Nach und nach sind zentrale Bereiche der Augsburger Aktienbank (AAB) verkauft worden. 2023 ist das Aus des Kreditinstituts endgültig besiegelt. Der Abwicklungsprozess war ein komplexes Unterfangen und der Erfolg von drei zentralen Faktoren bestimmt.
Die 1963 gegründete AAB war seit Juli 2002 eine 100-prozentige Tochter des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins Münster a.G. (LVM). Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der AAB lag zuletzt auf dem Wertpapiergeschäft. Hier hat sie sich die Bank mit Unternehmenssitz in Augsburg zu einem der größten Fondsverwalter für Finanzvertriebe und Vermögensverwalter entwickelt. Vor Beginn des Rückbauprozesses lag das betreute Depotvolumen bei über 20 Milliarden Euro. Zur Gruppe gehörten auch die Leasinggesellschaft AAB Leasing GmbH sowie die AAB Asset Services GmbH, ein Dienstleister für Fondsinitiatoren, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Family Offices.
Verkaufsprozess angestoßen
Im Jahr 2019 entschied die Konzernmutter, die AAB Gruppe als reine Kapitalbeteiligung einzustufen. Aufgrund der erschwerten Rahmenbedingungen, etwa in Form von Negativzinsen, stark zunehmendem Wettbewerb und negativen Planzahlen wurde dann ein Verkaufsprozess angestoßen – zunächst mit dem Ziel, die AAB Gruppe als Ganzes zu verkaufen. Nachdem dies nicht realisierbar war, entschied man sich für eine Eigenabwicklung in Verbindung mit dem Verkauf der Tochtergesellschaften und einzelner Teilbereiche. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheiten hatte der Verkaufsprozess besondere Herausforderungen. Aufgrund der Einschränkungen persönlicher Kontakt- möglichkeiten musste alles weitgehend digital abgewickelt werden.
Die Trennung von den Tochtergesellschaften erfolgte im Fall der Asset Services GmbH durch ein Management-Buy-out. Die Gesellschaft wird durch den ehemaligen Geschäftsführer in Eigenregie weitergeführt. Bei der AAB Leasing GmbH geschah dies über den Verkauf des Geschäfts an PEAC Finance in Verbindung mit einem Teilbetriebsübergang und einer anschließenden Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die AAB.
Schon im Sommer 2020 wurde das Wertpapiergeschäft an die European Bank for Financial Services GmbH (ebase) verkauft, ebenfalls im Wege eines Teilbetriebsübergangs. Das damit verbundene Migrationsprojekt wurde durch die Vertragsparteien professionell vorbereitet und von den Vertriebspartnern – gerade bei der Einholung der Kundenzustimmungen und den damit verbundenen Vertragsanpassungen – intensiv unterstützt.
Rund 180.000 Depots mit knapp 20 Milliarden Euro Assets under Custody wechselten an einem Wochenende im Herbst 2021 die Plattform. Ein solcher Prozess ist natürlich immer mit Nacharbeiten verbunden. Im Fall der AAB hielten sie bis zur Einstellung des Betriebs im Dezember 2022 an, von erforderlichen Anstrengungen und Fallstricken bei der Auflösung von Restbeständen in exotischen Wertpapiergattungen ganz zu schweigen.
Nach dem Übertrag des Baufinanzierungsgeschäfts an den Landwirtschaftlichen Versicherungsverein Münster verblieben im Herbst 2021 nur noch der Konsumentenkreditbestand und eine sechsstellige Zahl an Konten aus dem Bereich Einlagengeschäft und Zahlungsverkehr.
Rückgabe der Bankerlaubnis
Im Oktober beschloss der AAB-Aufsichtsrat, das verbliebene operative Bankgeschäft der Gesellschaft vollständig zurückzubauen und einzustellen, alle mit dem verbliebenen Bankgeschäft verbundenen Arbeitsplätze abzubauen und alle noch bestehenden Arbeitsverhältnisse mit der AAB zu beenden. Ziel war es, die Rückgabe der Bankerlaubnis der Augsburger Aktienbank AG bis zum 31. Dezember 2022 zu ermöglichen.
Basierend auf dieser Beschlusslage erfolgte zunächst die umgehende Einstellung des Neugeschäfts. Die verbliebenen Bestände an Konsumentenkrediten, notleidender Kredite und sonstigen Forderungen wurden verkauft, die Einlagen und Girokonten wurden fristgerecht gekündigt. Kunden wurden bestmöglich bei der Suche nach einer neuen (Haus-) Bank unterstützt. Bereits im Herbst 2022 wurde das Ziel „Kontenzahl null“ erreicht, sodass im Dezember 2022 der Verzicht auf die Ausübung der Bankerlaubnis gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erklärt werden konnte.
Bei einem derart komplexen Prozess mit einer Laufzeit von mehreren Jahren stößt man zwangsläufig auf vielfältige Herausforderungen. Eine „freiwillige Selbstabwicklung“ von Kreditinstituten ist ein höchst individueller Vorgang. Das gesamte Vorgehensmodell und jeder einzelne Schritt müssen erarbeitet und dann in einem Dialog mit der Aufsicht besprochen und schließlich umgesetzt werden. Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Operation sind drei Faktoren:
1. Ein professionelles Beraterteam
Die AAB hat sich hier rechtlich von zwei Kanzleien vertreten und beraten lassen. Beide verfügen über ein exzellentes Know-how und Expertise im Bereich Fusionen und Übernahmen. Neben der rechtlichen bedarf es auch einer starken und flexiblen operationellen Unterstützung. Die Anforderungen an das Projektmanagement des Rückbaus sind vielschichtig, da die technischen und vertraglichen Restriktionen innerhalb eines ambitionierten Zeitplans beachtet und umgesetzt werden müssen. Flexibilität ist auch gefragt, da sich Hauptakteure im Zuge des Prozesses bereits neuen Aufgaben zuwenden und die Bank vorzeitig verlassen. Hier hat ein Unternehmensberater die Gesamtprojektleitung übernommen, inklusive des intensiven Dialogs mit Shareholdern, Rechtsanwälten und Vertretern der Bank.
2. Kontinuierlicher, konstruktiver Dialog mit der Aufsicht
Ganz zu Beginn der Überlegungen – und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt – haben AAB und LVM die Aufsichtsbehörden informiert und das Vorgehensmodell stets transparent gegenüber den Behörden erläutert und berichtet. Die Aufsichtsbehörden unterstützten partnerschaftlich und konstruktiv auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel „geordnete Abwicklung innerhalb des Zeitplans“.
3. Das Wichtigste: Die eigenen Mitarbeiter mitnehmen
Dies war die größte Herausforderung zu Beginn und letztlich der entscheidende Erfolgsfaktor, dass eine Bank mit 60-jähriger Geschichte so still und geräuschlos abgewickelt werden konnte. Dem großen Einsatz und der Professionalität der „AABler“ ist letztlich der Erfolg dieses „Projektes“ zu verdanken. Sie haben den Prozess trotz des sicheren Endes der Bank – und somit dem Wegfall des eigenen Arbeitsplatzes – bis zuletzt begleitet und aktiv unterstützt.
Der Hauptaktionär hat dies im Gegenzug im Rahmen der Sozialplanverhandlungen honoriert. Neben einer branchenüblichen Abfindung wurden zahlreiche Informationsveranstaltungen angeboten. Weiterbildungs- und Unterstützungsmaßnahmen wie Seminare und Coachings, eine hausinterne Jobmesse und Bewerbungstrainings dienten dazu, für jeden Mitarbeiter die bestmögliche Lösung für seine Zeit nach der AAB zu finden, die seiner persönlichen Lebensplanung entspricht.
Das Ende der Kundenbeziehungen ist aber noch nicht das Ende der Bank. Bis die BaFin ihre Zustimmung zum Verzicht auf die Ausübung der Bankerlaubnis erklären konnte, mussten noch zahlreiche Details abgearbeitet werden. Neben den Themen Beendigung des Zahlungsverkehrs, Abmeldung von allen relevanten Institutionen und Aufkündigung von Mitgliedschaften muss der Nachlauf organisiert werden. Auch nach Beendigung der Bank müssen Auskunftsersuchen Dritter und Kunden beantwortet werden können sowie Geschäftsunterlagen und Systeme archiviert werden. Ein ebenfalls komplexer Prozess, der gemeinsam mit dem Aktionär, dem LVM, strukturiert wird.
Fast auf den Tag genau 60 Jahre nach ihrer Gründung endete die Unternehmensgeschichte der Augsburger Aktienbank AG. Bis zum letzten Tag konnte der eigene Anspruch, stets ein professioneller und „starker Partner“ für Kunden, Vertriebspartner und alle weiteren Stakeholder zu sein, aufrechterhalten werden.
Lothar Behrens
AAB Management AG
Lothar Behrens ist Sprecher des Vorstandes der AAB Management AG, ehemals Augsburger Aktienbank AG.
Joachim Gorny
AAB Management AG
Joachim Gorny ist Vorstand für Marktfolge-Bereiche der AAB Management AG, ehemals Augsburger Aktienbank AG.
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