und Visitenkarten zu fälschen.
Zweimal ist Keinmal
Fünf Eisenhändler in und um Paris kontaktierte Lustig und bat sie, ein Angebot zur Demontage des Turms zu erstellen – natürlich unter größter Geheimhaltung. Danach traf er sich mit einem Stahlhändler. Hier gehen die Erzählungen auseinander. Einerseits wird von einem relativ unbekannten Geschäftsmann namens André Poisson gesprochen, während die Tochter Lustigs berichtet, es habe sich um einen Händler mit dem Namen Jacques Reynaud gehandelt.
Letztendlich gelang es Lustig einen Kaufvertrag für den 7.000 Tonnen Koloss abzuschließen, woraufhin er sich mit dem ergaunerten Geld und seinem Komplizen nach Wien absetzte. Dort studierte er akribisch die Zeitungen, in der Hoffnung, Nachrichten über seinen Betrug zu lesen. Als diese jedoch ausblieben, kehrte er zurück und versuchte es ein zweites Mal.
Dieses Mal zog sein Opfer jedoch die Behörden hinzu und der Betrug flog auf. Es stellte sich außerdem heraus, dass Poisson (oder Reynaud) nach Abschluss des Geschäfts beim Ministerium vorstellig geworden war. Die Mitarbeiter dort erklärten den Händler aufgrund seiner Aussagen, den Eiffelturm gekauft zu haben, für verrückt. Als dem Geschäftsmann klar wurde, dass er über das Ohr gehauen wurde, zog er es aus Scham vor, den Betrug nicht zur Anzeige zu bringen.
Lustig und Capone
Obwohl seine Masche aufgeflogen war, gelang es Lustig in die USA zu fliehen. Hier nahm er – wieder in der Rolle des Grafen – Kontakt zum berüchtigten Mobster Al Capone auf und bot diesem an, eine Summe von rund 50.000 Dollar innerhalb von 60 Tagen zu verdoppeln. Capone glaubte den Worten des “Grafen” und willigte ein. Lustig hatte jedoch niemals vor, das Geld zu verdoppeln. Stattdessen hinterlegte er die Geldsumme in einem Banksafe in Chicago und verließ für 60 Tage die Stadt.
Bei seiner Rückkehr gab er Capone sein Geld zurück und erklärte ihm, dass der Plan fehlgeschlagen sei und entschuldigte sich. Capone soll angeblich so überrascht von Lustigs “Ehrlichkeit” gewesen sein, dass er ihm einen Teil der 50.000 Dollar überlies.
1935 wurde Lustig endgültig gefasst und zu 15 Jahren Haft in Alcatraz in der Bucht von San Francisco verurteilt. Hier soll Al Capone angeblich sogar bis zu dessen Tod für den Schutz Lustigs gesorgt haben. 1947 erkrankte der Trickbetrüger an einer Lungenentzündung und verstarb zwei Tage später im Medical Center for Federal Prisoners in Springfield, Missouri.
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