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Zurücklegen für bessere Zeiten? Die Deutschen sparen

Die Deutschen sind offensichtlich gut im Horten, Geldhorten. Sei es auf Girokonten oder Zuhause in der Schublade, hierzulande stauen sich einige Vermögen an. Doch wem bringt das eigentlich etwas?


Rund 1.400 Euro an Bargeld bewahrten Privatpersonen in Deutschland laut Bundesbank 2018 durchschnittlich zu Hause oder in einem Schließfach auf, die Deutschen sparen also fleißig

Die Deutschen sind im Sammelfieber. Aber sie sammeln nicht etwa Fußballsticker, die Europameisterschaft ist ja ohnehin verschoben, sondern die deutsche Bevölkerung hortet Geld. Das zeigen aktuelle Studien. Zum einen liegt laut einer Analyse des Fintech-Unternehmens Deposit Solutions ein ordentliches Vermögen auf deutschen Girokonten: nämlich über eine Billion Euro. Pro Bundesbürger seien es mehr als 12.000 Euro.

Damit war das Volumen im Frühjahr 2020 so hoch wie nie. Der Betrag hat sich seit im letzten Jahrzehnt etwa verdoppelt. Das heißt aber auch, dass mehr als 40 Prozent des Gesamtgeldvolumens auf unverzinsten Girokonten – oder sogar auf Tagesgeldkonten mit möglichen Negativzinsen – gehalten werden, wie die FAZ schreibt.

Sparen – aber für was eigentlich?

Und die Deutschen haben noch eine andere Art der „Geldanlage“: das Bargeldhorten Zuhause oder in Schließfächern. Die Deutsche Bundesbank sagt, dass Privatpersonen in Deutschland im Jahr 2018 durchschnittlich rund 1.400 Euro an Bargeld lagern. Interessant ist, dass die Bundesbürger im Durchschnitt „nur“ 107 Euro im Portemonnaie mit sich tragen.

Das ist aus einer Studie hervorgegangen, deren Ergebnisse die Zentralbank im Monatsbericht vom Juli 2020 veröffentlicht hat. Aufgrund der Anonymität gibt es kaum Statistiken zu Bargeldverbleib und -aufbewahrung, daher wurden etwa 2.000 Privatpersonen stichprobenartig dazu befragt. Diese Umfrage ergab auch, dass die Bargeldaufbewahrung bis zu einem Alter von 65 Jahren zu- und dann wieder abnehme. Daraus ließe sich schließen, dass die Befragten für den Ruhestandsbeginn sparen.

Außerdem hat die Befragung gezeigt, dass viele Bundesbürger kein oder nur wenig Bargeld halten, andere hingegen sehr hohe Bestände und, dass die Zuhause oder im Schließfach gehorteten Bargeldbestände mit zunehmendem Einkommen steigen.

Für wen ist Sparen gut?

Und warum das ganze Sparen? Wer dabei an steuerliche oder kriminelle Motive denkt, liegt daneben. Laut Bundesbank-Studie seien vor allem die praktische Handhabung von Bargeld (55 Prozent) und die Funktion als technikfreie Sicherheitsreserve (41 Prozent) Gründe dafür. Eine Rolle spielt dabei auch die Angst vor Cyberangriffen auf Banken.

Am häufigsten wird aber das niedrige Zinsniveau als Ursache für das Halten von Bargeldreserven angeführt. Das gaben 58 Prozent der Befragten an. „Bargeld dient der deutschen Bevölkerung nicht nur als Zahlungsmittel, sondern in hohem Maße auch als Wertaufbewahrungsmittel“, sagt Bundesbank-Vorstand Dr. Johannes Beermann.

Da schließt sich der Kreis zu der Analyse des Fintech-Unternehmens. Niedrige oder negative Zinsen bringen die Bevölkerung dazu, Geld Zuhause anzuhäufen. Und die, die es auf die Bank bringen, haben es oft auf unverzinsten Girokonten.

Dabei haben Banken, besonders bei der derzeitigen Lage, nichts vom Massen-Sparen. Kreditinstitute müssen entweder einen negativen Zins bei der EZB zahlen oder die Geldhäuser müssen Kreditausfälle fürchten, da die Bonität von Kreditnehmern in Corona-Zeiten unsicherer ist.

Auf die Balance kommt es an

Ob Sparen im Strumpf oder auf dem Girokonto – in jedem Fall wird das Geld nicht wirklich ausgegeben. Und das freut die durch die Corona-Krise angeschlagene Wirtschaft gar nicht. Denn im Monatsbericht der Bundesbank ist ebenso zu lesen, dass sich die deutsche Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 2020 aufgrund der Pandemie noch erheblich stärker verringert haben dürfte als im ersten Quartal des Krisen-Jahres.

Zurücklegen für bessere Zeiten, schön und gut. Doch zu viel Sparen ist für inländische Unternehmen schlecht, denn sie sind auf die Umsätze angewiesen, aber auch den Banken bringt das „zusätzliche“ Geld nicht wirklich etwas. Wie immer ist also ein angemessenes Mittelmaß beim Sparen und Ausgeben geboten. Denn wann bessere Zeiten kommen, ist derzeit noch nicht absehbar.

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