Arbeit ist im Wandel, immer schon. Früher gab es mal nur zwei „Berufe“: Jäger und Sammler. Es kamen zwar mehr dazu, doch lange in der Geschichte waren Arbeiter und Angestellte nicht frei. Später wurden Arbeitszeitregelungen getroffen, Gewerkschaften gegründet, es gibt Arbeitsschutz und Mindestlohn. Auch die Zahl der Berufe hat sich stark verändert und Spezialisierungen sind an der Tagesordnung. Ein Megatrend unserer Zeit: New Work.
Würde man den „Erfinder“ des Konzepts, den austro-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann fragen, würde er wahrscheinlich sagen, dass sich unsere Arbeitswelt nicht genug verändert hat, dass sie überholt sei. Denn da setzt sein Konzept New Work an.
Leben nur für die Arbeit? Das New-Work-Konzept
Doch was ist das eigentlich genau? New Work wird oft im Zusammenhang mit neuen Arbeitsmodellen wie SCRUM oder Agile verwendet und ist eher ein Sammelbegriff. Mit ihm bezeichnet man eine Sinnsuche in der Arbeit, eine „Bezahlung“, die sich nicht nur im Gehalt niederschlägt, sondern auch in Wertschätzung und Selbstbestimmung.
Wichtig ist also, was die Arbeit einem persönlich zurückgibt, ob man verantwortungsvolle Aufgaben bekommt, sich kreativ oder produktiv einbringen darf und das Gefühl hat, dass man etwas im Unternehmen erreicht.
Die zentralen Begriffe von New Work sind Autonomie Teilhabe an der Gemeinschaft und natürlich Freiheit. Denn Bergmanns Konzept basiert auf seiner Forschung zur Bedeutung und dem Verständnis von Freiheit in den USA, das er kritisch hinterfragt.
Für Bergmann ist Freiheit nicht als Entscheidung zwischen verschiedenen Optionen oder besseren und schlechteren Alternativen zu verstehen, sondern echte Freiheit sei, wenn man etwas tun kann, woran man glaubt. Ebenso kam der Philosoph zu dem Schluss, dass Arbeit eine große Quelle für Unfreiheit sei.
New Work: Ein Symptom unserer Zeit
Das Umdenken und Hinterfragen von Arbeitsmodellen hat sich durch Globalisierung, Digitalisierung und den demografischen Wandel beschleunigt, aber auch eine Mentalitätsänderung, die sich nach wie vor vollzieht, hat großen Einfluss darauf.
Denn bei New Work geht es besonders um Haltung, um die innere Einstellung. Dreh- und Angelpunkt von New Work ist also der Mitarbeiter: seine Individualität und sein Wohlbefinden steht im Fokus. Er wird als wertvollstes Gut angesehen, gerade vor dem Hintergrund des War for Talents. Entsprechend geht es beim New Work nicht nur um das Finden von fähigen Mitarbeitern, sondern sie sollen sich dem Unternehmen zugehörig fühlen und so gebunden werden.
Verschiedene Studien besagen, dass junge Leute vermehrt darauf schauen, was ihnen die Arbeit „bringt“, welche anderen Leistungen ihnen ein Arbeitgeber neben dem angemessenen Gehalt bietet, zum Beispiel das Gefühl von Verantwortung durch sinnstiftende Aufgaben. Das heißt wiederum auch: Wenn in einem Unternehmen New-Work-Modelle etabliert sind, kann dies im War for Talents einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen.
Somit ist New Work gewissermaßen symptomatisch für die moderne Gesellschaft, in der sowohl eine beschleunigte Individualisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt stattgefunden hat als auch ein zum Teil immenser Fachkräftemangel herrscht.
New Work in der Finanzbranche
Mit dem erfolgreichen Etablieren von New-Work-Modellen ist es aber auch so eine Sache: Es ist nicht mit einem „Schnipp“ getan und alle sind zufrieden. Vielmehr vollziehen sich diese Änderungen in einem teilweise langwierigen Prozess, an dem jeder einzelne Mitarbeiter des Unternehmens beteiligt sein muss. Im Kern betrifft der Erfolg all dieser Modelle nämlich immer die Unternehmenskultur.
Deshalb bedarf es auch einer neuen Form der Führung. Chefs im Elfenbeinturm werden hier nicht weiterhelfen. Vielmehr muss auf Augenhöhe geführt, flache Hierarchien und eine Vertrauenskultur aufgebaut werden.
Aspekte, die zunächst nicht unbedingt mit Banken und Versicherungen assoziiert werden, gelten die Branchen doch als recht traditionell. Und doch: Bei vielen Banken kommt New Work bereits zum Einsatz – und das durchaus erfolgreich. Hier sei auf die Aareal Bank Gruppe verwiesen, die mit dem Zukunftsprogramm „Aareal 2020“ die Basis für New-Work-Prozesse innerhalb der Gruppe geschaffen hat. Auch bei der Santander und bei der ING arbeitet man seit einigen Jahren mit neuen Modellen.
Im Interview in der BANKINGNEWS hat Ulrich Voigt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse KölnBonn, gesagt: „Auch in großen Anwaltsbüros kommen Partner und Anwälte ohne Krawatte. Als Organisation fragt man sich: Bleibt man Ewiggestriger? Gehört das zur Arbeitskleidung oder ist es Zeit, sich an die Kunden anzupassen? Wir hatten den Eindruck, dass ein krampfhaftes Festhalten an der Krawatte bei Kunden zunehmend zu Irritation und Distanz geführt hat.“ Eine veränderte Kleiderordnung in den Führungsetagen von Banken und Versicherungen ist ebenfalls als Schritt auf dem Weg in Richtung New Work zu sehen. Geschäftsführer und Vorstände von Finanzinstituten in Jeans und Hemd oder eben bei Frauen in Jeans und Blazer – ein Bild, das wir in Zukunft mit Sicherheit öfter zu Gesicht bekommen werden.
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