Brasiliens Neobank befindet sich auf dem Höhenflug. Im Dezember 2021 konnte die Nubank mit einem der größten Börsengänge des Jahres auf sich aufmerksam machen – pro Aktie fällt ein Ausgabepreis von neun US-Dollar an. Begonnen hat alles vor acht Jahren: Der Kolumbianer David Vélez, der Amerikaner Edward Wible und die Brasilianerin Cristina Junqueira schlossen sich zusammen, um das klassische Bankensystem herauszufordern.
Mit der Nubank zur Milliardärin
Doch nicht nur die aktuelle Erfolgswelle hebt die Nubank von anderen ab. Auch die die personelle Leitung ist besonders: Denn Cristina Junqueira ist eine von nur zwei Frauen, die die Führung der einhundert wertvollsten Start-ups in Brasilien übernehmen. Und nur drei Prozent der 500 Milliardäre weltweit sind nicht-männlich. Dazu zählt nun auch sich die Brasilianerin Junqueira, der 2,6 Prozent der Anteile an der Neobank gehören.
Ihre Idee war es auch, neuen Kontoinhabern eine Nubank-Aktie zu schenken. Innerhalb kürzester Zeit schnellte damit die Summe der Aktienbesitzer auf 7,5 Millionen. Ein weiteres Merkmal, auf das die Wirtschaftsingenieurin viel Wert legt: Der hohe Frauenanteil bei der Neobank. Eine weibliche Führungskraft dürfte auch mehr gleichgeschlechtliche Talente in das Unternehmen locken.
Das Spektrum der Diversität fasst aber darüber hinaus: 30 Prozent der Nubank-Belegschaft sind Mitglieder der LGBTQ+ Community. Leider müssen solche Aspekte immer noch betont werden, solange dies im herkömmlichen Bankensystem nicht gänzlich etabliert ist.
Wer ist morgen am wertvollsten?
Nicht zuletzt wegen ihres innovativen Charakters konnte die brasilianische Neobank in den acht Jahren ihres Bestehens 48 Millionen Kunden gewinnen. Dagegen sind die Zahlen des wertvollsten Finanz-Start-ups in Deutschland recht mager: Die N26 verzeichnet aktuell etwa sieben Millionen Kunden.
Auch die Zahlen der Neukundenzugänge sprechen Bände. Bei der Nubank liegen die täglichen Kontoeröffnungen bei 40.000. N26 darf nach ihrer Deckelung nur 50.000 Neukunden im Monat aufnehmen. Erfolg misst sich wohl am räumlichen Standard. Was sich im deutschen Raum an der Spitze befindet, muss sich im globalen Skalenbereich noch ein paar Stufen nach unten bewegen.
Allerdings liegen die Ertragszahlen pro Kunde bei der brasilianischen Neobank unter den Umsätzen von N26. Dies könnte auch an den geringen Gebühren und niedrigen Zinsen liegen, die den Kunden der Nubank auferlegt werden. Schätzungen zufolge besitzen 200 Millionen Menschen in Lateinamerika kein Konto. Viele besonders einkommensschwache Menschen haben neue Konten eröffnet, um staatliche Sozialhilfen zu erhalten. Dies spielte dem Kundenwachstum der Nubank enorm in die Karten. Damit ist auch künftig mit hohen Wachstumspotenzialen zu rechnen.
Doch die Neobanken-Welt ist ein hartes Pflaster. Nicht überall gelingt die Expansion wie gewünscht. Die Nubank hat zwar auch in anderen Staaten wie Mexiko und Kolumbien Wurzeln geschlagen, konnte sich dort aber noch nicht vergrößern. Und die amerikanische Direktbank Chime plant 2022 ihren ersten Börsengang und erwartet eine höhere Bewertung als die brasilianische Konkurrenz.
Kritische Stimmen weisen außerdem auf die Besetzung des Kontrollrates der Nubank hin. Hier machte man sich die Reichweite der brasilianischen Sängerin Anitta zunutze. Da sie branchenfremd ist, zweifeln einige an ihren Fähigkeiten und ihrer Bereicherung für das Board der Neobank.
Gegründet ist eine Neobanken schnell. Doch neben innovativen Methoden braucht es langfristig auch hohe Qualität und Erfahrung, um sich dem Wettbewerb stellen zu können. Welchen Wert kann man einem rasanten Wachstum beimessen, wenn auf der Überholspur noch viel schneller gefahren wird?
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