Strategische Konsequenzen der FIDA

Von Bancassurance zu Open Finance: Die Allfinanz erlebt eine Renaissance. Erweitert um Daten über Hypotheken, Darlehen und Immobilien – alles, was zur persönlichen Finanzplanung dazugehört – schafft FIDA eine neue Wettbewerbslage für Banken. Silke Finken über die Chancen und Herausforderungen.


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Die Integration der persönlichen Finanzplanung mit detaillierten Spar- und Anlagetipps, Benchmarks oder Optimierungsvorschlägen direkt in der Lieblings-App des Kunden kann bald Realität werden. Möglich macht dies der Vorschlag zur Financial Data Access Regulierung (FIDA), den die Europäische Kommission im Juni 2023 veröffentlichte. Im Kern fordert die FIDA eine Bereitstellung umfangreicher Finanzdaten durch Dateninhaber wie Banken für sogenannte Datennutzer, wenn die Kunden explizit ihre Einwilligung dazu geben. Neben Finanzinstituten selbst gehört auch eine neu geschaffene Kategorie von Finanzinformationsdienstleistern zu den potenziellen Datennutzern. Dies erlaubt Unternehmen, die ursprünglich außerhalb des Finanzsektors agieren, sich perspektivisch als Anbieter eines holistischen Finanzmanagements zu etablieren. 

Die Bandbreite der betroffenen Daten reicht von Informationen über Hypotheken und Darlehen über Ersparnisse und Investitionen in diverse Finanzinstrumente und Immobilien bis hin zu Renten- und Versicherungsdaten, inklusive jener, die im Rahmen einer Bonitätsprüfung erhoben wurden. Die Dateninhaber müssen ihren Kunden sowie Datennutzern die Daten unverzüglich, kontinuierlich und in Echtzeit zur Verfügung stellen. Außerdem müssen sie für Kunden ein Dashboard zur Überwachung und Verwaltung der Zugriffsberechtigungen bereitstellen. Im Gegensatz zu der bisherigen Regulatorik der Payment Services Directive (PSD) erlaubt der FIDA-Vorschlag jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine Vergütung für die Bereitstellung der Kundendaten und damit eine Monetarisierung durch die Banken selbst. 

Konsequenzen und Herausforderungen

Für Banken hat FIDA neben technischen und regulatorischen Aufgaben auch signifikante Konsequenzen. Eine Kernherausforderung ist die Sicherstellung ihrer Relevanz und Visibilität an der Kundenschnittstelle. Der Trend zu Embedded Finance führt dazu, dass sich der Zugang zu Finanzprodukten immer mehr in die Customer Journeys von dritten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors verlagert. Durch die Öffnung umfangreicher Finanzdaten für Dritte besteht für diese die Möglichkeit, nicht nur einzelne Finanzprodukte zu integrieren, sondern umfassende Finanzdienstleistungen anzubieten. Dazu kommt ein sehr dynamisches Ökosystem, das einerseits von Konsolidierung, andererseits aber auch vom Auftreten neuer Akteure und Geschäftsmodelle geprägt wird.  

Dabei wird es insbesondere für Banken immer schwieriger, die Relevanz und Visibilität an der Kundenschnittstelle zu behalten, da die Erwartungshaltung und das Verhalten junger Bankkundenstärker von der intuitiven, friktionslosen spielerischen und mobilen Interaktion mit den kundenzentrierten Big Techs und Lifestyle-Apps geprägt wird. Aufgrund der Kompetenzen dieser Unternehmen auf dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und der Datenanalyse ist für sie ein holistisches Finanzmanagement theoretisch leicht darstellbar. Apple übernahm beispielsweise im Mai 2022 das Fintech Credit Kudo, das mittels KI und Kontodaten Kreditbewertungen erstellt, und integrierte im Herbst 2023 in Großbritannien Kontostände und Transaktionsdaten über Open Banking Schnittstellen in die Apple Wallet. Klassische Banken werden hingegen auf die Rolle eines reinen Anbieters von Produkten und Liquidität reduziert und ihre direkte Kundeninteraktion weiter eingeschränkt. 

Möglichkeiten und Chancen für Kunden und Banken

Die FIDA bietet aber auch Chancen: Banken können sowohl Dateninhaber als auch -nutzer sein. Dies erlaubt das Anreichern der eigenen mit externen Daten und so den Aufbau eigener umfangreicher datenbasierter Services. Gerade in Kombination mit Entwicklungen wie Request-to-Pay und der Übermittlung sowie dem potenziellen Management elektronischer Rechnungen in der Banking-App können Banken für Kunden Mehrwerte generieren. Das geschieht durch Budgetanalysen, basierend auf historischen Daten und anstehenden Belastungen, sowie Warnungen vor potenziellen Liquiditätsengpässen. Bei einer proaktiven Positionierung beim Thema Embedded Finance können auf Basis einer umfassenden Datensicht individuelle und kontextuelle Vorschläge für Finanzierungs- oder Sparpläne für die Erfüllung größerer Wünsche, Anlagevorschläge für anstehende Zahlungseingänge oder aber auch eine dynamische und situationsbezogene Strategie für die Altersvorsorge generiert werden. Banken können so mit den eigenen Apps ihre Relevanz im täglichen Leben der Kunden festigen und dies theoretisch auch mit Beyond-Banking Angeboten kombinieren. Eine klare strategische Positionierung zum Umgang mit den Konsequenzen der FIDA ist daher für Banken jetzt essenziell.  

Silke Finken ist Professorin für Innovationsmanagement und Keynote-Speakerin zu Themen rund um Innovation und Strategie.

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