„Viele Entscheidungen werden unnötigerweise immer noch manuell getroffen“

Philipp Maltritz ist Expert Sales Financial Services & Insurance bei T-Systems International. Im BANKINGCLUB-Interview berichtet er, wie Banken durch die gezielte Optimierung ihrer KYC-Prozesse Verbesserungspotenziale heben.


BANKINGCLUB: Viele denken bei der Digitalisierung vorrangig an ihre IT-Systeme oder an digitales Banking, während KYC als regulierter Prozess eher seltener angegangen wird. Wieso ist das aus Ihrer Sicht zu kurz gedacht?

Philipp Maltritz: Bei dem Gedanken an Digitalisierung sind wir sofort bei der Kundenschnittstelle oder bei papierlastigen Prozessen innerhalb der Bank. Dabei verbirgt sich insbesondere in transaktionsbezogenen Prozessen und der internen Compliance wie dem KYC-Prozess hohes Verbesserungspotenzial, da diese oft mit hohem manuellem Aufwand verbunden sind. Diese Aufwände ergeben sich durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Systemen oder aber mit wenig Systemunterstützung und notwendigen händischen Kontrollen. Dabei lassen sich diese Prozesse durch moderne Technologien ebenfalls gut digitalisieren und automatisieren. Neben dem internen Nutzen von Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen und besseren und transparenteren Entscheidungen kann vor allem veränderten Marktbedingungen und angepasster Regulatorik, Stichwort DORA, sowie steigenden Kundenansprüchen an Servicequalität und -geschwindigkeit Rechnung getragen werden.

Sie haben gerade von Kosteneinsparungen gesprochen. Können Sie uns auch ein paar Zahlen dazu nennen?

Wir kennen zum Beispiel eine große deutsche Bank, die für ihren KYC-Prozess in Summe über 25 verschiedene, oftmals selbst gebaute Systeme einsetzt. Trotzdem werden viele Entscheidungen unnötigerweise immer noch manuell getroffen. Dazu kommt, dass durch die Vielzahl an unterschiedlichen Systemen immer wieder Medienbrüche und doppelte Eintragungen entstehen, die entsprechend zu Fehlern führen können. Durch den konsequenten Einsatz von modernen Technologien lassen sich Effizienzverbesserungen von bis zu 80 Prozent beim KYC im Onboarding erzielen. Diese Verbesserungen schlagen sich in verringerten Kosten, schnelleren und transparenten Prozessen und letztendlich auch in einer schnelleren Kundenansprache wieder.

KYC wird ja nicht nur beim Onboarding eingesetzt, sondern ist als Teilprozess in alle Handlungen einer Bank eingebunden. Wie sollte man hier am besten vorgehen?

Eine geeignete Automatisierung und Verbesserung des KYC-Prozesses muss alle vorkommenden Ereignisse in einem Tool abbilden können. Hier über mehrere Systeme hinweg zu arbeiten, führt nur wieder zur erhöhten Wartungs- und Anwendungsaufwänden. So schafft man es am Ende nicht, alle Synergien zur Effizienzsteigerung zu heben. Im Onboarding werden schon viele Punkte aus dem KYC-Prozess adressiert und erste Risiken identifiziert. Trotzdem muss die Bank fortlaufend, wiederkehrend und ereignisbezogen weitere Überprüfungen machen, um regulatorisch konform zu sein. Erst nach dem Offboarding und der Löschung des Kunden endet die Pflicht zur KYC-Überprüfung. Unser Ansatz ist dabei die toolgestützte Unterstützung des ganzheitlichen Prozesses Ende-zu-Ende als Orchestration für den KYC-Prozess in einem Finanzinstitut.

Wie genau würde sowas aussehen?

Heutige KYC-Automatisierungslösungen kombinieren Workflow, KI-Algorithmen und Automatisierungstechnologien, wie die OCR-Erkennung. Das steht für „Optical Character Recognition“, also optische Zeichenerkennung. Der Identitätsprüfungsprozess und nachgelagerte KYC-Prozesse lassen sich somit ganzheitlich schneller, genauer und kosteneffizienter gestalten. Daten werden nahezu vollständig automatisiert extrahiert, validiert und können in die vorhandenen IT-Systeme der Banken überführt werden. Die Verarbeitung von persönlichen Daten erfordert dabei eine strenge Regulierung und Schutz vor unbefugtem Zugriff. Zusätzlich müssen KYC-Automatisierungslösungen ein Kundenerlebnis schaffen und Funktionalitäten im Self-Service unterstützen. Unser Ansatz verbindet die verschiedenen einzelnen Bausteine zu einem ganzheitlichen Paket. Bestehende KYC-Tools lassen sich so gezielt in den Prozess integrieren und können über den gesamten Prozess hinweg automatisiert werden.

Wie kann die T-Systems Finanzinstitute dabei unterstützen?

T-Systems bietet ein End-to-End-Angebot von der Beratung über die Implementierung bis hin zum Betrieb einer möglichen Lösung im KYC-Prozess an. Dabei ist der jeweilige Ansatz projektbezogen und wird für unsere Kunden individuell nach unseren Best Practices entwickelt. Das Ziel von T-Systems ist dabei nicht, als Berater den KYC-Prozess neu zu erfinden, sondern bestehende Prozesse zu analysieren, mögliche Automatisierungs- und Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und so die Vorteile einer einheitlichen ganzheitlichen Lösung realisieren zu können.

Philipp Maltritz