Seit 2005 veröffentlicht die Umweltorganisation Germanwatch mit dem New Climate Institute jährlich eine Rangliste, die ausgewählte Länder auf verschiedene klimabezogenen Kriterien untersucht: Erneuerbare Energien (20 Prozent), Energieverbrauch (20 Prozent), Klimapolitik (20 Prozent) und Treibhausgasemissionen (40 Prozent). Dabei handelt es sich um Länder, die 92 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen zu verantworten haben. Numerisch werden 60 Staaten, inklusive der Europäischen Union als eigene Einheit, für den Vergleich herangezogen.
Mit Blick auf das Ranking für 2023 kann sich jedoch niemand wirklich auf die Schulter klopfen. Wie in den letzten Jahren bleiben die Plätze eins bis drei frei, da sich laut den Verfassern des Indexes noch kein Land nahe genug der 1,5-Grad-Zielgeraden bewege. Die gegenwärtige Führung übernimmt Dänemark – dicht gefolgt von Schweden, was das skandinavische Vorbildimage abermals bekräftigt. Dänemark erhält bei der Klimapolitik auf Nationalebene das Prädikat „gut“, auf internationaler Ebene gibt es sogar ein „sehr gut“. Im Bereich Energieeffizienz bestehe allerdings noch Optimierungsbedarf, eine Erreichung der Klimaziele für 2025 schätzt man folglich auch für Dänemark als kaum umsetzbar ein.
Deutschland rutscht weiter ab
In der oberen Riege befinden sich außerdem Chile und Marokko. Sie landen auf den Plätzen sechs und sieben. Deutschland legt wiederum eine Talfahrt hin, verschlechtert sich um drei Posten im Vergleich zum Vorjahr – und landet damit auf Platz 16. Laut Germanwatch ist zum einen der Verkehrssektor dafür verantwortlich, zum anderen die schleppenden Entwicklungen beim Ausbau erneuerbarer Energien. Mit einem Appell richten sich die Verfasser des Indexes an die Politik, das Konzept des öffentlichen Verkehrs zu optimieren. Denn besonders die Corona-Pandemie habe die Emissionen wieder ansteigen lassen. Jan Burck von Germanwatch und Mitautor der Studie stellt fest: „Die Deutschen fahren zu viel Auto“. Positiv aufgefallen waren jedoch die im Laufe der letzten fünf Jahre rückläufigen Pro-Kopf-Emissionen.
Ganz anders fiel das Ranking indessen für Indien aus – seit einigen Jahren bereits manifestiert sich das Land in den höheren Posten, in diesem Jahr erreicht es sogar den achten Platz. Der vergleichsweise geringe Energieverbrauch, ebenso wie die niedrigen Pro-Kopf-Emissionen kommen dem hier zugute. Nichtsdestotrotz braucht es auch hier eine politische Transformation, weshalb Experten einen baldigen Abstieg erwarten.
Die Negativbeispiele im Klima-Ranking
Am unteren Ende der Skala liegen Polen und Ungarn, die einzigen EU-Länder mit der Bewertung „sehr schlecht“. Noch habe sich Polen mit keinem offiziellen Statement zu konkreten Klimazielen geäußert. Darüber hinaus entwickeln sich die Wirtschaftsschwergewichte China und USA in gegenläufige Richtungen. Während China den größten Abwärtssprung um 13 Plätze hinlegt, konnten sich die USA ein wenig verbessern. Dies ist Joe Bidens progressiver Klimapolitik zu verdanken, allerdings reicht es aktuell nur für den Platz 52 – der Weg zu einer klimabewussten Politik bleibt also weit.
Noch schlechter schneiden die ölreichen Länder Kasachstan, Saudi-Arabien und Iran ab. Ebenso spannend wie der erste ist auch stets der letzte Platz: Hier wurde Australien von Russland abgelöst, was kaum verwunderlich ist. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine ließ die Treibhausgasemissionen enorm in die Höhe schießen. An dieser Stelle fällt der Klimaschutz einer Kettenreaktion zum Opfer, denn als Folge der kriegsbedingten Energiekrise suchen Länder nach akuten Lösungen und finden diese wieder eher in fossilen Brennstoffquellen.
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein langfristiges Projekt und demnach nicht der erste Zug auf den aufgesprungen wird, wenn es um eine schnelle Lösung der Energiekrise geht. Doch Europa zeigt sich hier bemüht und möchte den Wandel durch erneuerbare Energien beschleunigen. Was das für die ambitionierten Klimaziele im Endeffekt bedeutet, wird sich zeigen.
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