Nach dem Wirecard-Eklat in 2020 musste sich auch die Bafin herber Kritik stellen. Kern der Behördenaufgabe ist es, Banken, Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel zu observieren. Und genau dieser Pflicht kam die Bafin laut vieler Experten unzureichend nach, wurden in diesem Zuge doch Prozesslücken bezüglich der Kontrollverfahren offenbart. Jedoch griff die Problematik noch viel tiefer und schaffte Transparenz für grundlegende Schwierigkeiten.
Beispielsweise beobachtet man ein leichtes Ungleichgewicht in den Bafin-Strukturen, welches auf eine höhere Gewichtung formaljuristischer Prozesse setzt. Ebenso deckte der Fall erhebliche Defizite in Bezug auf technischen Fortschritt und Internationalisierung im Finanzgeschäft auf.
Dieser Rückschlag festigte die Unabdingbarkeit einer Reform der Institution. Mit dem Anstoßen dieser, entschied Finanzminister Olaf Scholz, dass der Behörde zusätzliche Kompetenzen und Durchgriffsrechte zuteilwerden lassen sollten. Im Einklang dessen wurden jedoch viele weitere Aspekte in Richtung Veränderung bewegt.
Kulturreform für mehr Eigenständigkeit
Den wohl größten Wandel brachte der Präsidentschaftswechsel mit sich: Nachfolger des nun ehemaligen Chefs Felix Hufeld ist Mark Branson. Viele wittern in seiner Expertise und seiner bisherigen Performance mehr Biss und Durchsetzungsstärke. Aussagen seinerseits wie: „Die BaFin muss den Mut haben, unangenehme Entscheidungen zu treffen, auch wenn wir keine perfekte Informationslage haben und wenn damit gewisse Risiken verbunden sind“ unterstreichen den Eindruck. Es heißt außerdem, dass rund zwei Drittel der Reformpläne bereits realisiert seien, ein Drittel stehe demnach noch bevor.
Die Baustellen sind bereichsübergreifend: Im HR-Feld sorgte man für eine Aufstockung und eine differenziertere Arbeitsteilung. Damit einher ging die Eingliederung einer neuen Einheit, welche ihr Augenmerk besonders auf Finanzdienstleister mit besonders komplexen Geschäftsmodellen richtet – eine direkte Reaktion auf Systemlücken im Falle Wirecard.
Zusätzlich steht aus, Mitarbeiter der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung zu übernehmen und noch weitere zu recruiten. Auch hier hatte man aus dem Skandal gelernt, dass die Behörde mit zu viel verschiedenen Stellen der Prüfaufsicht nicht angemessen hat nachgehen können. Zugleich wurde es für relevant beschlossen, eine explizite Anlaufstelle für Whistleblower beziehungsweise Mitarbeiter mit prekärem Wissen zu besetzen.
Rückenwende zur Juristen-Kultur
Aber auch eine Erweiterung des Verantwortungskatalogs soll Teil des Umbruchs sein. Neu für die Bafin ist das eigenständige Durchführen von Durchsuchungen, die Beschlagnahme von Beweismitteln, sowie das Aussprechen von Vorladungen und die Durchführungen von Vernehmungen. Die Verfügbarkeit von Befugnissen bei der Prüfung von Geschäftsbilanzen wurde ebenso ausgebreitet, was nun in ausschließlicher Eigenregie vonstattengehen kann und sogar auf forensische Prüfung übertragen wird.
Die Vorsätze sind nicht zu knapp bemessen, eine Herausforderung stellt aber auch das tief verwurzelte Wesen der Bafin dar. Denn die Behörde zeichnet sich durch eine starke „Juristen-Kultur“ aus. Dieser Juristen-Überhang erschwert eine ganzheitliche Perspektive, ein Zuwachs an Finanzexperten könnte Abhilfe gewähren. Mit Branson, als ehemaliger Leiter der Schweizer Finanzaufsicht und selbst Finanzexperte, besteht vielleicht die Chance den Kulturschwerpunkt zu verschieben.
Die Bafin scheint aktiv an ihrer Attitüde schrauben zu wollen, mit einer klaren Vision davon wo sie hinmöchte. Die Tage extremer Bürokratie und zu kleinschrittiger Prozesse möchten gezählt sein – entgegenblicken will die Bafin einer schlagkräftigen Finanzaufsicht, die weiß, wie sie sich intern vernetzt und ihre Grenzen ausreizt. Druck und unrealistische Erwartungen dämpft Branson dennoch ab: „Es braucht mehrere Jahre, bis wir überall auf dem Niveau sind, das wir anstreben“.
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