Das Nachhaltigkeitsangebot der Bankenbranche deckt nicht die gesamte Nachfrage der Kunden ab, davon ist der Mitgründer und Co-CEO der radicant bank ag Rouven Leuener überzeugt. Ab nächstem Jahr will er mit seinem Institut dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Ganz nebenbei wird der offizielle Startschuss zum historischen Datum. Denn die radicant bank wird die erste rein cloudbasierte Bank in der Schweiz. Um Ausfälle zu vermeiden, werden die Daten an zwei Standorten in Zürich und Frankfurt gespeichert.
Wie Leuener im Interview betont, handle es sich bei seinem Unternehmen nicht um ein Startup, sondern um eine junge Bank. Man baue das Finanzinstitut auf einer Kombination von Banking-, Nachhaltigkeit- und Technologie-Expertise zu einem skalierenden Geschäftsmodell und als Venture der Muttergesellschaft „Basellandschaftliche Kantonalbank“ auf. Es ist keine leichte Aufgabe, die sich das Schweizer Geldhaus da ausgesucht hat. Schließlich ist Nachhaltigkeit in den letzten Jahren zum Sammelbegriff für unterschiedlichste Ansätze und Angebote geworden. Das sieht auch der CEO als eine der zentralen Herausforderungen. Wenn er davon spricht, Bewusstsein zu schaffen, geht es ihm insbesondere darum, das Verständnis der Verbraucher beim Thema Nachhaltigkeit zu erweitern. Der zielorientierte Einsatz von Kapital und Vermögen sei der wesentliche Hebel. Hiermit könne sowohl bei Nachhaltigkeit als auch Rendite ein aktiver und positiver Effekt erzielt werden.
Basierend auf den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen hat die radicant bank ein nachhaltiges Investing-Angebot entwickelt. Dieses wird durch einen Kriterienkatalog gestützt, der ein hohes Maß an Vergleichbarkeit und Transparenz garantieren soll. Mit Hilfe des Katalogs bewerten Experten Unternehmen und ermöglichen Anlegern, zielgerichtet zu investieren. Doch auch bei sich selbst macht die radicant bank keine Ausnahme. Genauso wie die angebotenen Produkte und Services, muss auch die Bank in Unternehmensführung und Betrieb nachhaltigen Kriterien entsprechen, etwa in den Vorgaben von Reise- und Beschaffungsrichtlinien.
Digitalisierung spielt die entscheidende Rolle
Nur so verdiene sich das Institut, „Nachhaltigkeitsbank“ nennen zu dürfen. Digitalisierung spielt für die Direktbank bei der Umsetzung ihrer Ziele die entscheidende Rolle. Aufgrund der überschaubaren Belegschaftsgröße gibt es keine Filialen, die Kunden anlaufen können – Geschäfte finden ausschließlich online statt. Anstelle aufwendiger Telefonberatung setzt das Institut vermehrt auf Chatbots. Leuener zählt eine Reihe von Prozessen auf, die bei konventionellen Banken teilweise oder gänzlich manuell bearbeitet werden und hier vollständig automatisiert sind. Der CEO hebt jedoch hervor, dass der primäre Unterschied nicht in den Details, sondern im allgemeinen Lösungsansatz liegt: Die radicant bank baut auf einem skalierenden Geschäftsmodell auf. Das heißt, Produkte und Leistungen können auf stark steigende Nachfrage angepasst werden und so mitwachsen.
Aus diesem Grund versteht die Bank ihre digitale Infrastruktur auch als Ökosystem. Was im Ergebnis als automatisiertes, prozessuales Banking beschrieben werden kann, fußt auf einem Netzwerk aus etlichen Partnern. Sie können sich mit ihren jeweiligen Kernkompetenzen einbringen – vom cloudbasierten Rechenzentrum bis hin zur Kundenschnittstelle. Bei Erweiterungsbedarf könne man neue Partner mit neuen Services nach dem „best of breed“-Prinzip jederzeit einbinden und sich damit einen USP gegenüber Finanzinstituten mit Legacy verschaffen. Auf die abschließende Frage, welche Aspekte der Digitalisierung gegenwärtig besonders aussichtsreich für Banken seien, kommt Leuener auf Personalisierung zu sprechen. Nicht zuletzt ChatGPT sei Synonym für eine der größten KI-Revolutionen der letzten Jahrzehnte geworden und habe das Thema in Form sprachbasierter Chatbots in die Schlagzeilen gebracht. Aus diesem Grund setze die radicant bank, so der CEO, auf eine Lösung von Nuance, welche die Produkte des Weltmarktführers OpenAI integriere und für Banken nutzbar mache.
Ein Kommentar von Manfred Völker
Senior Account Executive Österreich & Schweiz bei Nuance, ein Microsoft Unternehmen
Die Zukunft von Unternehmen ist eng damit verknüpft, wie gut es ihnen gelingt, technische Innovationen ins Geschäftsmodell zu integrieren. Banken bilden hier keine Ausnahme. Denn durch die Digitalisierung des Alltags hat sich das Nutzerverhalten deutlich verschoben. Kunden sind anspruchsvoller geworden. Von Banken wird längst nicht mehr nur erwartet, dass das Konto sowie Überweisungen rund um die Uhr verfügbar sind. Produkte sollen nachhaltiger sein. Aber vor allem sollen die Kundenschnittstellen zugänglicher, das digitale Angebot breiter und die Self-Service-Optionen einfacher werden.
Was heißt das konkret?
Die radicant bank hat hierauf eine Antwort: Sie verzichtet auf ein Filialnetz und setzen als erstes Institut in der Schweiz konsequent auf den Cloudbetrieb. Er ermöglicht ihnen die optimale Einbindung von Technologie-Partnern und die Skalierung ihres Geschäftsmodells auf neue Kundenanforderungen. Insbesondere die Nutzung KI-basierter GPT-Technologien, wie etwa Nuance Mix, tragen entscheidend dazu bei, eine Anpassung der Services zu gewährleisten. Ebenfalls lassen sich weitere Lösungen wie zum Beispiel biometrische Authentifizierung problemlos an die bestehende Infrastruktur andocken. Dadurch wird ganz klar die Customer Experience und somit Kundenloyalität verbessert. Unser Kunde, die radicant bank, ist damit nicht nur aus technologischer Perspektive bestens gerüstet, die Bankenwelt nachhaltig zu verändern.
Tipp: Sie möchten gerne weitere Fachartikel aus der aktuellen BANKINGNEWS 296 lesen? Dann lesen Sie hier den aktuellen Marktkommentar zum Thema „Inflation in der Eurozone“ oder wie IKB-Vorstand Steffen Zeise die derzeitige Wirtschaftskrise einschätzt.