Zu Beginn des Jahres konnte die Deutsche Bank kurz aufatmen. Die Meldung, dass der Google-Mutterkonzern Alphabet im Jahr 2017 knapp 20 Milliarden Euro Steuerabgaben vermieden hat, verdrängte zumindest zeitweise die weihnachtlichen Nachrichten über Kartellabsprachen und Kursabstürze des Frankfurter Geldhauses. Doch der US-Techriese könnte der deutschen Bankenlandschaft schon bald weitaus mehr streitig machen als die Protagonistenrolle in den Negativschlagzeilen der Finanzpresse. Eine andere Meldung erregte bei den heimischen Banken nämlich weitaus mehr Aufmerksamkeit: Google hat zum neuen Jahr von der Bankenaufsicht in Litauen eine E-Geld-Lizenz erhalten, die nun für die gesamte Europäische Union gilt.
Google, PayPal und Mastercard verbünden sich
Die Angst, dass die sogenannten GAFA-Unternehmen (Google, Amazon, Facebook und Apple) ins Bankgeschäft einsteigen könnten, ist alt – bisher war sie zumindest in Deutschland unbegründet. Das Jahr 2018 sah jedoch mit dem Start der Bezahllösungen von Apple und Google einen Angriff an gleich mehreren Fronten. Vor allem Letzterer könnte sich für Banken als gefährlich herausstellen. Zum deutschen Start von Google Pay im Juni konnte das Unternehmen zunächst nur wenige deutsche Banken und Dienstleister als Partner gewinnen. Die Gefahr schien weitaus kleiner als man anfänglich angenommen hatte. Das änderte sich jedoch im Oktober, als PayPal seine Kooperation mit Google bekannt gab, Mastercard mit an Bord holte und damit seine 20,5 Millionen deutschen Nutzer mit der Alphabet-Tochter teilte. PayPal-Kunden, die ein Android-Handy besitzen, können mittlerweile ihr Konto in Form einer digitalen Debit Mastercard bei Google Pay hinterlegen, egal wo ihr Bankkonto liegt. Könnte dieser Dreibund dazu in der Lage sein, den deutschen Banken das noch in den Kinderschuhen steckende Mobile-Payment-Geschäft zu entreißen?
Getrennt von den Kunden
Anders als Apple verlangt Google keine Gebühren von Banken und hat das auch in Zukunft nicht vor. Das Unternehmen betonte mehrfach, dass es an Google-Pay-Zahlungen an der Kasse keinen Cent mitverdient. Mit der Bezahl-App fällt Google jedoch ein anderes wichtiges Gut der Banken in die Hände: ihre wertvollen Kundendaten. Mit den Informationen zu Zahlungstransaktionen müssten Banken eine zukünftig lukrative Ertragsquelle teilen, und das mit einem „Konkurrenten“, der es meisterhaft versteht, aus Daten Kapital zu schlagen. Auch die Markenstärke und Kundenbindung könnten Schaden nehmen: Bezahlt ein Bankkunde über Google Pay und verwendet dabei sein PayPal-Konto, welches dann erst mit dem eigentlichen Bankkonto verknüpft ist, verwässert dies für Banken das Verhältnis zum Kunden. Durch die neue E-Geld-Lizenz stehen Google weitere Möglichkeiten offen: Zwar ermöglicht diese es dem Unternehmen noch nicht, klassische Bankdienste wie Kredite oder Zinsprodukte anzubieten, dafür aber elektronisches Geld zu speichern und zu transferieren. Google könnte also zukünftig Zahlungen an der Kasse durch die E-Wallet selbst abwickeln und so den Faktor Bank vollständig aus der Gleichung nehmen.