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Real Assets trotzen turbulenten Märkten

Nicht nur das Coronavirus wirbelt die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft heftig durcheinander. Institutionelle Anleger haben daher verstärkt Interesse an Sachwerten – den Real Assets. Wie der Markt hier aussieht, zeigt eine aktuelle Real-Assets-Studie, über die Nikhil Chandra, Investmentstratege für Alternative Income Solutions, berichtet.


Marktkommentar: Warum immer mehr Anleger gerade in turbulenten Zeiten auf Real Assets setzen

Finanzmärkte und Weltwirtschaft durchleben turbulente Zeiten. Das Wachstum verlangsamt sich, die Zentralbanken wurden bei Zinsanhebungen zur Kehrtwende gezwungen. Das Volumen negativ verzinster Anleihen liegt bei über 17 Billionen US-Dollar und die Volatilität ist an die Aktienmärkte zurückgekehrt – nicht zuletzt auch bedingt durch das Coronavirus. Vor diesem Hintergrund nimmt das Interesse gerade institutioneller Anleger an Sachwerten, den Real Assets, kontinuierlich zu.

Das Interesse der Anleger an Real Assets ist wenig überraschend. Es ist bekannt, welche Vorteile diese Vermögenswerte mit Blick auf ihre Diversifizierungs- und Cashflow-Matching-Eigenschaften gegenüber öffentlich gehandelten Wertpapieren haben. Und da sich die Anleihe-Renditen voraussichtlich weiter auf niedrigem Niveau bewegen werden, ist es nachvollziehbar, dass sich die Anleger den privaten Märkten zuwenden, um positive relative Renditen und sogenannte Illiquiditätsprämien zu erzielen.

Einzelfallbewertung und Timing wichtig

Diese Erkenntnis ging sehr klar aus der Aviva-Investors-Real-Assets-Studie hervor, in der wir 500 Entscheidungsträger aus Versicherungen und Pensionskassen in Europa befragt haben, die Vermögenswerte von über 600 Milliarden Euro betreuen. Die Studie zeigte auch, dass über die Hälfte der Versicherer (51 Prozent) und mehr als ein Drittel der Pensionskassen (37 Prozent) planen, ihre Allokation in Real Assets in den kommenden zwölf Monaten auszubauen.

Der anhaltende Kapitalzufluss in diesen Markt führt jedoch dazu, dass geeignete Anlagemöglichkeiten mitunter schwer zu finden sind. Anleger sollten darauf achten, nicht einfach der Masse zu folgen und überhöhte Preise für Vermögenswerte zu zahlen. Würden sie das tun, gingen sie so möglicherweise Risiken ein, die sie später bereuen könnten. Um das Risiko zu mindern, müssen Anleger die Eignung der entsprechenden Vermögenswerte einzeln analysieren, Geduld haben und selektiv vorgehen.

ESG-Integration ist extrem bedeutend

In der Real-Assets-Studie bewerteten 43 Prozent der Versicherer das Angebot an direkten Immobilien-Assets als gering. 38 Prozent der Führungskräfte von Pensionskassen sahen das auch so. Ein Anleger teilte uns mit, dass das Tempo der Kapitalallokation im Bereich Real Assets grundsätzlich eine Herausforderung sei – in Zeiten der Unsicherheit und volatilen Märkten gelte dies umso mehr. Denn bei begrenzter Zahl hochwertiger Vermögenswerte kann nicht jeder Marktakteur seine Kapitalallokation so schnell vornehmen wie geplant.

Für ein Verständnis der Chancen und Risiken ist es unerlässlich, lokales Know-how für Real Assets aufzubauen. Ohne konkrete Expertise auf der Ebene von Regionen und Teilsektoren ist es nicht möglich, die gebotene Due Diligence anzuwenden und die langfristigen Entwicklungschancen eines bestimmten Vermögenswertes und seine künftige Relevanz zu verstehen.

Real-Assets-Studie zeigt: ESG-Kriterien im Trend

Ein weiterer Trend ist der wachsende Einfluss von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG). Gerade institutionelle Anleger – und die Vermögensverwalter, mit denen sie zusammenarbeiten – müssen zeigen, dass ihre Kapitalallokation über die erwartete Anfangsrendite hinaus umfassende Vorteile bringt, wenn sie eine langfristige Performance anstreben.

In unserer Studie gaben neun von zehn Führungskräften bei Versicherungen und Pensionskassen an, dass ESG-Kriterien (englisch: Environmental, Social and Governance) in ihren Anlageentscheidungen eine wichtige Rolle spielen. Die konkrete Integration der ESG-Kriterien ist jedoch alles andere als einfach.

Die Beschaffung von Informationen zu sämtlichen ESG-Kriterien ist oftmals nicht leicht, zudem ist die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Vermögenswerten nicht immer gegeben. Ein tiefgreifendes Verständnis der Netto-ESG-Bilanz eines Vermögenswertes erfordert zusätzliche Arbeit und Expertise. Hinzu kommt, dass für jede Anlagemöglichkeit ein eigener, maßgeschneiderter Ansatz erforderlich ist.

Externe Risiken weiterhin wahrscheinlich

Zu den weiteren Ergebnissen der Real-Assets-Studie gehören die folgenden Punkte: Mehr als die Hälfte der Versicherungsexperten rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit einem Anstieg der Investitionen in den Bereichen Immobilienfinanzierung (54 Prozent), Infrastrukturaktien (52 Prozent) und strukturierte Finanzierungen (51 Prozent). Bei den Pensionskassen erwartet mehr als die Hälfte einen Anstieg der Investitionen in den Bereichen direkte Immobilieninvestments (53 Prozent), Infrastrukturaktien (53 Prozent) und strukturierte Finanzierungen (52 Prozent).

Die befragten Führungskräfte – Geschäftsführer, Chief Executive Directors und Chief Investment Officers – sind sich der externen Risiken bewusst. Die Manager von Versicherungen (44 Prozent) und Pensionskassen (38 Prozent) betrachten Handelskriege als wahrscheinlich und auch als relevant für ihre künftigen Anlageentscheidungen.

Das Thema Finanzstabilität wurde mit 49 Prozent seitens der Versicherungen und mit 45 Prozent bei den Pensionskassen jedoch als größtes Risiko bezeichnet. Interventionen durch Aufsichtsbehörden werden von 43 Prozent der Versicherer und 40 Prozent der Pensionskassen als Risiko wahrgenommen.

Real-Assets-Studie: Die besten Wachstumschancen

Die Real-Assets-Studie erleichtert das Verständnis der Dynamik von Angebot und Nachfrage. In Kombination mit Daten von verlässlichen Drittparteien gewinnen wir Erkenntnisse für Anlageentscheidungen. So haben wir im Immobilienbereich elf Städte in Kontinentaleuropa und fünf in Großbritannien identifiziert, die unserer Auffassung nach die besten Wachstumschancen bieten.

Diese Städte passen gut zu unserem Ansatz, Investitionen dort zu bündeln, wo Menschen leben, arbeiten, Freizeitangebote nutzen und sich weiterbilden. Wir ziehen weiterhin kontinuierlich Kapital über unser gesamtes Real-Assets-Spektrum hinweg an und konzentrieren uns darauf, dieses Kapital auf Basis unserer umfangreichen Pipeline von Investitionschancen optimal einzusetzen.

Die Nachfrage nach Real Assets bleibt in Europa zweifellos hoch. Dieser Trend dürfte sich durch das langfristige Niedrigzinsumfeld noch verstärken. Gleichzeitig müssen Anleger angesichts der zunehmenden Angebotsknappheit jede Anlagechance noch sorgfältiger prüfen, um die bestmöglichen langfristigen Ergebnisse zu erzielen.

Marktkommentar: Zuletzt erschienen in der Rubrik Marktkommentar sind die Beiträge „Was die Wiederwahl Donald Trumps für die Kapitalmärkte bedeutet“ und „Schwellenländeraktien: China, Türkei und Russland ins Töpfchen“. Jetzt reinlesen!