Sowohl der Banken- als auch der Versicherungssektor verfolgen im Marketing ein Ziel: Kunden gewinnen, die hohe Deckungsbeiträge generieren. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, indem potenzielle oder bestehende Kunden an den relevanten Touchpoints mit für sie wichtigen Informationen versorgt und so zum Vertragsabschluss befähigt werden. Ob Branding oder Performance-Marketing wichtiger ist, tritt dabei in den Hintergrund. Vielmehr geht es darum, zu analysieren, wo strategische Schwächen und Potenziale liegen und welche Prioritäten sie jeweils haben. Jeder Touchpoint hat grundlegenden Einfluss auf die Marke. Und es gilt, kurz- und langfristige Auswirkungen zu identifizieren und zu optimieren, um wechselseitige Unterstützung zu gewährleisten. Sind kaufnahe Touchpoints gut bedient? Ist der Kundeauf der Zielseite und im Onboarding-Prozess in der Lage, einen Abschluss zu tätigen?
Junge Zielgruppe per App erreichen
Eine holprige Kauferfahrung ist für niemanden wünschenswert. netzeffekt nutzt den Reverse-Funnel-Ansatz, um hier Einschätzungen vorzunehmen. Den Beginn markiert die Actionphase, da jeder potenzielle Kunde durch ein „Nadelöhr“ gehen muss. Zwei Beispiele aus der Finanzbranche verdeutlichen das Vorgehen: Zum einen kann der Touchpoint „Suchmaschine“ grundsätzlich über organische, bezahlte oder Affiliate-Partnerschaften, wie Vergleichsportale, bedient werden. Je nach Wettbewerbsfähigkeit des Produkts hängt es von der taktischen Beherrschung der Maßnahmen sowie von der strategischen Verteilung dieser ab. Zum anderen ist neben der perfekten Begleitung und Befähigung im Onboarding-Prozess die Abschlussmöglichkeit entscheidend. Junge Zielgruppen bevorzugen einen Abschlussprozess per App. Wer das nicht bieten kann, schließt bereits 20 Prozent der potenziellen Kunden aus.
Touchpoints durch intensives Testing optimieren
Es ist jedoch wichtig, das Risiko einer medialen Überbetonung von Touchpoints wie SEA und Affiliate-Marketing zu berücksichtigen. Mit zunehmendem Marktanteil steigen die Grenzkosten dieser Kanäle aufgrund des begrenzten Inventars und der wiederholten sowie häufigen Ansprache potenzieller Kunden, was zu Budgetverschwendung führt. Diese Ressourcen wären in anderen Funnel-Stufen wie Consideration und Awareness besser angelegt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anwendung bewährter Verfahren aus der Actionphase auch in den Phasen Consideration und Awareness. Testing, Messung und Personalisierung sind nicht nur in dieser Phase relevant.
In der heutigen digitalen Ära geht es darum, den Erfolg nachzuweisen und die Touchpoints für jede Phase durch intensives Testing zu optimieren. Verdeutlicht wird die Analyse durch folgendes Beispiel: Bei Awareness-Kampagnen, die sich an breite Zielgruppen richten, stellt die Bekanntheit und Größe der Marke einen nachweislichen Erfolgsfaktor dar. Daher ist es oft sinnvoll, zahlreiche kleinere Zielgruppensegmente zu gewinnen. Dies gelingt in der Regel nur durch Personalisierung und Anpassung an die Gewohnheiten und Präferenzen der Zielgruppen hinsichtlich der von ihnen genutzten Touchpoints.
Nachdem neue Kunden gewonnen sind, liegt der Fokus neben der Steigerung des Customer Lifetime Value und neben „Kunden werben Kunden“-Programmen vor allem auf der datenschutzkonformen Nutzung von First-Party-Daten. Dies ist besonders relevant für die Phasen Action, Consideration und Awareness. So werden bessere Voraussetzungen für die Zielgruppenansprache geschaffen und die Algorithmen der Medienverlage können besser auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Es entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Der Reverse-Funnel-Ansatz bietet folglich eine transparente Möglichkeit, Stärken und Schwächen zu identifizieren. Der Start in der Actionphase hilft dabei, die Geschäftsziele nicht aus den Augen zu verlieren. Ist man dort gut aufgestellt, geht es vor allem darum, die anderen Phasen in der Zusammenarbeit zu stärken.
Bernd Stieber
Co-Founder und Managing Director der netzeffect GmbH.